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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass die Signalquelle sich entweder auf der Planetenoberfläche oder in Bodennähe in der Atmosphäre befand. Der Planet besaß blaues Wasser und grünes Leben und eine Sauerstoffatmosphäre. Die Bummelant hatte, vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse, bereits gemeldet, ich könnte auf der Oberfläche überleben.
    Ich stürzte durch den Kubus und den Tetraeder in den Zwischenraum des Dodekaeders hinein. Die Umlaufbahn des Planeten fädelte sich wie ein Ariadnefaden zwischen den Streben hindurch. Die Sonne stand sechs Lichtminuten weiter innen, umhüllt von den beiden kleinsten Polyedern und den dazugehörigen Kugelschalen. Sie glich einer Laterne mit durchbrochenen Verzierungen, die ein Schattentheater aufs Universum warf.
    Ich wandte meine Aufmerksamkeit dem Planeten zu und bremste die Bummelant bis auf eine Annäherungsgeschwindigkeit von eintausend Kilometern pro Sekunde ab. Aus dem interstellaren Raum hatte ich bereits Kontinente und Meere ausgemacht, doch nun konnte ich die Topographie in allen Einzelheiten erkennen. Während der Planet eine Rotation vollendete – die Rotationsdauer betrug exakt vierundzwanzig Stunden, ein Hinweis auf Menschenwerk -, verfeinerte die Bummelant die Landkarten und suchte nach Anzeichen technischer Aktivitäten.
    Da entdeckte ich im Orbit das Wrack der Silberschwingen des Morgens , das den Planeten knapp außerhalb der atmosphärischen Ausläufer umkreiste, die es hätten abbremsen können.
    Mir stockte der Atem. Ich hatte erlebt, wie dieses wundervolle Schiff die Aufmerksamkeit interstellarer Zivilisationen an sich hatte abprallen lassen, ohne deren Waffen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Ich hatte mich bemüht, es einzuholen, als es in den Sternendamm eintauchte, ohne mich von seinem hochriskanten Kurs abschrecken zu lassen. Ich hatte seine Annäherung an die Meere von tausend Welten miterlebt. Mit der Zeit hatte ich es dermaßen mit der Frau identifiziert, die ich liebte, dass es mir schier das Herz brach, es in diesem Zustand zu sehen.
    Seine letzte Handlung hatte offenbar darin bestanden, Portula zu dieser Welt zu bringen. Die Schäden waren so gewaltig, dass ich ihm höchstens noch einen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit zutraute. Kilometerlange Teile waren abgerissen, darunter auch ein Großteil der Verkleidung des Antriebs. Die nach oben geschwungenen Flügel waren auf der einen Seite verbogen und auf der anderen abgerissen. Die einstmals silbern glänzende Hülle war, abgesehen von den Stellen, wo verborgene Maschinen herauslugten, schwarz. Die Bummelant scannte das Schiff, musste jedoch feststellen, dass es sich um ein totes Wrack ohne Energieversorgung handelte. Ich hätte Sonden in das fünfundzwanzig Kilometer lange Wrack schicken können, doch ich wusste, dass sie keine Spuren von Leben darin gefunden hätten. Natürlich war nicht auszuschließen, dass Portula tief im Innern des Wracks in einer Stasisblase ausharrte, doch mein Instinkt sprach dagegen. Aus reiner Gründlichkeit hätte ich das Schiff dennoch durchsuchen sollen, doch ich konnte die Geduld nicht aufbringen, das Ergebnis abzuwarten.
    Ich versuchte erneut, sie anzufunken. »Hesperus, Hesperus oder Portula. Ich bin’s, Campion. Meldet euch.«
    Ich bekam keine Antwort. Ich setzte meine Bemühungen zehn Stunden lang fort.
    Schließlich wandte ich meine Aufmerksamkeit der Oberfläche und dem Ursprung des gentianischen Funksignals zu. Ich hatte es in der Zwischenzeit keineswegs vergessen gehabt, doch die Bummelant hatte bereits Untersuchungen angestellt und dabei keine Anzeichen organisierter Aktivität festgestellt. Irgendwoher musste das Signal stammen, doch ich musste annehmen, dass die letzte Handlung der Silberschwingen darin bestanden hatte, eine Funkboje abzusetzen, um die namenlose Welt für die Familie zu reklamieren.
    Gleichwohl fühlte ich mich verpflichtet, weitere Nachforschungen anzustellen.
    Ich ließ die Bummelant in die Atmosphäre einfliegen; seit dem Besuch auf der Welt der Zentauren war es das erste Mal, dass sie wieder mit Luft in Berührung kam. Das Schiff senkte sich durch die tropischen Wolkengebirge ab, bis es über dichtem grünem Urwald schwebte, der sich von Horizont zu Horizont erstreckte. Ich machte mir Gedanken über den Ursprung dieses kleinen Planeten. Vielleicht war dies die einzige Welt dieses Sonnensystems, die man nicht als Grundmaterial für die ätherischen platonischen Körper verwendet hatte. Oder aber er war ursprünglich um eine

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