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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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schöne Frauen haben Katzen. Was ist mit Sonja? Ich meine, die Katzen wohnen zwar in der Scheune, aber sie füttert sie. Und Sie haben gar keine. Sie haben einen Hund. Die sind wählerisch. Wie Pearl.
    Linda strahlte meinen Vater an und sagte, er hätte einen wahren Gentleman großgezogen. Er dankte ihr und sagte, er hätte eine Frage an sie.
    Warum haben Sie es getan?, fragte er.
    Sie wollte es so, sagte Linda. Grace Lark. Die Mutter. Als dann alles beschlossene Sache war, fand ich Linden nur noch abscheulich. Ja, abscheulich, ich kann es nicht anders sagen. Aber er warf sich an mich ran. Außerdem war es verrückt: Inzwischen hatte ich plötzlich ein schlechtes Gewissen, ihn zu hassen. Ich meine, oberflächlich gesehen war er kein ganz schlechter Mensch. Er spendete für wohltätige Zwecke, und manchmal beschloss er, anscheinend aus einer Laune heraus, auch zu mir wohltätig zu sein. Dann machte er mir Geschenke – Blumen, schicke Halstücher, Seifen oder poetische Postkarten. Er entschuldigte sich dafür, dass er so gemein gewesen war, benahm sich charmant und brachte mich zum Lachen. Und ich kann schwer beschreiben, was für einen starken Einfluss Mrs. Lark ausüben konnte. Lindenwar ihr gegenüber mürrisch und verspottete sie hinter ihrem Rücken, aber er hätte alles getan, was sie sagte. Er stimmte nur zu, weil sie ihn dazu zwang. Und danach bin ich, wie ihr wisst, sehr krank geworden.
    Ja, sagte mein Vater, das weiß ich noch. Sie hatten sich im Krankenhaus eine bakterielle Infektion zugezogen und wurden nach Fargo verlegt.
    Ich hatte eine Infektion der Seele, sagte Linda präzise, ihn korrigierend. Ich begriff, dass ich einen furchtbaren Fehler begangen hatte. Meine echte Familie kam mir zu Hilfe, richtete mich wieder auf, fuhr sie fort. Und Geraldine natürlich auch. Doe Lafournais hat mich in eine seiner Schwitzhütten gesetzt. Es war so ein kraftvolles Ritual. Sie klang wehmütig. Und so heiß! Randall hat ein Festmahl für mich gemacht. Seine Tanten haben mir ein selbstgemachtes Bänderkleid angezogen. Allmählich wurde ich wieder gesund und fühlte mich noch besser, als Mrs. Lark starb. Das sollte ich vielleicht nicht sagen, aber so war es. Nach dem Tod seiner Mutter zog Linden nach South Dakota zurück und ist kurz danach wieder gestrauchelt, soweit ich weiß.
    Gestrauchelt?, fragte ich. Wie meinen Sie das?
    Er hat Dinge getan, sagte Linda.
    Was für Dinge?, fragte ich.
    Hinter mir spürte ich das Gewicht von Vaters gebannter Aufmerksamkeit.
    Dinge, für die sie ihn hätten kriegen sollen, flüsterte sie und schloss die Augen.

KAPITEL SIEBEN
PLANET ANGEL ONE
    Obwohl man ihn oft an der Hausecke auf einem zerkratzten gelben Küchenstuhl sitzen und die Straße beobachten sah, verbrachte Mooshum nicht seine Tage dort, sondern ruhte bloß in den Pausen seine sehnigen alten Arme und Beine aus. Mooshum verausgabte sich freudig mit einer endlosen Reihe regelmäßiger Aktivitäten, die mit den Jahreszeiten wechselten. Im Herbst waren da natürlich Blätter, die geharkt werden wollten. Sie kamen von überall her, um sich auf Mooshums kleinem Fleckchen Rasen niederzulassen. Manchmal sammelte er sie sogar einzeln von Hand und warf sie in eine Tonne. Er liebte es, sie zu verbrennen. Nach dem Laub und vor dem Winter gab es eine kurze Zwischenzeit. Während dieser aß Mooshum wie ein Bär. Sein Bauch wölbte sich vor, und seine Backen rundeten sich. Das war seine Vorbereitung auf den großen Schnee. Er besaß zwei Schaufeln. Ein großes blaues Plastikrechteck für den lockeren Schnee und eine silberne Schaufel mit scharfen Kanten für festgestampften oder verwehten. Außerdem hatte er eine Eishacke, ähnlich einer normalen Gartenhacke, deren Blatt nicht gebogen war, sondern gerade nach unten verlief. Die schärfte er mit einer Feile, bis man mit ihr leicht einen Zeh hätte abhacken können.
    Mooshums Waffenarsenal stand den ganzen Oktober über am Hinterausgang bereit. Wenn der erste Schnee kam, zog er seine Galoschen über. Clemence hatte ihm die raueste Sorte Sandpapier unter die Sohlen geklebt. Ungefähr jeden zweiten Abend wechselte sie das Papier aus und ließ die Stiefel auf derHeizung trocknen. Mooshums Galoschen passten über seine mit Kaninchenfell gesäumten Mokassins und seine dicken Wintersocken. Er trug eine mit rotem Flanell gefütterte Arbeitshose und einen weiten neon-orangefarbenen Parka, den Clemence ihm gegeben hatte, damit man ihn finden würde, wenn er sich im Schnee verlief. Mit

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