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Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ich bin
verwirrt.«
    Alison, die Frau eines Arztes, die sich
die ganze Zeit zurückgehalten hatte, blickte sie an. »Immer wenn ich verwirrt
bin, denke ich an den Officer, der als Zeuge ausgesagt hat, er hätte die Kleine
schreien gehört, als er die Treppe raufgerannt ist. Nicht schießen - hat
sie gebettelt. Sie hat um ihr Leben gebettelt.« Alison seufzte. »Das macht die
Sache irgendwie wieder ganz einfach, nicht?«
    Schweigen trat ein, bis Ted alle um
Handzeichen bat, die für die Hinrichtung von Shay Bourne waren.
    »Nein«, sagte ich. »Wir sind noch nicht
fertig.« Ich deutete auf Spalte C. »Wir müssen noch darüber nachdenken, was
sich strafmildernd auswirken könnte.«
    »Ich kann im Augenblick nur darüber
nachdenken, wo mein Essen bleibt«, sagte Jack.
    Wir machten die Abstimmung trotzdem, und
sie fiel acht zu vier aus. Ich war bei der Minderheit.
     
    11 Uhr 06
     
    Ich blickte in die Runde. Diesmal waren
neun Hände in der Luft. Maureen, Vy und ich hatten als Einzige nicht für die
Todesstrafe gestimmt.
    »Was hält euch davon ab, diese
Entscheidung zu treffen?«, fragte Red.
    »Sein Alter«, sagte Vy. »Mein Sohn ist
vierundzwanzig«, sagte sie. »Und ich muss dauernd daran denken, dass er auch
nicht immer die besten Entscheidungen trifft. Er ist noch nicht richtig
erwachsen.«
    Jack wandte sich an mich. »Sie sind im
selben Alter wie Bourne. Was machen Sie aus Ihrem Leben?«
    Ich spürte, wie ich rot anlief. »Ich,
ahm, ich werde wahrscheinlich noch weiterstudieren, meinen Master machen. Ich
weiß noch nicht genau.«
    »Sie haben niemanden umgebracht, oder?«
    Jack erhob sich. »Machen wir eine kleine
Pause«, schlug er vor, und wir alle ergriffen die Chance, ein paar Minuten für
uns zu sein. Ich warf den Filzstift hin und trat ans Fenster. Draußen saßen
Gerichtsangestellte auf Bänken und aßen ihren Lunch. Zwischen den knorrigen
Fingern der Bäume hingen Wolken. Fernsehübertragungswagen mit
Satellitenschüsseln auf dem Dach warteten auf unsere Entscheidung.
    Ich setzte mich an den Tisch, neben Jim.
Der las in der Bibel, die er offenbar ständig bei sich trug. »Sind Sie
religiös?«, fragte er mich.
    »Ich war als Kind auf einer katholischen
Schule«, erwiderte ich. »Steht in der Bibel nicht so was wie, man soll auch die
andere Wange hinhalten?«
    Jim spitzte die Lippen und las vor: »Ärgert dich aber dein rechtes Auge, so reiß es aus und wirf es von
dir. Es ist dir besser, dass eins deiner Glieder verderbe und nicht der ganze
Leib in die Hölle geworfen werde. Wenn ein Apfel verfault ist, läßt man nicht
die ganze Ernte verderben.« Er
reichte mir die Bibel. »Lesen Sie selbst.«
    Ich sah mir das Zitat an und klappte das
Buch dann zu. Ich war in Glaubensfragen längst nicht so beschlagen wie Jim,
aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Jesus diese Passage vielleicht
zurückgenommen hätte, nachdem er selbst zum Tode verurteilt worden war. Ja, ich
hatte das Gefühl, dass Jesus das, was getan werden musste, genauso schwerfallen
würde wie mir, wäre er hier bei uns im Geschworenenzimmer.
     
    16 Uhr 02
     
    Ted bat mich, Ja und Nein an die Tafel zu
schreiben, und dann fragte er uns nacheinander, während ich unsere Namen in die
entsprechende Spalte schrieb.
    Jim? Ja.
    Alison? Ja.
    Marilyn? Ja. Vy? Nein.
    Ich zögerte, schrieb dann meinen Namen
unter den von Vy.
    »Sie haben eingewilligt, nötigenfalls für
die Todesstrafe zu stimmen«, sagte Mark. »Wir wurden vor unserer Auswahl für
die Jury einzeln gefragt, ob wir dazu in der Lage wären.«
    »Ich weiß.« Ja, ich hatte eingewilligt,
für die Todesstrafe zu stimmen, wenn die Umstände es verlangten. Mir war bloß
nicht klar gewesen, dass es so schwer sein würde.
    Vy vergrub das Gesicht in den Händen.
»Wenn mein Sohn früher mal seinen kleinen Bruder gehauen hat, hab ich ihm keine
Ohrfeige gegeben und dann gesagt: >Nicht schlagen<. Es wäre mir
heuchlerisch vorgekommen. Und es kommt mir auch heute heuchlerisch vor.«
    »Vy«, sagte Marilyn leise, »was, wenn dein siebenjähriges Kind
umgebracht worden wäre?« Sie griff unter den Tisch, wo wir Mitschriften und
Beweismittel gestapelt hatten, und holte das gleiche Foto von Elizabeth Nealon
hervor, das der Staatsanwalt uns in seinem Schlussplädoyer gezeigt hatte. Sie
legte es vor Vy hin, strich über die glänzende Oberfläche.
    Nach einem Moment stand Vy schwerfällig
auf und nahm mir den Filzstift aus der Hand. Sie wischte ihren Namen in der
Nein-Spalte weg und schrieb ihn unter den

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