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Das heilige Buch der Werwölfe

Das heilige Buch der Werwölfe

Titel: Das heilige Buch der Werwölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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suggeriert sich selbst die Verwandlung in einen Wolf, worauf er sich tatsächlich in ihn verwandelt.
    2. war mir während der Hühnerjagd aufgefallen, dass auch mein Schweif auf mich einen Einfluss ausübte. Was ich mir suggerierte, war mir da aber noch nicht klar. Ich vermutete eine Art Rückkopplung, die für die Verwandlung zum Werfuchs sorgt. Hiermit war ich zwei Schritte von der Wahrheit entfernt und vermochte sie doch nicht zu sehen.
    3. gelangte ich Alexander gegenüber im Zuge meiner Aufklärungsversuche zu der Formulierung, er und die Welt seien eins. Nun hatte ich alles für die endgültige Erleuchtung beisammen. Doch Alexander musste die Dinge erst beim Namen nennen, damit ich die ganze Wahrheit begriff.
     
    Die Welt und ich sind eins. Was also spiegelt mein Schweif mir vor? Dass ich ein Werfuchs bin? O nein! ging mir auf im Sekundenblitz der Erkenntnis: Mit ihm mache ich mir die Welt im Ganzen weis!
    Allein im Raum zurückgeblieben, sank ich in den Lotossitz und meditierte. Wie viel Zeit darüber verging, weiß ich nicht – ein paar Tage werden es gewesen sein. In diesem Zustand gibt es zwischen einem Tag und einer Stunde nicht viel Unterschied.
    Nun, da ich zum Wesentlichen vorgedrungen war, wusste ich auch, warum mir dieser Uroboros (nicht umsonst hatte ich das Wort ständig im Munde geführt!) nicht früher aufgefallen war. Ich hatte die Wahrheit nicht gesehen, wie man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht! Der Hypnosestrom, den der Schweif an mein Bewusstsein sandte, enthielt die ganze Welt. Genauer: Dieser Strom war das, was ich als die Welt ansah.
    Ich hatte schon immer den Verdacht, dass Stephen Hawking nicht weiß, was das Wort Reliktstrahlung (es steht bei ihm auf jeder zweiten Seite) eigentlich meint. Es ist kein Funksignal, das man mit Hilfe einer aufwendigen, teuren Apparatur empfangen könnte. Reliktstrahlung – das ist die Welt, so wie wir sie sehen, ganz gleich, wer wir sind, ob Werwesen oder Menschen.
    Jetzt wo ich wusste, wie ich die Erschaffung der Welt bewerkstelligte, hätte ich diesen Effekt natürlich gern ein wenig zu steuern gelernt. Doch so sehr ich meinen Geist auch zusammennahm, es kam nichts dabei heraus. Alle mir bekannten Techniken probierte ich aus: von den schamanischen Visualisierungen, wie die Wilden im hohen Tibet sie praktizieren, bis zum verborgenen Feuer im mikrokosmischen Orbit, das die Daoisten anwenden. Alles umsonst – es glich dem Versuch, einen Berg zu verrücken, indem man sich mit der Schulter dagegenstemmte.
    Da aber fiel mir der Schlüssel ein. Natürlich, der Gelbe Herr hatte von einem Schlüssel gesprochen … Ich hatte immer eine Metapher darin gesehen, die besagte, dass man das Wesen der Dinge richtig oder falsch verstehen konnte. Doch wenn ich beim Eigentlichen ein so dickes Brett vor dem Kopf (beziehungsweise Schweif) gehabt hatte, konnte es hier ebenso sein. Wie also ließ sich dieser Schlüssel verstehen? Ich hatte keine Idee. Tappte ich womöglich immer noch ganz im Dunkeln?
    Meine Konzentration schwand, die Gedanken fingen an zu schweifen. Ich dachte an Alexander, der geduldig nebenan wartete – die ganze Zeit meiner Meditation über hatte er nicht einen Ton von sich gegeben, um meinen Frieden nicht zu stören. Wie immer rief der Gedanke an ihn eine heftige Welle der Zuneigung in mir hervor.
    Und so kam es, dass mir zu guter Letzt doch noch das Wichtigste vom Wichtigsten aufging:
     
    1. Nichts war in mir, was stärker war als diese Liebe. Und da aus mir und meinem Schweif die ganze Welt erstand, konnte das nur heißen: Nichts Stärkeres gab es auf der Welt.
    2. In dem Strom von Energie, den mein Schweif aussandte und den mein Geist als Welt ansah, kam Liebe nicht vor – das führte zu dem Erscheinungsbild der Welt, wie ich es vor mir hatte.
    3. Die Liebe war somit der Schlüssel, den ich so lange nicht hatte finden können.
     
    Warum hatte ich das nicht gleich gesehen? Die Liebe war die einzige Kraft, die die vom Schweif kommende Reliktstrahlung aus meinem Bewusstsein herauskicken konnte. Ich konzentrierte mich also von neuem, visualisierte meine Liebe in Form eines helllodernden Herzchens und senkte es behutsam gegen den Schweif. Führte es bis fast ganz hinunter an die Wurzel. Und da …
    Etwas Außerordentliches geschah. In meinem Kopf, irgendwo zwischen den Augen, entstand ein Regenbogenschillern und breitete sich aus. Ich nahm es nicht mit dem physischen Gesichtssinn wahr, es erschien eher wie ein Traum, den ins Wachsein

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