Das Haus des Windes
Kühlbox. Die standen im Wasser.
Du hast sein Versteck gefunden, sagte ich.
Kann ich das Bier jetzt hochheben?, fragte Angus.
Schätze schon, sagte ich.
Kann ich eins aufmachen?
Ich blickte in die Runde. Okay, sagte ich.
Drei Hände schossen nach vorn und rissen Dosen aus den Plastikringen.
Wenn keine Fingerabdrücke dran sind, besteht der Beweisdarin, dass er Hamm’s trinkt, sagte ich. Was auch immer das heißt. Ich nahm mir ein kaltes, nasses Bier. Mit der Dose in der Hand folgte ich Angus zu dem Versteck. Ich fand, wir sollten nicht gleich so nah rangehen, um keine Beweismittel zu zerstören. Wir sollten uns langsam ranrobben und unterwegs mitnehmen, was wir fanden.
Schon wieder robben?, maulte Angus.
Die Kühlbox, ein Billigding aus Styropor, stand an einen Baum gelehnt. Daneben lag ein Haufen Kleider und Decken.
Cappy sagte, wir sollten besser erst unser Bier trinken, damit wir einen sitzen hatten, uns dann an die Beweise ranrobben und dann wieder in den See springen zum Zeckenersäufen. Wir tranken.
Das war gut, sagte Angus. Er versuchte die Dose an seinem Bein plattzudrücken. Autsch, sagte er.
Wir teilten uns auf und krochen fächerförmig auf die Kühlbox zu. Sie stand dicht an der Kuhweide, und hier und da lagen getrocknete Kuhfladen herum. Wir hatten unser Bier extra schnell getrunken, damit es wirkte, und freuten uns auf je zwei mehr, die wir in Ruhe am Lagerfeuer trinken würden. Das Kriechen fiel uns diesmal viel leichter, bis Angus ein Bein anzog und eine Stinkbombe auf mich losließ.
Hey, keine Stinkbomben, sagte Zack.
Och, sagte Angus und zündete gleich noch einen Furz.
Plötzlich schnappte sich Cappy einen Kuhfladen, schleuderte ihn wie ein Frisbee Richtung Weide und lachte.
Warum bestaunen die Indianer fliegende Kuhfladen?
Niemand antwortete.
Sie interessieren sich eben für jeden Scheiß!
Sehr witzig, sagte Zack. Du wirst bestimmt ein Powwow-MC wie dein Dad.
Warum nennt der Indianer jeden Fremden Bruder ?
Er kann ja nie wissen, ha-ha, sagte Angus. Er zog das Bein an, hatte aber keine Munition mehr.
Doe, Randall und Cappy saßen manchmal wirklich den halben Tag zu Hause und dachten sich einen schlechten Indianerwitz nach dem anderen aus.
Während wir weiterkrochen, konnte ich uns plötzlich von außen sehen. Meine Haut war ganz leicht braun. Cappy war ein bisschen dunkler. Zack tiefbraun. Angus war weiß, aber ein bisschen sonnengebräunt. Cappy hatte schon seinen Wachstumsschub hinter sich, ich teilweise, und Zack und Angus waren kleiner als ich. Zusammengenommen hatten wir so viele Narben, dass man sie kaum zählen konnte.
Woran erkennt man, dass vier nackte Indianer durch den Wald gekrochen sind?, fragte Cappy.
Ignoriert ihn einfach, sagte ich.
An den besoffenen Zecken im Unterholz.
Aua. Ich lachte. Für einen Schönling, dem die Mädchen hinterherschmachteten, war Cappy ganz schön uncool.
Angus krabbelte vor mir her. Ich hielt Abstand. Er hatte lauter blaue Flecken am Arsch, wo sein Bruder ihn mit der Luftpistole erwischt hatte. Wir krochen kreuz und quer, ohne irgendein sinnvolles Raster. Auf dieser Seite des Zauns lag fast gar kein Müll. Ich vermutete, dass der Angreifer auch durch den See um den Zaun herum gegangen war, um sein Lager abseits vom Strand aufzuschlagen. Als wir die Kühlbox erreichten, benutzte ich einen Stock, um den Kleiderhaufen zu untersuchen.
Billige Kunststoffdecken waren dabei, ein angegammeltes Hemd, eine Jeans. Das Zeug stank wie die Rückseite der Dead Custer Bar.
Vielleicht überlassen wir das besser der Polizei, sagte ich.
Wenn wir’s ihnen sagen, wissen sie, dass wir hier waren, sagte Zack. Dann kapieren die, dass ich Vinces Polizeifunk höre, und dann bin ich am Arsch.
Und dann das mit dem Bier, sagte Angus.
Die Hälfte der Beweise auszutrinken kommt nicht so gut, sagte Cappy.
Besser, wir trinken den Rest auch noch, sagte Zack.
Okay, sagte ich.
Wir gingen um den Zaun zum Lagerfeuer zurück und legten Holz nach. Dann rannten wir wieder in den See, um die neuen Zecken loszuwerden. Zack zeigte uns, wo ihn ein Speer unter dem Arm erwischt hatte. Er hätte dabei draufgehen können, sagte man. Die Narbe von der Naht sah aus wie ein rätselhaftes kleines weißes Eisenbahngleis, das über die Rippen hoch bis unter die Achsel führte und den Arm wieder runter. Nach dem Anziehen fühlten wir uns wieder normal. Wir setzten uns ans Feuer und zischten jeder noch ein Beweismittel.
War das dritte Ei so dick wie die anderen?, fragte Angus
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