Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman
Stellung beziehen, wo sie im Mauerwinkel gegen Schüsse aus den Fenstern sicher waren.
Hinter ihm prüften seine Leute ihre Waffen. Jeder von ihnen hatte zwei Pistolen. Zwei trugen Schlagstöcke. Vier hatten Entermesser, die in Scheiden an ihren Gürteln hingen. Es waren harte, gestandene Männer, die alle ihre Lehre im Geleitschutz, als Bursche oder als Fassträger absolviert hatten. Die vier Besitzer der Entermesser hatten in Pressgangs als Zwangsrekrutierer gearbeitet, ehe sie zu Morgans Organisation gestoßen waren. Es war gut, Männer wie diese hier im Kampf hinter sich zu haben, deshalb hatte Pepper sie ausgesucht. Er war bereit, den irrtümlich abgegebenen Schuss von eben zu verzeihen. Einer aus ihren Reihen war erschossen worden, da war es verständlich, wenn man die Nerven verlor.
Pepper dachte über die gegnerische Seite nach. Sie mochten in der Minderheit sein, doch Hawkwood und Lasseur hatten gezeigt, aus welchem Holz sie geschnitzt waren. Die Frau auch, doch man wusste nicht, wie sie bei einem Ansturm auf das Haus reagieren würde. Was Gadd anbetraf, so hatte der in seinem Leben zwar viel gekämpft, aber jetzt war er alt und ein Krüppel. Was konnte der noch ausrichten? Pepper wusste, dass sie Waffen hatten – wenigstens zwei Gewehre und eine Pistole -, aber hatten sie Reserven? Pepper bezweifelte es.
Die sicherste Option wäre gewesen, die Sache einfach auszusitzen, aber Pepper und seine Mannschaft hatten heute noch eine weitere Verabredung, und bei der wäre es nicht gut, zu spät zu kommen. Ganz bestimmt nicht in dieser Nacht. Am besten versuchte man also, die Sache so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
Pepper zog die Pistole aus dem Gürtel über seiner Brust.
»Billy, bleib du bei den Pferden. Versuche, sie zu beruhigen. Deacon, Roach und Clay – ihr kommt mit mir. Ihr anderen geht ums Haus nach vorn. Wir wollen vor allem den Runner und den Froschfresser. Was die angeht, gebt ihnen keinen Zoll nach, was ihr von denen aber genau so wenig erwarten dürft. Falls die Witwe oder der alte Mann dazwischengeraten sollten, ist es eben ihr Pech.«
Pepper wartete, bis die vier Männer, die er zur Vorderseite des Hauses geschickt hatte, sich zur anderen Seite der Scheune schlichen und dann einzeln im Schutz des Obstgartens zur Hausecke rannten. Niemand schoss auf sie.
»Mir nach«, sagte Pepper. Den Finger am Abzug trat er aus dem Schutz der Scheunenwand. Gefolgt von Deacon, Roach und Clay rannte er zum nächsten Schuppen. Es gelang ohne Zwischenfall. Pepper machte Bestandsaufnahme. Er sah, dass die anderen den Obstgarten erreicht hatten und sich durch die Bäume vorwärtspirschten. Zwei von ihnen hatten ihre Entermesser gezogen. Pepper sah die Hintertür und das kaputte Küchenfenster. Undeutlich nahm er wahr, dass sich in der Küche etwas bewegte, aber die Sonne stand niedrig. Ihre Strahlen spiegelten sich in dem Glas, und im Haus war es so dunkel, dass er nichts erkennen konnte.
Der zweite Schuppen, der dem Haus am nächsten stand, war nur noch wenige Schritte entfernt. Pflichteifrig huschte Deacon dahinter hervor. Pepper sah eine dunkle Gestalt hinter dem kaputten Fenster und wollte ihm gerade eine Warnung zurufen, doch da fiel der Schuss bereits und Deacons Körper wurde gegen die Wand zurück geschleudert. Einen Moment stand er reglos, als hinge er an einem Haken, dann fiel er in sich zusammen wie eine Marionette, der man die Schnüre durchgeschnitten hatte. Als Deacon mit blutender Brust am Boden lag, hörte man vor dem Haus eine ganze Salve aus kleinkalibrigen Waffen.
Hawkwood ließ die Manton sinken. Das Gewehr lag nicht so gut in der Hand wie eine Bakerflinte. Zum Glück war es ein leichtes Ziel gewesen. Er hatte gehofft, Pepper ungehindert vor den Lauf zu bekommen, aber es war einer seiner Leute gewesen, der sich zuerst gezeigt hatte, und in der Not frisst der Teufel Fliegen.
Jetzt waren’s noch acht.
Nun blieben ihnen nur noch die Jagdflinte und die beiden Pistolen, und für alle nicht genug Munition, um wirklich etwas damit ausrichten zu können. Er legte die Büchse hin und Jess Flynn reichte ihm die Pistole. Im selben Augenblick hörte er Gadd im Nebenraum etwas schreien, doch dann wurde seine Stimme von einem Schuss und dem Splittern von Glas übertönt.
Hawkwood nahm die Ersatzkugel aus der Tasche und legte sie zusammen mit der Pulverflasche und etwas Watte neben den Spülstein. Sie sah so unscheinbar aus wie eine Erbse, die man auf einem Teller vergessen hatte. Er
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