Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
Vom Netzwerk:
dem Feldbett. Jetzt erinnerte ich mich, wie sie auf der Party getuschelt und mich damit geärgert hatten. Mir schwirrte der Kopf. Ich nahm noch einen Schluck aus Mooshums Flasche. Nach einer Weile kam Sonja zurück, schloss die Tür hinter sich, verriegelte sie und drehte sich zu uns um.
    Wir starrten sie vermutlich mit offenen Mündern an.
    Drück Play, Joe, knurrte sie.
    Die Musik begann – ein leises, fernes Jaulen und Rufen. Sonjas Haar wurde von einem metallenen Kegel hochgehalten, der wie ein Springbrunnen tonnenweise Haare, viel mehr, als sie in Wirklichkeit hatte, über ihre Schultern und den Rücken fluten ließ. Sie hatte eine Menge Make-up aufgetragen – ihre Augenbrauen waren schwarze Flügel, die Lippen leuchteten grausam rot. Eine mattgraue seidene Kutte hing von ihrem Hals bis zu den Knöcheln hinab und bedeckte ihre Arme. Sie zog einen langenwelligen Dolch aus dem Ärmel. Dann hob sie die Arme wie eine urzeitliche Göttin, die eine Ziege opfern wollte, oder einen lebendig an einen Fels geketteten Mann. Sie hielt den Dolch mit beiden Händen, dann nahm sie ihn in eine Hand und starrte auf den Dolch. Sie drückte einen unsichtbaren Knopf. Der Dolch begann von innen zu leuchten. Die Musik bestand jetzt aus rauem Stöhnen, dann folgten ein paar plötzliche Kiekser. Mit jedem Kieksen trennte sie einen der Klettverschlüsse auf, die ihre Kutte zusammenhielten. Sie ließ uns eine Weile zappeln. Die Kutte war an den Seiten offen. Mal schaute eine mit Plastik gepanzerte Brust heraus, dann ein bis zum Oberschenkel mit Lederriemen umschnürtes Bein. Schließlich gipfelte eine Abfolge von Rufen und Klagelauten in einem schrillen Schrei. Und Stille. Sie ließ die Kutte fallen. Ich packte Mooshum am Arm. Ich wollte keine Sekunde damit vergeuden, mich nach ihm umzusehen, wollte aber auch nicht, dass er hintüberfiel und sich den Kopf anstieß. Ich habe nie, nie vergessen, wie sie damals im prachtvollen Dämmer von Eveys Schlafzimmer vor uns stand. Sie war groß in ihren hochhackigen Sandalen. Mit dem Kegel im Haar reichte sie fast bis zur Zimmerdecke. Ihre Beine waren endlos lang, und sie trug ein Bikiniunterteil, das aussah wie aus Eisen geschmiedet und mit einem dicken Vorhängeschloss gesichert. Ihr Bauch war makellos und flach, unwahrscheinlich durchtrainiert. Ich hatte sie nie Sport machen sehen. Und meine Lieblinge, ihre Brüste, die ebenfalls in einer Plastikrüstung steckten, dehnten die Nähte einer Brustplatte, auf der nachgemachte erigierte Metallbrustwarzen saßen. Felle und Tücher flossen an ihr hinab. Sie klemmte sich den Dolch zwischen die Zähne, und dann rieb und knetete sie die Pelze und Stoffe überall an ihrem Körper. Sie trug dünne lange Armstulpen aus Vinyl. Eine davon zog sie aus, peitschte sich leicht damit, rieb sie an ihrem Keuschheitsgürtel, und dann schlug sie mir damit ins Gesicht. Ich fiel fast in Ohnmacht. Ich packte wieder Mooshums Arm. Er keuchte vor Glück. Sonja klatschte mir die andere Stulpe querübers Auge. Die Trommeln setzten ein. Sonjas Hüfte und ihr Bauch rotierten jetzt in einem anderen Tempo, so schnell, dass die Bewegungen verschwammen. Mooshum gab mir die Flasche. Ich verschluckte mich. Sonja wirbelte herum. Trat gegen mein Knie. Ich krümmte mich vor Schmerz, aber ich ließ sie nicht aus den Augen. Die Trommel verstummte. Sonja spielte mit den Lederstreifen herum, die ihren Brustpanzer hielten, dann ließ sie ihn plötzlich fallen. Und da waren sie. Nur noch mit goldenen Quasten beklebt, die Sonja hypnotisch erst in die eine, dann die andere Richtung kreisen ließ. Als die Trommel wieder aussetzte, war mir schwindlig. Mooshums Atem ging stoßweise. Ich hörte das Rauschen der Kassette. Sonja öffnete die Riemen ihrer Sandalen, stieg aus den Schuhen und warf sie mir an den Kopf. Sie öffnete den Metallkegel und ließ ihr Haar in einem wilden Wasserfall ihr Gesicht umfließen. Den Kegel schleuderte sie auch auf mich. Barfuß kam sie näher und ließ, von Wolfsgeheul untermalt, ihre Hüften kreisen, aber als sie in ihre eiserne Bikinihose griff und ganz langsam an einem seidenen Band einen Schlüssel herauszog, war Mooshum gleich bereit. Er schnappte sich den Schlüssel und öffnete ohne das geringste Zittern seiner alten Hände das Vorhängeschloss, nahm es ab und warf es weg, und zum Vorschein kam ein Stringtanga aus dichtem schwarzem Pelz. Genau genommen war es ein Kaninchenfell. Aber egal. Sie grätschte über Mooshums Schoß, passte aber auf, kein Gewicht auf

Weitere Kostenlose Bücher