0367 - Der Hexenbaum
Hier, im Grenzgebiet zwischen China und der Mongolei, war vor einigen Wochen etwas erwacht. Dieses Etwas hatte Verbindung mit dem Herrn der Hölle aufgenommen, mit Satans Stellvertreter Magnus Friedensreich Eysenbeiß, der sich auf dem Thron des Lucifuge Rofocale breitgemacht hatte. Eysenbeiß war nach einem gewissen Zamorra befragt worden. Doch dann war das Etwas verloschen.
Es hatte Eysenbeiß neugierig gemacht.
Und so verließ er die Tiefen der Hölle und ging der Spur nach. Er fand Ghet-Scheng, die Ruinenstadt, von der kaum noch jemand etwas wußte, weil die Straßen weit an den Trümmern vorbeiführten. Ghet-Scheng war im Laufe der Jahrhunderte vergessen worden.
Aber hier war etwas erwacht.
Und Eysenbeiß suchte Spuren, sondierte, was geschehen war. Das handtellergroße, silbern schimmernde Amulett, das er einst erbeuten konnte und das eines von insgesamt sieben war, deren Krönung Merlins Stern im Besitz Professor Zamorras war, zeigte ihm Bilder aus der jüngsten Vergangenheit.
Ein Dämon erwachte in Ghet-Scheng… irgend etwas hatte sein Erwachen bewirkt. Er bestand aus einer geistigen Substanz, die einem hassenden Herzen entsprungen war. Der Mann, der vor 700 Jahren an dieser Stelle einen Fluch ausgesprochen hatte und Dschingis Khan verwünschte, hatte mit der Kraft seines Hasses diesen Dämon manifestiert.
700 Jahre hatte die Manifestation geschlafen, um dann von einem Impuls belebt worden zu sein. Und der Dämon hatte rasch um sich gegriffen und Macht über die Herzen zahlreicher Menschen erlangt. Doch jener, der ihn einst aus der Kraft seines Geistes schuf, vernichtete den Dämon auch wieder, gemeinsam mit Professor Zamorra, Robert Tendyke und… einem jungen Mädchen.
Eysenbeiß spürte die enge Verbindung zwischen dem Dämon, dem Mädchen und dem Mann aus der Vergangenheit. Wang Lee Chan, der Leibwächter des Fürsten der Finsternis! Doch wer war das Mädchen?
Eysenbeiß verfolgte aufmerksam die Bilder, die das Amulett ihm zeigte, und er belauschte die Menschen, die den Dämon in Ghet-Scheng vernichtet hatten. Und der Herr der Hölle machte eine für ihn äußerst überraschende Erfahrung.
Das Mädchen Su Ling war in San Francisco aufgewachsen und zum ersten Mal nach China gekommen. Die räumliche Nähe zu dem Dämon hatte dessen Erweckung bewirkt. Denn dieses Mädchen war die wiedergeborene einstige Frau Wang Lees, als jener noch in der Vergangenheit lebte. Ein Zeit-Experiment hatte ihn später in die Gegenwart geholt…
Damals hatten Dschingis Khans Horden Ghet-Scheng vernichtet, Wang Lees Frau entführt, und er hatte sie niemals wiedergesehen, obwohl er dem Khan Rache schwor und ihn verfolgte. Doch die Rache hatte sich nicht erfüllen können, geblieben war der Dämon des Hasses.
Aber jetzt waren Wang Lee und Su Ling wieder zusammengekommen -und sie hatten sich erkannt. Die Liebe hatte sie vereint und den Dämon absterben lassen.
Unter seiner Silbermaske stieß Eysenbeiß einen Pfiff aus. Er verfolgte weitere Unterhaltungen. Er erfuhr, daß Wang Lee sich von der Hölle lösen wollte, um mit Su Ling Zusammensein zu können. Doch zuerst mußte er zurück und sich von seinem Eid entbinden lassen, den er dem Fürsten der Finsternis einst leistete. Su Ling kehrte derweil nach San Francisco zurück, um dort auf den Mann zu warten, den sie liebte und dem sie vor sieben Jahrhunderten schon einmal gehört hatte. [1]
Eysenbeiß löste sich aus seiner Konzentration. Die kalte Lichtflut des Amuletts verlosch, die magische Aktivität war beendet. Der Herr der Hölle hatte genug erfahren.
Jetzt spürte er wieder den kalten Wind aus der Wüste, der durch seine Kutte drang. Vor dem Sand schützte ihn die Silbermaske.
Er fand es bedauerlich, daß der Dämon des Hasses vernichtet worden war. Aber die Erkenntnis, daß es in San Francisco dieses Mädchen gab, war vielleicht wichtiger als die Existenz eines Dämons, der jahrhundertelang starr im Schlaf gelegen hatte. Das Mädchen bot eine Möglichkeit, Wang Lee, dem verhaßten Leibwächter und Berater des Fürsten der Finsternis, einen empfindlichen Schlag zu versetzen. Sie waren erbitterte Feinde, Wang Lee und Eysenbeiß. Einst waren sie gemeinsam Berater des Fürsten Leonardo gewesen, der selbst auf den Thron Lucifuge Rofocales spekulierte. Dann aber hatte Eysenbeiß Lucifuge Rofocale vertrieben und sich selbst über den Fürsten der Finsternis erhöht. Es gab nicht einen Dämon der Hölle, der damit einverstanden war. Doch solange LUZIFER dazu schwieg
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