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Das Haus am Abgrund

Das Haus am Abgrund

Titel: Das Haus am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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nicht gemusst. Ich öffnete die Tür für sie und ging mit ihr durch den Flur und hinaus in den Garten. Dort standen wir eine Weile schweigend und sahen uns nicht an.
    »Ich gehe dann mal nach Hause«, sagte sie schließlich. Zögerte, ging einen Schritt von mir weg, drehte sich mir wieder zu und sagte: »Ich hab mit Jamie Schluss gemacht. Gestern.« Sie zog die Schultern hoch. »Also, eigentlich hatten wir ja nicht richtig was miteinander. Aber er ... also, ich finde es zum Kotzen, wie er mit Schwächeren umgeht. Mit Jungs, die stottern oder schielen oder irgendwie ein bisschen unterbelichtet sind. Und er sagt gemeine Sachen über Schwu…«, sie stockte, »… über Leute, die anders sind.« Ihr Gesicht verzog sich zornig. »Jedenfalls ist er mir ganz schön auf die Nerven gegangen. Ich hab ihm gesagt, er soll sich eins von den Dorfmädchen als Freundin nehmen, die sind allesamt scharf auf ihn. Und mich kann er im Mondschein besuchen.«
    Ich bemerkte, dass ich grinste wie ein Idiot. »Schön«, sagte ich aus tiefstem Herzen. »Das freut mich!«
    Das war nicht gerade eine Beileidsbekundung, aber sie schien s ich daran nicht zu stören. Sie reichte mir die Hand, ich nahm sie und hielt sie fest.
    »Hast du auch das Gefühl, dass sich etwas verändert hat?«, fragte sie. Leise, atemlos, ein bisschen ängstlich, dass ich Nein sagen könnte.
    Ich nickte. »Als wäre über Nacht eine neue Welt entstanden«, versuchte ich mein seltsames Gefühl sehr unzureichend in Worte zu fassen.
    Sie seufzte und sah zum Himmel. »Wird ein schöner Tag«, sagte sie. »Vielleicht wird ja doch alles gut.« Sie ließ meine Hand los. »Dein Stiefvater ist nett.« Sie beugte sich spontan vor und küsste mich auf die Wange. »Wir sehen uns!«
    Ich blickte ihr hinterher, wie sie den Weg zum Dorf hinunterlief. Energische Schritte, hell flatterndes Haar, das im Licht der frühen Sonne glänzte wie Silber. Oh, ich glaubte, mir zerspränge das Herz. Ich liebte sie und ich wollte mein Leben mit ihr teilen – bis dass der Tod uns scheidet!
    Das Knattern eines Motorrads riss mich aus meinen sentimentalen Gedanken. Es war der Reporter vom St. Irais Journal , Milton Skegg. Ich hatte mich im Dorfladen ein paar Mal mit ihm unterhalten, er ist schräg und witzig und weiß alles über jeden. Ich winkte ihm zu und er drückte zur Antwort auf die quäkende Hupe seines Motorrollers. Dann war er vorüber und es war wieder still. Ein Vogel schimpfte wegen der Ruhestörung, der Wind brachte den Geruch von Salz und Algen vom Meer zu uns herüber.
    November hatte recht, es würde ein wunderschöner Tag werden.
    A n der Haustür lehnte Jeannie – schockblaue Haare und ein orangefarbener Overall, mintgrüne Pumps, einen pinkroten Schal um den Hals. Aua.
    »Na, Nervensäge«, sagte ich zu ihr.
    Sie grinste und blies eine Kaugummiblase. »An die Arbeit, Faulpelz«, sagte sie und zerknallte die Blase. »Hopp, hopp. Dein Bild will fertig werden.« Sie zog meinen Lieblingspinsel aus der Tasche und warf ihn mir zu, gefolgt von einem wahren Bombardement aus Farbtuben und Borstenpinseln.
    Schafft euch bloß nie einen Genius an, Leute. Die sind nervig und schwer wieder loszuwerden.

DIE AUTORIN

    Susanne Gerdom wurde 1958 in Düsseldorf geboren und ist am Niederrhein aufgewachsen. Nach einer Lehre als Buchhändlerin beschäftigte sie sich mit dem Theater und verbrachte einige Jahre als Schauspielerin und Regisseurin in Düsseldorf. Später begann sie Fantasy und Science-Fiction zu schreiben. Sie lebt und arbeitet seit 2008 wieder am linken Niederrhein.
    Unter dem Pseudonym Frances G. Hill erschienen bei arsEdition ihre Romane »Sturm im Elfenland« und »Drachenhaut«.

eISBN 978-3-8458-0149-0
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    Auch zu bestellen unter www.bloomoon-verlag.de

eISBN 978-3-7607-9839-4
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