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Das Haus der Madame Rose

Das Haus der Madame Rose

Titel: Das Haus der Madame Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatiana de Rosnay
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Zamaretti ein, in seine Buchhandlung zu kommen, wann immer ich ein wenig Zeit hätte. (Ihm war natürlich aufgefallen, dass Alexandrines neue Ladenausstattung ihrem Geschäft zum Aufschwung verholfen hatte, und er hatte daraufhin beschlossen, auch seinen Laden neu zu gestalten. Ich war nie bei ihm unten gewesen – Du schon, denn Du hast ja immer gern gelesen. Monsieur Zamaretti hatte auch mitbekommen, dass ich in den letzten Jahren immer stundenlang bei Alexandrine saß. War er etwa ein wenig eifersüchtig auf unsere Freundschaft? Jedenfalls tauchte er an einem verregneten Junitag plötzlich im Blumenladen auf, Alexandrine und ihre Kunden unterhielten sich gerade über die Aufsehen erregende Hinrichtung des jungen Arztes Edmond-Désiré Couty de la Pommerais vor dem Zuchthaus in der Rue de la Roquette – ihm wurde zur Last gelegt, seine Geliebte vergiftet zu haben. Die Massen waren nur so zum Schafott geströmt und hatten zugesehen, wie der Mann guillotiniert wurde. Monsieur Zamaretti konnte mit blutrünstigen Details aufwarten, nachdem ein Freund von ihm die Enthauptung aus nächster Nähe gesehen hatte. Je lauter wir vor Schreck aufkreischten, desto besser schien ihm das Ganze zu gefallen.)
    Ich nahm seine Einladung an und besuchte eines Nachmittags die Buchhandlung. Als Erstes fiel mir der intensive Geruch von Leder und Papier auf. Es war sehr angenehm. Monsieur Zamaretti hatte seinen Laden schön hergerichtet. Die Wände waren in einem sehr ansprechenden Hellblau gehalten, man konnte in bequemen Sesseln sitzen und bei hellem Licht lesen, so viel man wollte. Es gab eine hohe Ladentheke aus Holz, sie war voller Stifte, Notizbücher, Lupen, Briefe und Zeitungsausschnitte. Monsieur Zamarettis Laden war länglicher und dunkler als Alexandrines, es herrschte eine gelehrte, intellektuelle Atmosphäre. Es gab Regale voller Bücher in allen Formaten und Farben und eine lange Leiter, mit der man sie herunterholen konnte.
    Alexandrines Laden war immer erfüllt von Plaudereien und Geräuschen, dem Rascheln des Papiers, mit dem sie die Blumen einschlug, dem Klingeln der Türglocke, Blaises häufigem Husten. Hier aber war es still. In einer Ecke stand ein Herr und las in aller Ruhe. Es war fast, als würde man eine Kirche betreten. Ich beglückwünschte Monsieur Zamaretti zu seiner geschmackvollen Einrichtung und wollte wieder gehen. Doch dann fragte er mich das Gleiche, was mich Alexandrine vor Monaten auch gefragt hatte – mit der Ausnahme, dass seine Frage sein Metier betraf und nicht Alexandrines.
    »Lesen Sie gerne, Madame Rose?«
    Ich war verdutzt. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Schließlich ist es peinlich, zugeben zu müssen, dass man nicht las. Man kommt sich vor wie ein Trottel. Ich nuschelte also ein paar Worte und starrte auf meine Schuhe.
    »Vielleicht wollen Sie sich setzen und ein wenig lesen«, bot er mir mit seinem gewinnenden Lächeln an. (Wie Du Dich erinnern wirst, sieht er nicht besonders gut aus, aber seine haselnussbraunen Augen, seine weißen Zähne und seine ausgesuchte Kleidung sind eindeutig hervorzuheben. Du weißt ja, wie sehr ich auf Kleidung achte, und so kann ich Dir genau sagen, dass er an jenem Tag dunkelblaue Karohosen, eine dunkel- und hellrosa karierte Weste sowie einen pelzverbrämten Gehrock trug.) Er führte mich zu einem Sessel und schaltete die Leselampe an. Ich setzte mich widerstandslos hin.
    »Ich kenne zwar Ihren Geschmack nicht, aber darf ich Ihnen für heute ein paar Bücher vorschlagen?«
    Ich nickte. Er strahlte und kletterte flink eine Leiter hinauf. Da sah ich, dass er smaragdgrüne Socken trug. Mit einem Stapel Bücher unterm Arm, die er auf der Hüfte abstützte, kam er zurück.
    »Ich habe hier ein paar Autoren, die Ihnen sicherlich zusagen werden. Paul de Kock, Balzac, Dumas, Erckmann-Chatrian …«
    Er legte die ledergebundenen Bände mit Titeln in Goldprägelettern auf dem Tischchen vor mir ab. Der Barbier von Paris, Freund Fritz, Die schwarze Tulpe, Oberst Chabert. Ich warf einen kritischen Blick darauf und biss mir auf die Lippe.
    »Ha!«, rief er plötzlich aus. »Ich habe eine Idee!«
    Wieder erklomm er die Leiter, dieses Mal holte er nur ein Buch. Kaum war er wieder unten, reichte er es mir.
    »Das wird Ihnen gefallen, Madame Rose.«
    Ich nahm es sachte entgegen. Entmutigt sah ich, dass es ziemlich dick war.
    »Wovon handelt es?«, fragte ich höflich.
    »Von einer jungen Frau. Sie ist schön und gelangweilt. Sie ist mit einem Arzt verheiratet und

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