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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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hier gewesen. Selbst die traditionsbewusstesten Indianer, die immer heimlich die alten Rituale gepflegt hatten, hatten den Katholizismus entweder im Internat mit dem Rohrstock eingepflanzt bekommen oder hatten sich mit den interessanteren Priestern angefreundet, wie Mooshum, oder sie hatten beschlossen, auf Nummer sicher zu gehen, indem sie zu der heiligen Pfeife noch die katholischen Heiligen verehrten. Jeder hatte irgendwen in der Familie, der strenggläubig oder zumindest Kirchgänger war; mich hatte zum Beispiel Clemence wieder und wieder zu missionieren versucht. Sie hatte meine Mutter (bei meinem Vater hatte sie es gar nicht erst versucht) dazu überredet, mich taufen zu lassen, und hattedafür geworben, dass ich meine Erstkommunion und meine Firmung machte. Ich wusste also, was mich erwartete. Die Jugendgruppe war nicht doktrinär gewesen, aber mein Unterricht würde aus lauter Listen bestehen. Beichte: i. Sakramentale. ii. Jährliche. iii. Sakrilegische. iv. Gültige. Gnade: i. Helfende. ii. Taufgnade. iii. Wirksame. iv. Erhebende. v. Habituelle. vi. Erleuchtende. vii. Gewährte. viii. Innere. ix. Unwiderstehliche. x. Natürliche. xi. Zuvorkommende. xii. Sakramentale. xiii. Heiligmachende. xiv. Genügende. xv. Substantielle. Bei den Sünden gab es die persönlichen, formellen, gewohnheitsmäßigen, materiellen und moralischen Sünden, die Erbsünde und die lässlichen Sünden. Und dazu noch die Sonderformen: Sünden wider den Heiligen Geist, Unterlassungssünden, fremde Sünden, die Sünde des Stillschweigens zur Sünde, die Sünde Sodoms. Und die himmelschreienden Sünden, die nach Rache verlangen.
    Für jede dieser Kategorien gab es natürlich Definitionen. Father Travis unterrichtete, als hätte das Zweite Vatikanische Konzil nie stattgefunden. Hier draußen gab es niemanden, der ihm über die Schulter sah. Wenn er Lust hatte, hielt er die Messe auf Latein und hatte im Winter davor mehrere Monate lang den Altar von der Gemeinde weggedreht und die Mysterien gefeiert wie ein Hexenmeister, hatte Angus gesagt. Wenn er den Katechismus lehrte, fügte er Themen hinzu oder ließ sie weg. Am Samstagmorgen ließ er mich in den Keller der Kirche ein und bat mich, in der Cafeteria Platz zu nehmen. Das tat ich, immer bemüht, nicht auf den Teppich zu sehen und an Cappy zu denken. Der einzige andere Schüler in dem matt erleuchteten Raum war Bugger Pourier, der sich nach Jahren der Rumtreiberei in den Städten wieder bessern wollte. Er war ein dürrer, trübsinniger Mann mit der dicken lila Clownsnase eines langjährigen Säufers. Seine Schwestern hatten ihn in saubere Anziehsachen gesteckt, aber er roch trotzdem muffig, als hätte er in einer schimmligen Ecke geschlafen. Ich las die Handzettel durch und hörte zu, wie Father Travis über jede der drei Personen der Dreieinigkeitsprach. Als der Unterricht zu Ende war und Bugger sich verzogen hatte, fragte ich Father Travis, ob ich die ganze nächste Woche über Einzelunterricht bekommen könne.
    Hast du irgendein bestimmtes Ziel?
    Ich möchte noch diesen Sommer gefirmt werden.
    Wir kriegen jedes Frühjahr Besuch vom Bischof, und dann werden alle auf einmal gefirmt. Father Travis musterte mich von oben bis unten. Warum die Eile?
    Das würde mir weiterhelfen.
    Wobei denn weiterhelfen?
    Zu Hause vielleicht. Wenn ich beten könnte.
    Du kannst auch ohne Firmung beten. Er gab mir eine Broschüre. Außerdem, sagte er, kannst du beten, indem du einfach mit Gott redest. Du kannst deine eigenen Worte benutzen, Joe. Du musst nicht erst gefirmt werden.
    Ich habe eine Frage, Pater.
    Er wartete.
    Ich hatte lange davor einmal diesen Ausdruck gehört und mir gemerkt. Ich fragte: Welches sind die himmelschreienden Sünden, die nach Rache verlangen?
    Er legte den Kopf schief, als lauschte er auf ein Geräusch, das ich nicht hören konnte. Dann blätterte er in seinem Katechismus und zeigte mir die Definition. Die himmelschreienden Sünden waren Mord, Sodomie, Betrug an den Arbeitern und Unterdrückung der Armen.
    Was Sodomie war, wusste ich ungefähr, und dachte, dass Vergewaltigung dazugehörte. Also war meine Idee doktrinär abgesichert, und das hatte ich gleich am ersten Tag herausgefunden.
    Danke, sagte ich zu Father Travis. Wir sehen uns Montag.
    Er nickte mit einem nachdenklichen Blick. Ja, das werden wir wohl.
    Am Sonntag ging ich mit Angus zur Messe und fuhr am Montag gleich nach dem Frühstück zur Kirche. Es regnete wieder, und ich hatte eine große Schüssel Haferbrei von

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