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Das Haus der kalten Herzen

Das Haus der kalten Herzen

Titel: Das Haus der kalten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Singleton
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kommt, die Schuhe zerfetzt, das Kleid zerlumpt, und feststellt, dass alle, die sie gekannt hat, schon lange tot sind.«
    »Mal ein Bild«, sagte die kleine Charity, die mit gesenktem Blick das Lob annahm. »Mal es für mich.«
    Dann räumten sie auf. Mercy war ein wenig benommen. Die Schatten an der Wand veränderten sich und wurden länger. Schließlich waren die beiden Mädchen weg. Die Teetassen waren auch weg, obwohl Mercy nicht bemerkt hatte, dass jemand ins Zimmer gekommen war und sie geholt hatte.
    Mercy verließ das Kinderzimmer und machte sich auf die Suche nach der Sommerausgabe ihres eigenen Zimmers. Niemand war da. Sie verschaffte sich einen Überblick über die Gegenstände auf dem Frisiertisch: Haarbürste, Parfumflakon, Seifenschale und Handtuch. Den Krug und die Schüssel hatte sie immer noch.
    »Mercy«, rief jemand in der Ferne. »Wo bist du?«
    Das war Galatea, die zweifellos die kleine Mercy rief, um sie für irgendetwas zur Rechenschaft zu ziehen. Der gereizte Ton in ihrer Stimme hatte sich nicht verändert. Doch Mercy begann, sich Sorgen zu machen. In ihrem eigenen dunklen Century suchte Galatea sie vielleicht auch. Doch wie sollte sie zurückkommen?
    Mercy lief schnell in die Bibliothek. Dort saß nun Trajan mit einem Buch am Schreibtisch. Er sah wesentlich jünger aus, seine Haut war glatt, das Haar ganz schwarz. Zögernd ging sie auf ihn zu, denn sie konnte kaum glauben, dass er sie nicht sah. Doch Trajan war in sein Buch vertieft und blätterte um, ohne ihre Gegenwart zu bemerken. Mercy starrte ihn an. Mit diesen sauberen, starken Händen sah er aus wie ein anderer Mann, Entschlusskraft und Vitalität zeichneten sich in den Konturen seines Körpers ab.
    Neben dem Buch, das Trajan las, lag noch ein anderes Buch, eine Art Liebesgeschichte. Ein in feines Leder gebundener Roman mit Goldprägung. Mercy sah, dass das Buch Das Haus der kalten Herzen hieß. Mit zitternden Händen nahm sie es vom Tisch, aber Trajan schien nichts zu bemerken. Sie schlug die erste Seite auf, ein Bild, eine Schwarzweißzeichnung von einem Haus im Schnee. Das Licht spiegelte sich in den Fenstern, während ein Mann auf einem Pferd davongaloppierte.
    Der Name des Autors, wie auf der Titelseite geschrieben stand, war Trajan Quintus Verga; und die Jahreszahl war 1790.
    Ihr Vater hatte ein Buch über das Haus geschrieben.
    An diesem Buch war etwas Seltsames, das spürte sie. Wie sie selbst gehörte es nicht so ganz an diesen sommerlichen Ort in der Vergangenheit. Es vibrierte ein wenig in ihren Händen, wie mit Energie geladen. Die Wörter schienen über das Papier zu wimmeln.
    Wie gebannt blätterte sie das Buch durch. Die Wörter verschwammen vor ihren Augen. Sie erkannte die Handschrift ihres Vaters wieder, aber sie begriff nicht, worum es in der Geschichte ging. Eine Seite machte sie stutzig. Sie starrte darauf. Noch ein Bild. Eine Skizze von einem jungen Mann, die Zeichnung gab seine Züge schmaler und länger wieder, aber er war es, ohne jeden Zweifel: Claudius. Zumindest das war wahr. Er gehörte zur Familie und vielleicht hatte sie ihn einmal gekannt … früher.
    Sie warf noch einen Blick auf das Bild. Ob sie das Buch wohl mitnehmen konnte? Sie trug es zu den Regalen mit den Landkarten hinüber. Ja, genau hier war sie angekommen. Aber wie sollte sie wieder zurückgelangen?
    Sie machte den Kopf von allen anderen Gedanken frei und wünschte ihre Rückkehr herbei. Von hinten zog etwas an ihr, sie wurde nach oben gezerrt, durch einen langen, dunklen Raum. Ein Minenschacht, ein Zauberbrunnen. Hoch und immer höher, ihr Haar wehte.
    Sie landete mit einem weichen Plumps.
    Vorsichtig öffnete Mercy die Augen. Es war immer noch dunkel. Sie saß im Korridor vor dem Wandteppich.
    Ein Stück weiter, vor Mercys Zimmer, stand Galatea.
    »Einen Augenblick«, rief Mercy. »Du hast mich geweckt, ich bin gleich so weit.«
    Sie hielt die Arme noch immer fest vor der Brust verschränkt, aber das Buch war weg.
    Galatea kam anmarschiert. »Dich aufgeweckt?«, sagte sie. »Was hast du denn gemacht? Warum schläfst du auf dem Fußboden?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Mercy und rappelte sich hoch. Ihr Kopf war ganz benebelt, er schwirrte ihr von der Reise und den unerwarteten Bildern der Vergangenheit.
    Die Gouvernante legte Mercy eine kalte, harte Hand auf die Stirn und spitzte die Lippen. Die Haut um ihren Mund herum schlug winzige Falten, wie gerafft. Für einen Moment sah Galatea sehr alt aus.
    »Du scheinst ein wenig Fieber zu haben«,

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