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Das Hohe Haus

Das Hohe Haus

Titel: Das Hohe Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Willemsen
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eher, und dazu schaut die Kanzlerin wohlwollend, wenn nicht treuherzig, mit schalkhaft hochzuckenden Brauen.
    Zuletzt hat mir die Kanzlerin dann noch »Gottes Segen« gewünscht. Dann ist das Leben weitergezogen mit all seinem Schönen und Enttäuschenden, der anschließende Film begann, und er hieß »Rendezvous wider Willen«. Ja, so muss sich auch diese letzte Verabredung mit dem Volk für die Kanzlerin angefühlt haben. Zeit für mich, die wirklich politischen Orte wieder anderswo zu suchen. Auch im Parlament, vor allem aber außerhalb.

Nachbemerkung
    Dies ist nicht das Buch eines Journalisten. Mein Interesse gilt weniger dem Aktuellen als dem Prinzipiellen und damit nicht zuletzt der Frage, welche Beobachtungen ein Augenzeuge machen kann, der im Bewusstsein der »Krise des Parlaments« als »Entscheidungsmitte« der repräsentativen Demokratie möglichst voraussetzungslos schauen will. Der keine Hintergrundgespräche führen, keine Sekundär-Informationen von Parlamentariern oder Journalisten einholen, sondern sich ganz auf das verlassen will, was sich dem Blick von der Tribüne des Bundestags erschließt. Das bedeutet: Vielleicht habe ich manchen ehrenwerten Parlamentarier an einem schlechten Tag erwischt, manche Zwischenruferin nicht auf der Höhe des Gesamtwerks ihrer Zwischenrufe, vielleicht bin ich auch mal der Geschicklichkeit eines Redenschreibers aufgesessen und habe ihn mit dem Redenden verwechselt. Andererseits hänge ich an der Vorstellung eines Parlaments, das sich den Bürgern selbst erklärt und der Bevölkerung mit jeder Debatte zugänglich bleibt.
    Ein Buch aus dieser »Bürger«-Perspektive kann nicht neutral sein. Wer betritt das Parlament schon ohne Vorwissen, ohne weltanschauliche Überzeugungen, ohne Einstellung oder sogar Haltung, und so besitze ich zwar keine Verankerung in einer Partei, aber wie alle eine auch politische Biographie, die durch historische Ereignisse und Debatten, aber auch durch Schlüsselerfahrungen geprägt ist.
    Als ich das Projekt aufnahm, schwebte mir eine Panorama-Ansicht der parlamentarischen Geschichte eines Jahres vor. Im Fortgang der Arbeit entwickelte sich dies zu einem »historischen« Jahr – nicht nur, weil es die FDP aus dem Parlament katapultierte, sondern auch, weil die Wahlen am Ende eine Vier-Fünftel-Mehrheit der Regierungsparteien und die kleinste Opposition seit jeher in den Bundestag bringen würden.
    Die Folgen werden gravierend sein. Fraglich, ob das Parlament unter diesen Umständen noch Kontrolle der Regierung sein, ob es »Debattenkultur« im ursprünglichen Sinn noch kultivieren kann. Nicht zu unterschätzen auch die Tatsache, dass die schonungslosen, bisweilen ruchlosen Angriffe, mit denen sich die stärksten Volksparteien zuvor überzogen hatten, nach der Wahl in eine Allianz mündeten. Große Teile dessen, was zuvor also als »Sachauseinandersetzung«, als »Richtungsstreit«, als »Politikwechsel« propagiert worden war, verlor nun alle Belastbarkeit und stellte die Glaubwürdigkeit des Gesagten und damit die Würde zumindest der Rhetorik des Hohen Hauses in Frage.
    Für meine Arbeit allerdings ergab sich daraus zunächst einmal nichts. Ich habe nach der Wahl keine Gewichtung, keine Kommentierung verändert, habe auch keine inhaltlichen Retuschen am Geschriebenen vorgenommen, ging es mir doch nicht um politische Mehrheiten oder um die Verschiebung von Machtverhältnissen, sondern um Wesen und Arbeit des Parlaments.
    Was den Radius der Themen, die Arbeitsbelastung, den Sachverstand der Parlamentarier und manches andere angeht, habe ich Vorurteile zu korrigieren gelernt. Andererseits kann keine Kritik an einer Partei, ihren Vertretern, Standpunkten oder Entscheidungen härter sein als jene, mit der Parlamentarier einander überziehen, keine kritische Pointe ist mitunter enthüllender als das Zitat.
    Alle wörtliche Rede des Buches habe ich mit den offiziellen Protokollen des Deutschen Bundestags abgeglichen, der Wortlaut entspricht also den autorisierten Fassungen, wobei ich allenfalls Applaus- oder Zwischenruf-Einschübe weggelassen habe. Als Basis dienten hier die etwa 50   000 Seiten Debattenprotokolle des Jahres 2013 . Im Literaturverzeichnis führe ich nur Titel auf, die im Buch Eingang gefunden haben.
    Besucht habe ich das Parlament in jeder Sitzungswoche, die in der Regel zweiundzwanzig Mal im Jahr, meist von Mittwoch bis Freitag angesetzt wird. In diesem Jahr aber gab es nicht wenige Zusatztermine und nach der Wahl auch Ausfälle

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