Das Herz der Puppe (German Edition)
Da winkte das Mädchen, dass Nina zu ihr hinüberkommen solle. Nina hätte das auch gern gemacht, aber ihre Mutter erlaubte es nicht.
»Lass die Leute erst einziehen, sie haben schon genug Stress«, sagte sie knapp und wandte sich wieder ihrem Computer zu.
Dichterinnen
Draußen stürmte der Herbst und fegte die Blätter die Straße entlang. In der Wohnung aber war es schön warm, und Nina lag nach dem Abendessen auf dem Teppich in ihrem Zimmer und spielte mit Widu.
»Jetzt bin ich die Mutter, und du bist meine Tochter«, sagte Nina.
»Wenn’s sein muss, meinetwegen. Aber ich könnte deine Ururgroßmutter sein«, erwiderte Widu mit einem leichten Unwillen in der Stimme.
»Und jetzt bringe ich dich ins Bett«, fuhr Nina ungerührt fort. Ihre Stimme klang jetzt so streng wie manchmal die ihrer Mutter.
Widu verdrehte die Augen. »Fällt dir nichts Spannenderes ein?«, fragte sie.
Aber Nina ließ sich nicht beirren. »Ich singe dir ein Lied, und deine Augen werden müder und müder, bis du sie nicht mehr offen halten kannst.«
Und Nina begann zu singen:
»Schlaf, Püppchen, schlaf,
da draußen gähnt ein Schaf.
Der Esel und die Hunde
gähnen aus vollem Munde.
Menschen, die schwarzen und weißen,
wie sie auch immer heißen,
verteilen ihre Küsse.
Gib ihnen eins auf die Nüsse,
sag ihnen gute Nacht!
Dann feiere, dass es kracht,
das ganze Haus aufwacht!
Schlaf, Püppchen, schlaf,
dein Onkel ist ein Schaf,
die Tante eine Ziege,
und sie trägt eine Fliege.
Die Oma ist ’ne Katze,
leckt Opas blanke glatze.
Die Schwester ist ’ne grille,
trägt eine grillenbrille.
Dein Bruder ist ein Hund,
sein Bauch ist kugelrund.
Schlaf, Püppchen, schlaf,
dich heiratet ein Schaf.«
Widu schüttelte sich vor Lachen. »Mit dem Lied bringst du bestimmt niemanden zum Schlafen«, japste sie. »Aber pass auf, ich kann auch eins!« Sie zeigt auf den Trompeter auf dem Fenstersims und rief: »Hör gut zu, es handelt von dir!«
Da blies der Trompeter einen Tusch wie beim Karneval, und Widu legte los:
»Das ist der Herr Trompeter,
er antwortet immer später.
Fragt man ihn nach seinem Hund,
sagt er: ›Die Katze ist gesund!‹
Fragt man ihn nach seinem Sohn,
sagt er: ›Der Hund lief mir davon!‹
Ob seine Hühner Eier legen?
›Ja, der Sohn ist sehr verwegen!‹
Fragt man nach seiner Katze,
reibt er sich die glatze,
hüpft auf die Matratze
und ruft:›Die Antwort kennt ihr!‹
Dann sprintet er zur Haustür,
rennt aus dem Haus hinaus,
und das gedicht ist aus.«
»Dein gedicht bringt aber auch kein Kind zum gähnen«, sagte Nina, und der Herr Trompeter ließ darauf einen riesengroßen Furz.
Widu lachte. »Das Einzige, was in diesem Zimmer gähnt, ist der Popo des Trompeters!«, rief sie fröhlich.
»Was der Trompeter kann, kann ich schon lange!«, meldete sich da Mauli, das Nilpferd, und furzte, dass die Wände wackelten.
Prompt machte der Papagei erst den Trompeter und dann das Nilpferd nach.
»Bravo!«, blökte das Schaf. »Aber ein Dönnerchen aus einem Wölkchen kann ich auch!« Und schon ließ es einen fahren.
»Meine güte, das stinkt ja fürchterlich!«, rief Widu entsetzt.
Auch Ninas Mutter, die kam, um Nina ein gutenachtküsschen zu geben, fand den gestank ekelhaft. Sie ging zum Fenster und riss es sperrangelweit auf.
»Oh, ist das kalt!«, rief Nina.
»Dann schlüpf unter die Decke!«, sagte die Mutter. »Man erstickt ja schier an deiner Pupserei.
»Das war ich nicht«, protestierte Nina. »Das waren der Trompeter, das Nilpferd und … das Schaf.«
»Ach, wirklich?«, sagte die Mutter und trat wieder ans Fenster. »Das kommt mir aber sehr wundersam vor, dass ein Holztrompeter furzt.« Dennoch hob sie den Trompeter hoch und roch an seinem Hinterteil. »Iiih!«, rief sie und stellte ihn schnell wieder zurück. Dann roch sie am Nilpferd und an Wolke, dem Schaf, rief jedes Mal »Iiih!« und verkündete zum Schluss: »Die ganze Bande kommt erst einmal in die Badewanne!«
Resolut schloss sie das Fenster und nahm den Trompeter und die Kuscheltiere mit. Nina und Widu hörten noch, wie das Nilpferd auf dem Weg ins Badezimmer lachte. Es badete nämlich gern. Aber Plums, der Affe, schimpfte wie ein Rohrspatz: »Ihr Ferkel, das haben wir nun von eurer Pupserei!«
Eine neue Freundin
namens Lulu
Lulu hieß das Mädchen vom Haus gegenüber. Sie kam Nina besuchen und brachte auch ihre Puppe mit, einen dunkelhäutigen Jungen namens Nunu. Er trug Jeans und hatte einen Wuschelkopf. Widu musterte ihn
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