Das Haus in den Wolken
Jahrhundert. Damals (wie auch heute noch) inspirierten mich Orte â das Grenzland zwischen Engländern und Schotten in »Bis der Tag sich neigt« zum Beispiel oder die Schlösser des Loire-Tals in »Der Garten von Schloà Marigny«. SchlieÃlich spürte ich, dass mich diese Epoche einschränkte â es gibt eine Grenze, bis zu der ein Autor speziell seine weiblichen Charaktere im 16. Jahrhundert ausgestalten kann und dabei noch historisch korrekt bleibt. »Die geheimen Jahre« war mein erster Roman, der im 20. Jahrhundert spielt; sein Nachfolger »Das Winterhaus« wurde in GroÃbritannien und Deutschland zum Bestseller.
Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren groÃen Umstürzen, schrecklichen Kriegen und Vertriebenenbewegungen, der Veränderung im Status der Frauen und den gewaltigen Eigentumsverschiebungen von Land und Reichtum ist eine Epoche, die faszinierend und zugleich herausfordernd ist, wenn man über sie schreiben will. Die Ereignisse in der Geschichte prägen das Leben meiner Figuren und zwingen sie mitunter, Wege einzuschlagen, die sie sonst nicht genommen hätten, die ihnen andererseits aber auch Möglichkeiten eröffnen, die sie unter anderen Umständen nicht gehabt hätten. In »Zeit der Freundschaft« ist es der Krieg, der Julia hilft, Unabhängigkeit und Autonomie zu erlangen, sie gleichzeitig jedoch auch ihrer groÃen Liebe beraubt.
Meine Romane werden gemeinhin als Liebesromane bezeichnet, und es stimmt, dass ich über die Liebe zwischen Männern und Frauen schreibe. Allerdings richte ich ebenso viel Augenmerk auf die Liebe zwischen Freunden und die Liebe â und Feindschaft, manchmal Hass â zwischen den Mitgliedern einer Familie. Meine Bücher sind zudem Gesellschaftsromane, die zwischenmenschliche Beziehungen ausloten. Ich versuche, dem Leser die Motivation aller meiner Figuren verständlich zu machen, auch die der weniger sympathischen. In »Alle meine Schwestern« wollte ich über das Kräftespiel in einer groÃen Familie schreiben, über die Bündnisse, die geknüpft werden, und über Liebe und Loyalität, die gleichzeitig mit dem Wunsch nach Unabhängigkeit bestehen können. AuÃerdem hat mich das unbewusste Rollenverhalten innerhalb einer Familie interessiert â die schöne Schwester, die talentierte Schwester, die gute, langweilige Schwester, die immer für einen da zu sein scheint, die Hausfrau wird und zum Kummerkasten für die Probleme aller Familienmitglieder.
Ein wiederkehrendes Merkmal in all meinen Romanen ist die Suche nach Selbstverwirklichung und Erfüllung â besonders meine weiblichen Figuren stellen ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche oft hinter die anderer zurück. Clemency in »Alle meine Schwestern« ist gefangen in den Interessen ihrer Familie, ebenso wie Helen in »Das Winterhaus« â mit tragischen Folgen. Die Heldin in »Die Mädchen mit den dunklen Augen« ist Liv, deren Leben mehr und mehr von der zwanghaften Liebe ihres Mannes Stefan bestimmt wird; ihre eigene Liebe zu den Kindern gibt schlieÃlich den Ausschlag dafür, dass sie ihren Mann verlässt. Meine Figuren kämpfen, auch um sich von anderen Fesseln zu befreien: Romy in »Das Erbe des Vaters« sehnt sich danach, ihren ärmlichen Verhältnissen zu entkommen; Alix in »Picknick im Schatten« kann das Verschwinden ihres kleinen Cousins Charlie Lanchbury nicht vergessen.
Mein eigenes Leben hat sich in der letzten Zeit sehr stark verändert. Vor einigen Jahren haben wir uns ein Haus in Derbyshire Peak gekauft, wo wir ausgedehnte Spaziergänge durch die Hügel machen. Ich verbringe die Hälfte meiner Zeit in Cambridge und die andere Hälfte in Derbyshire, was sowohl meinen Wunsch nach Gesellschaft und nach den Vorteilen des Stadtlebens als auch die Sehnsucht nach Einsamkeit und der Schönheit der Landschaft erfüllt. Meine Söhne sind erwachsen und wohnen nicht mehr zu Hause â zwei von ihnen, beide Wissenschaftler, leben in Cambridge, sodass wir uns glücklicherweise oft sehen können. Der dritte ist Musiker und lebt in London. Zwei von ihnen sind mittlerweile verheiratet, und für mich ist es eine groÃe Freude, mit anzusehen, wie die Familie wieder wächst und sich in neue Richtungen weiterentwickelt.
Judith Lennox
Die Presse über Judith Lennox
»So schön wie ein Kostümï¬lm: Judith
Weitere Kostenlose Bücher