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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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und gar nicht meinem Geschmack.« Das Papiergesicht drehte sich in meine Richtung. »Ich dachte eigentlich, Sie hätten die zuständigen Behörden über meine Bedürfnisse informiert, Campion.«
    Ich rutschte unbehaglich auf dem Stuhl herum. Ich hatte die Zentauren über die Bedürfnisse des Doktors informiert und war mir sicher, dass sie sich nach Kräften bemüht hatten, seinen Vorstellungen gerecht zu werden. Aber Doktor Meninx konnte man es niemals recht machen; was man auch tat, es war nie genug.
    »Es tut mir leid«, sagte ich. »Ich bin wohl mit den Zahlen durcheinander gekommen. Ich fürchte, es war alles meine Schuld.«
    »Die Schuld weise ich zu, wie es mir beliebt«, sagte der Avatar. »Dabei habe ich mich so auf das Bad gefreut. Aber das lässt sich nun nicht mehr ändern; in Kürze werde ich diese trübselige Welt verlassen und meine Odyssee zur Vigilanz fortsetzen. Vielleicht weiß man ja dort, was man einem Gast schuldig ist.«
    »Ich bin sicher, Herr Nebuly hat sein Bestes getan«, sagte ich.
    »Ja, wahrscheinlich schon«, sagte der Avatar, als wäre unser Gastgeber gar nicht anwesend.
    Der Moment, den ich gefürchtet hatte, seit Herr Nebuly sein Urteil über meinen Datenspeicher gesprochen hatte, war gekommen. Ich konnte ihn nicht länger hinausschieben, obschon ich nichts lieber getan hätte, als ins Meer zu gehen und bis zum funkelnden Horizont zu schwimmen, wo die Barriere mich je nach ihrer Beschaffenheit entweder hätte abprallen lassen oder mich betäubt, verwundet oder einfach nur annihiliert hätte.
    »Doktor Meninx«, sagte ich nach einem tiefen, stärkenden Atemzug, »wir möchten etwas mit Ihnen besprechen.«

Zwei
     
     
     
     
     
    Es wäre falsch gewesen zu behaupten, Campion sei faul, denn Abigail hatte sich alle Mühe gegeben, den Charakterzug der Faulheit aus unseren Persönlichkeiten zu tilgen. Aber Campion war sicherlich ein begabter Tatsachenverdreher. Er verschob Vorhaben nicht nur auf morgen; er verschob sie gleich Dutzende Kilojahre in die Zukunft, bis über seine Ausreden und Ausflüchte auf einmal ein bedeutender Teil eines ganzen Umlaufs verstrichen war. Sein Motto lautete: Was du heute kannst besorgen, lässt sich auch noch in einer Viertelmillion Jahre erledigen.
    Einunddreißig Umläufe lang war er damit auch durchgekommen. Jetzt aber sollte die Angelegenheit mit Doktor Meninx dieser erstaunlichen Glückssträhne ein Ende setzen. Campion scherzte über Rüge und Verbannung, als wollte er sich eben dagegen immun machen. Doch seit mehreren Umläufen hatte die Geduld der Familie mit seinen Mätzchen bedenklich abgenommen, was der Hauptgrund dafür war, dass man ihm Doktor Meninx überhaupt aufgehalst hatte. Er hätte sich dieser Verpflichtung so schnell wie möglich entledigen sollen, anstatt mit dem Doktor von Stern zu Stern zu zockeln.
    Vom Sonnensystem der Zentauren bis nach Nelumbium war es nur ein Katzensprung – kaum neunzig Lichtjahre Flugzeit nach planetarischem Maßstab -, dennoch war es nötig, eine Art Auszeit zu nehmen. Campion bevorzugte die Stasis; ich zog es zu seinem großen Erstaunen vor, mich einfrieren und wieder auftauen zu lassen. Sobald der Kryophag mich freigab, ließ ich die Informationen anzeigen, welche die Sensoren der Silberschwingen auffingen. Abgesehen vom leisen Rauschen der Restenergien – die auch daher stammen mochten, dass in den vergangenen Jahrhunderten ein Raumschiff vorbeigekommen war -, gab es jedoch keinerlei Hinweis darauf, dass das System bewohnt war.
    Kein Ateshga, keine Raumschiffe.
    Als ich die Messungen der Silberschwingen verdaut hatte, flitzte ich zur Bummelant hinüber und gleich auf die Brücke, wo Campion und Doktor Meninx mich bereits erwarteten. Campion saß zurückgelehnt auf einer Liege, der Avatar stand dicht bei ihm. Beide schauten auf das riesige, leuchtende Wanddisplay. Obwohl ich keine einzelnen Worte verstehen konnte, bekam ich aufgrund der akustischen Verhältnisse auf der Brücke mit, dass sie eine leise, etwas gereizte Unterhaltung führten, denn die gereizten und abwehrenden Untertöne waren nicht zu überhören.
    Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, worüber sie sich stritten.
    Den größten Teil des Displays nahm die Milchstraße ein. Die Darstellung beruhte auf den Daten des Speichers. Die Spiralarme bestanden aus zarten Filamenten in Weiß und Gelb, Ocker, Gelbbraun und stumpfem Ziegelrot. Die Sterne waren zu zahlreich, als dass man einzelne Exemplare hätte erkennen können. Unterscheidbar waren

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