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Das Insekt

Das Insekt

Titel: Das Insekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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Überreste. So nennen wir das: Überreste. Um die kümmert sich die Gerichtsmedizin. Ich reinige nur den Tatort nach der polizeilichen und gerichtsmedizinischen Untersuchung. Vorhänge, Teppiche und so. Im Grunde wie eine ganz normale Reinigungsfirma, allerdings spezialisiert.«
    Gene Ballard nickte. Wenn seine Brille nur nicht so schwarz wäre, dachte sie. Fast schien es, als hätte der Produzent gar keine Augen.
    »Wie lange filmen Sie an einer Folge von Die Wilden und die Widerspenstigen!«, fragte sie. »Ich meine, müssen da viele Szenen wiederholt werden, oder geht das in einem Rutsch?«
    »Aber Sie haben schon Leichen gesehen, oder?«
    »Na ja, natürlich hab ich schon Leichen gesehen. Aber nicht sehr viele.«
    »Die grässlichste Leiche, die Sie je gesehen haben?«
    Bonnie spürte, dass alle Augen auf ihr ruhten, dass alle lauschten. Sogar die Samba-Band beendete mit einem letzten klirrenden Gitarrenakkord in diesem Augenblick ihre Version von »Positively Fourth Street«. Nur das Lachen der anderen Gäste am Pool und die Stimmen aus dem Haus waren noch zu hören.
    »Das ist… das ist schwer zu sagen. Jeder Fall ist auf seine Art tragisch.«
    Gene Ballard legte seinen Ann um Bonnies Hüfte und drückte ihren Rettungsreifen über dem Hosenbund.
    »Haben Sie zum Beispiel – schon mal jemanden ohne Kopf gesehen? So was Ähnliches?«
    »Vor gut einem Jahr habe ich in Culver City eine Frau ohne Kopf gesehen, ja.«
    »Wie ist das passiert? Ich meine, wie hat sie ihren Kopf verloren?«
    »Ihr Mann hat sie mit einer Machete angegriffen. Er hat so lange auf sie eingehackt, bis der Kopf sauber abgetrennt war.«
    Eines der Mädchen japste schockiert. Gene Ballard fragte: »Und wo war diese Frau, als Sie sie gesehen haben?«
    »Im Schlafzimmer. Solche Taten geschehen meistens im Schlafzimmer. Die Leute kommen nachts nach Hause, sind betrunken oder stoned…«
    »Viel Blut, möchte ich wetten.«
    »Oh ja.« Bonnie versuchte sich aus Genes Griff zu befreien, aber es gelang ihr nicht.
    Lässig legte Gus die Füße auf den Tisch vor Gene. Er grinste. Kyle Lennox schaute in die Runde, als wollte er sagen: »Hab ich euch zu viel versprochen? Das ist eine Type, oder?«
    »Und diese Frau«, bohrte Gene Ballard weiter, »hatte die irgendwas an, als sie sie gesehen haben? Oder war sie nackt?«
    »Sie war… sie war unbekleidet.«
    »Sie lag also nackt und ohne Kopf auf dem Bett? Auf dem Rücken oder auf dem Bauch?«
    »Eigentlich möchte ich nicht über diese Details sprechen, verstehen Sie?«
    »Waren ihre Beine gespreizt?«
    Bonnie griff hinter sich und schob energisch seinen Arm weg. »Wie ich schon sagte, Mr Ballard, sind all diese Fälle Tragödien. Sehr persönliche Tragödien. Ich mache diese Arbeit nicht, um meinen Voyeurismus zu befriedigen.«
    »Hey, ich wollte Sie nicht beleidigen. Nichts für ungut. Ich bin nur an Ihrer Arbeit interessiert. Wir anderen hier sind doch alle nur mit Fiktion beschäftigt, mit Geschichten. Das einzige Blut, das wir zu sehen kriegen, kommt aus der Tube. Das, was Sie dagegen tagtäglich sehen, ist das richtige Leben.«
    »Hab ich schon mal gehört.«
    »Also was war das Grässlichste? Die Frau mit Körper, aber ohne Kopf? Oder vielleicht eine Frau mit Kopf, aber ohne Körper?«
    Gus Hanson brach in Gelächter aus. Kyle Lennox applaudierte. Bonnie sagte: »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden«, und stellte ihr Champagnerglas auf den Tisch. Gus wollte die Füße vom Tisch nehmen und stieß an das Glas, sodass es auf dem Marmorboden in tausend Stücke zerbrach und die Walderdbeeren herumkullerten.
    »Tut mir Leid«, sagte Bonnie. »Das war nicht meine Absicht. Sagen Sie mir einfach, was das Glas kostet und ich kaufe Ihnen ein neues.«
    Lächelnd schüttelte Kyle den Kopf. »Das war Waterford Crystal, kostet so um die hundertfünfzig Dollar, aber vergessen Sie’s einfach.«
    »Tut mir wirklich Leid«, murmelte Bonnie noch einmal und schob sich dann durch die Menschen im Wohnzimmer in Richtung Ausgang. Sie zog ein paar neugierige Blicke hysterisch kreischender Mädchen auf sich, dann war sie durch die Tür und stand wieder den zwei Teenagern vom Parkdienst gegenüber.
    »Hey, Sie gehen schon wieder.«
    »War ein Irrtum«, sagte Bonnie und versuchte dabei, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Hab mich in der Party geirrt.« Die Absätze ihrer Sandalen klackerten laut auf dem Asphalt, während sie auf dem Lincoln Boulevard davoneilte.
    »Bonnie«, rief hinter ihr Kyle Lennox, »Bonnie,

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