Das Insekt
weit. Aber von Duke noch keine Spur. Sie schaute etwas fern und war so nervös, dass sie sich nur auf die Armlehne setzte. Immer wieder stand sie auf, um aus dem Fenster auf die Straße zu spähen. Um drei Minuten vor halb sechs war Duke immer noch nicht zurück. Sie stellte sich auf die Straße. Mrs Lenz kam mit ihrem räudigen Hund vorbei. »Hallo Bonnie. Haben Sie heute frei?«
»Ja, Mrs Lenz. Heute habe ich frei.« Und sie dachte: Was denn sonst? Sehe ich mit der Hose und der Bluse so aus, als würde ich arbeiten gehen?
Es wurde halb sechs und Duke war immer noch nicht aufgetaucht. Sie wünschte, sie hätte ihm ihr Mobiltelefon mitgegeben. Sie ging wieder ins Haus, stellte sich vor den Spiegel und überprüfte zum x-ten Mal ihre Frisur. Sie war gereizt, erhitzt, nervös. Wenn Duke nicht kam, würde sie den Pick-up nehmen müssen.
Um Punkt Viertel vor sechs schrieb sie ihm eine Nachricht: »Bin bei Ruth. Danke für nichts.« Sie klemmte den Zettel unter einen herzförmigen Magneten an den Kühlschrank.
Party Party
An der Ecke Alta Avenue stellte sie den Wagen ab und ging das letzte Stück zu Fuß.
Der Straßenabschnitt vor Kyle Lennox’ Anwesen war ein einziger Parkplatz für Luxuskarossen: ein gelber Ferrari Testarossa, ein silberner Lamborghini und mehr Daimlers, als sie je zuvor auf einem Haufen gesehen hatte.
Dass die Band drinnen eine gelangweilte Version von »Samba em Preludio« spielte, hörte man bis auf die Straße. Zwei picklige Teenager in weißen Jacketts mit goldenen Epauletten waren für den Parkdienst angestellt und lungerten im Vorgarten herum. Während Bonnie sich dem Haus näherte und die Auffahrt hochlief, starrten die Jungs sie unverwandt an.
»Kann ich helfen?«, fragte der eine und zeigte seine chromglänzende Zahnspange.
»Ich bin eingeladen«, sagte Bonnie.
Verwirrt spähte der andere Junge die Straße rauf und runter. »Und wo ist Ihr Wagen, Ma’am?«
»Ich hab keinen.«
»Sind Sie etwa gelaufen?«
»Nein. Ein Ufo hat mich an der Ecke rausgelassen. Geht’s da rein?«
»Klar. Darf ich die Einladung sehen?«
»Mir wurde keine gegeben.«
»Sie sind eingeladen, aber Sie haben keine Einladung?«
Glücklicherweise kam in diesem Augenblick Kyle Lennox die Stufen der Veranda herunter. Er trug ein grünes Seidenhemd, weiße, weite Hosen und hielt einen Highball in der Hand. Den Drink zum Gruß erhoben rief er: »Hallo Bonnie! Kommen Sie rein. Schön, dass Sie’s einrichten konnten.«
Mit einem Blick, der »Na also« sagte, ließ Bonnie die Jungs vom Parkdienst stehen und folgte Kyle ins Haus.
Diele und Treppe waren so voll gestopft mit kreischenden Menschen, dass Bonnie für einen Moment glaubte, im Salon eines ziemlich schnell sinkenden Schiffs zu sein. Panik stieg in ihr hoch und ganz kurz hatte sie die rettende Idee, sich einfach zu entschuldigen und wieder abzuhauen, aber dann legte Kyle Lennox seinen sonnengebräunten Arm um sie und lotste sie sicher durch die wogenden Massen in das Wohnzimmer. Und was für ein Wohnzimmer. So was hatte Bonnie noch nie gesehen. Die gegenüberliegende Wand war vom Boden bis zur Decke verspiegelt, nackte Nymphen aus Bronze standen davor Spalier. Ein riesiger Kronleuchter hing in der Mitte des Raumes, die großzügige Sitzgruppe darunter hatte beige-gelbe Seidenbezüge. Hinter der Terrassentür sah man den in italienischem Marmor eingebetteten Pool liegen, ebenfalls umringt von kreischenden Menschen. Ein tanzender Pan mit stacheligem Haar bewachte den üppig erblühten Garten hinter dem Pool.
»Bestimmt kennen Sie schon einige von den Gästen«, schrie Kyle ihr ins Ohr. Die Band war zu einer Latin-Interpretation von »Positively Fourth Street« übergegangen, zu der ein Mann mit rotem Sombrero und roter Schlaghose ins Mikrofon hauchte. »Da drüben ist Vanessa McFarlane aus Große Leuchten und das da ist Gus Hanson aus Unser schönes Leben.
»Gus Hanson? Wo? Ich fasse es nicht. Tatsächlich. Das ist Gus Hanson!«
»Soll ich Sie bekannt machen? Ist ein alter Surf-Kumpel von mir.«
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Ich muss mich erst mal beruhigen. Ehrlich gesagt ist das alles ein bisschen viel für mich.«
»Los, ich stelle Sie vor. Er ist wirklich total nett. Oder wollen Sie vielleicht erst was trinken? Champagner mit weißen Walderdbeeren? Müssen Sie probieren.«
Er winkte einen Kellner heran, der ein Tablett mit klirrenden Champagnerflöten balancierte. In jedem Glas schwammen ein halbes Dutzend Walderdbeeren, die
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