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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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und unteren Rand. Er hatte eine lange, gebogene Tülle. Und da war ein zerkratztes Logo in fetter schwarzer Schrift vor einer gelben Flammenform mit blauer Mitte und einem weißen Kreis im Blau: VORSICHT stand da drauf.
    Ich krieg ihn, sagte ich zu meinen Freunden. Und dann will ich ihn brennen sehen. Sie starrten alle den Kanister an. Sie wussten, was er bedeutete.
    Cappy brach ein Stück Holz von der zerbrochenen Tür ab und rammte es in den Boden. Zack kaute an einem Grashalm. Mein Blick fiel auf Angus. Er hatte immer Hunger. Ich sagte,dass ich Brote mithatte, und fischte den Beutel aus meinem Rucksack, um sie aufzuteilen.
    Zuerst pulten wir mühsam das Brot von der Erdnussbutter. Dann legten wir Moms berühmte saure Gurken rein. Dann klappten wir die Brote wieder zu. Die saftigen, knackigen Gurken salzten die Erdnussbutter, halfen das klebrige Zeug runterzuschlucken und gaben den Nüssen genau den richtigen scharfen, sauren Kick. Als wir mit den Sandwiches fertig waren, trank Angus das Gurkenwasser und nahm die Chilischote in den Mund. Cappy schnappte sich den Dill und kaute auf dem Stängel. Zack sah weg – manchmal war er wählerisch, und dann konnte er einen überraschen.
    Wir reichten die Wasserflasche herum, und ich erzählte ihnen, was ich mir zum Ablauf des Angriffs überlegt hatte. Es war so, sagte ich, ohne zu blinzeln. Er hat es hier getan. Ich nickte zum Rundhaus rüber. Da hat er’s getan, und dann wollte er sie da drin verbrennen. Aber seine Streichhölzer waren nass. Er ist über den Hügel zum See runter, Feuer holen. Ich erklärte ihnen genau, wie meine Mutter ihm entkommen war. Ich erzählte, wie ich mir überlegt hatte, dass der Angreifer seine Sachen im Wald gelassen haben musste, und wie ich dem Zaun bis zum See und in den See gefolgt war, wo er den Kanister versenkt hatte. Dass er vermutlich ein Raucher war, weil er losgezogen war, um neue Streichhölzer zu holen oder ein Feuerzeug. Irgendetwas musste er im Wald zurückgelassen haben. Wenn er da seine Sachen hatte, vielleicht hatte er dann sogar im Wald übernachtet. Vielleicht hatte er geraucht und den Stummel weggeworfen, oder er zerlegte seine Stummel, wie Whitey es immer tat, krümelte den Tabak raus und knüllte den Rest Papier zu einer Kugel. Wir würden nach Kleiderfasern suchen, nach Spuren, nach irgendwelchen Fremdkörpern, nach irgendwas.
    Alle nickten. Sahen zu Boden. Cappy hob den Kopf und sah mich ruhig an.
    Machen Sie es so, sagte er. Starboy?
    Okay, sagte Angus, der auf diesen Spitznamen hörte. Mal sehen, was wir so finden.
    Das Erste, was wir fanden, waren Zecken. Unser Reservat ist berüchtigt dafür. Wir teilten den Wald in Quadrate ein und rückten im Zickzack vom Zaun Richtung Süden vor, parallel zum Ufer, ungefähr zehn Meter weit. Wenn man im Frühling auf ein Zeckennest stößt, auf eine Stelle, wo gerade ganz viele geschlüpft sind, breiten sie sich über den ganzen Körper aus. Aber sie sind langsam. Man kann sie abschütteln, aber abkriechen kann man sie nicht. Wir vier krochen von einem Zeckennest zum nächsten.
    Einmal schrie Zack plötzlich los. Er sprang auf, und ich sah, wie Zecken von ihm zu Angus rüberflogen und in Cappys glänzendes Haar.
    Krieg dich ein, du Memme!, sagte Angus. Flöhe sind viel schlimmer.
    Ja, Flöhe, sagte Zack. Weißt du noch, wie deine Mom bei euch die Flöhe ausräuchern wollte und dich im Haus vergessen hat?
    Mann, die haben alles dichtgemacht und mit Rauchbomben eingedeckt, sagte Angus. Er begutachtete ein Stück Plastik und warf es weg. Sie hatten vergessen, dass ich noch schlief, und ich war die ganze Nacht da drin. Die Scheißviecher wollten sich auf mich retten, und ich war gerade mal vier. Die haben sich ihren letzten Schluck genehmigt und sind in meinen Klamotten verreckt. Ich hatte Glück, dass sie mich nicht komplett ausgelutscht haben.
    Dein Gehirn haben sie ausgelutscht, sagte Zack. Guck mal, was du nach mir geworfen hast. Er ließ mit spitzen Fingern ein verklebtes Kondom vor unseren Augen baumeln. Es hatte schon mindestens einen Winter hinter sich. Am Strand trafen sich manchmal die Großen zum Lagerfeuer.
    Ich hielt meine Brottüte auf, und Zack warf das mumifizierte Kondom hinein. Und dann fanden wir noch Dutzende davonund so viele Bierdosen, dass Angus anfing, sie auf einem Stein plattzudrücken, um sie zu Geld zu machen. Aus der Entfernung sah man nur frisches grünes Unterholz, aber darunter war alles voller Müll. Wir fanden unzählige Zigarettenkippen. Die

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