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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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wieder mit dem Finger die Temperatur des Bügeleisens. Es waren alles Hunderter. Zuerst legten wir in jeden Umschlag säuberlich fünf Geldscheine, schlossen den Umschlag, ohne ihn zuzukleben, und legten ihn auf das Bett. Dann wurden uns die Umschläge knapp, und wir legten in jeden zehn Scheine. Dannzwanzig. Sonja gab mir eine Pinzette, und ich fischte die letzten Scheine aus den Hand- und Fußgelenken der Puppe. Sonja leuchtete ihr mit einer Taschenlampe in den Hals. Schließlich machte ich den Kopf wieder fest.
    Tu sie wieder in die Tüte, sagte Sonja. Sie wischte sich mit dem Handgelenk die Stirn und die Oberlippe. Ihr ganzes Gesicht war von Schweißperlen bedeckt, obwohl die Hitze noch nicht bis ins Haus vorgedrungen war.
    Sie wedelte mit den Armen und patschte sich auf die Achselhöhlen.
    Puh! Geh mal in die Küche und hol mir Wasser. Ich brauch ein neues Hemd.
    Ich ging in die Küche und öffnete die Kühlschranktür. Aus dem Brunnen auf dem Grundstück floss Süßwasser. Sonja stellte immer einen Krug davon kalt. Ich füllte Wasser in ein Pabst-Blue-Ribbon-Glas – die beiden sammelten Biergläser – und trank es aus. Dann füllte ich es für Sonja wieder auf. Ich schätze, ich wollte, dass sie aus demselben Glas trank wie ich, auch wenn ich in dem Moment nicht darüber nachdachte. Ich dachte darüber nach, wie viel Geld wohl in den Umschlägen war. Ich ging zurück, und Sonja hatte ein Polohemd an, mit pinkfarbenen und grauen Streifen, die sich über ihrer Brust in die Breite zogen. Es hatte einen steifen weißen Kragen und eine Knopfleiste. Sie trank das Wasser.
    Puh, sagte sie.
    Wir legten die Umschläge in die Geldtasche und die Tasche in die Blechkassette. Sonja ging ins Bad, um sich die Haare zu bürsten und so weiter. Als sie wieder rauskam, trug sie frischen Lippenstift von einem Pink, das ganz genau zu ihren Fingernägeln und den Streifen auf dem Polohemd passte. Wir gingen raus zum Auto. Sonja nahm die Puppe in der Plastiktüte mit. Sie schloss sie im Kofferraum ein.
    Wir eröffnen ein paar Sparbücher für dich, fürs College, sagte Sonja.
    Erst fuhren wir nach Hoopdance und wurden am Schalter vorbei nach hinten geführt, um mit einer Kundenberaterin zu reden. Sonja sagte, dass sie ein Konto für mich eröffnen wollte, ein Sparkonto, und wir unterschrieben beide auf vorgedruckten Karten, während die Frau meinen Namen in das Sparbuch tippte, mit Sonja als Mitunterzeichnerin. Sonja reichte ihr drei der Umschläge, und die Frau, die das Konto eröffnete, sah sie scharf an.
    Sie haben sein Land verkauft, sagte Sonja achselzuckend.
    Die Frau zählte das Geld und tippte den Betrag in das Sparbuch. Sie steckte das Sparbuch in einen kleinen Plastikumschlag und drückte es ganz betont mir in die Hand.
    Ich verließ die Bank mit dem Sparbuch, und wir fuhren zu der zweiten Bank in Hoopdance, wo wir noch einmal dasselbe taten. Nur dass Sonja diesmal von einem Bingogewinn sprach.
    Was Sie nicht sagen, sagte die Kundenberaterin.
    Wir machten weiter, fuhren nach Argus. In einer Bank sagte sie, ich hätte Geld von meinem senilen Onkel geerbt. In einer anderen erwähnte sie ein Rennpferd. Dann kehrte sie zu der Geschichte mit dem Bingogewinn zurück. Es dauerte den ganzen Nachmittag, wie wir so durch die frischen grünen Weiden und die Felder fuhren, wo sich gerade die ersten Keimlinge zeigten. An einer Raststätte hielt Sonja an und öffnete den Kofferraum. Sie holte die in Plastiktüten verpackte Puppe heraus und warf sie in einen Mülleimer. Danach hielten wir im nächsten Ort und holten Hamburger und Pommes. Sonja wollte mir keine Cola kaufen, weil sie irgendwie fand, Orangenlimo sei besser für mich. Mir war das egal. Ich war so glücklich darüber, in einem Auto zu sitzen, wo Sonja sich auf die Straße konzentrieren musste, so dass ich einen Blick darauf riskieren konnte, wie sich die Streifen über ihren Brüsten spannten, bevor ich ihr wieder ins Gesicht sah. Jedes Mal, wenn ich etwas zu ihr sagte, schielte ich auf ihre Brüste. Ich hielt die Blechkassette in meinem Schoß und betrachtete das Geld schon gar nicht mehr als Geld. Aber alswir endlich alles eingezahlt hatten und auf dem Heimweg waren, blätterte ich jedes der Sparbücher auf und zählte die Zahlen im Kopf zusammen. Ich berichtete Sonja, dass es über vierzigtausend Dollar seien.
    Es war eine lebensgroße Babypuppe, sagte sie.
    Warum haben wir nicht wenigstens einen Schein behalten?, fragte ich. Jetzt, wo ich so darüber nachdachte, war ich

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