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Das Ist Mein Blut

Titel: Das Ist Mein Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrun Arenz
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tot aufgefunden wurde, kurz nachdem er mit Ihnen in Kontakt getreten war, sondern auch Elisabeth Baarer-Weiher überfallen wurde, und zwar unmittelbar nachdem Sie ihre Nachricht auf dem Anrufbeantworter erhalten hatten.«
    »Die blöde Kuh«, schrie Kahlert, wie schon am Morgen plötzlich unbeherrscht. »Was mussten die zwei sich auch einmischen?«
    Rainer frohlockte innerlich, er hatte den Mann zum Reden gebracht, die Chancen standen gut, dass er jetzt alles aus ihm würde herausholen können, was er wissen wollte. Er holte Luft, um etwas zu sagen.
    In diesem Augenblick klingelte ein Telefon. Mit Schrecken wurde Rainer klar, dass es sein eigenes Handy war, das er neben dem Holzruder und den Schuhen liegen gelassen hatte. Eva, dachte er leicht benommen. Sie würde wissen wollen, was los war.
    Kahlerts Blick schnellte zu dem alten Boot hinüber, er registrierte das Telefon, den abgebrochenen Riemen und die Schuhe – Schuhe, an denen verräterische Erde klebte – und setzte sich in Bewegung. Das Handy klingelte zum zweiten Mal.
    Kahlert war näher an den Sachen und erreichte sie schneller, aber Rainer war näher an der Tür des Schuppens und daher in der günstigeren Position. Dachte er. Das Telefon läutete zum dritten Mal, da hatte Kahlert das Handy und die Schuhe bereits ergriffen, und im nächsten Moment – jetzt geht gleich die Mailbox ran, dachte er noch – taumelte Rainer zurück. Er hatte die Schnelligkeit und körperliche Fitness seines Gegners völlig unterschätzt: Kahlert rammte ihn im Vorbeirennen heftig mit der Schulter, ohne merklich langsamer zu werden. In der nächsten Sekunde ging das Licht aus. Das vierte Läuten seines Handys hörte Rainer nicht mehr, weil im selben Moment die Tür mit lautem Krachen zugeworfen wurde. Dann saß er ratlos und leicht benommen im Dunkeln. Draußen im Regen entfernten sich Kahlerts Schritte.

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    »In der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s … desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab ihnen den und sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus: Das ist mein Blut des neuen Testamentes … das ist Mein Blut …« Herwig Römer starrte auf die Kritzeleien des vor ihm liegenden Blattes und schüttelte den Kopf. Die Predigt wollte nicht recht Gestalt annehmen. Wie auch? Er war sich nicht sicher, was er am nächsten Tag sagen sollte.
    Ein Mann tot. Das ist mein Blut. Eine lange zurückliegende Gewalttat. In der Nacht, da er verraten ward … Ein alter, müder Mann, der erschüttert war, weil ihm seine eigene Tochter misstraute. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert … Der Vater wird wider den Sohn sein und die Tochter wider die Mutter …
    Keine besonders frohe Botschaft. Der Pfarrer schob entschlossen seine Aufzeichnungen mit der fragmentarischen Predigt zusammen und beschloss, endlich nach Buchfeld zurückzufahren. Die Kinder übernachteten bei Freunden im Dorf, also wurde er im Haus nicht unbedingt gebraucht, aber langsam wurde es ihm auch zu langweilig, in der Polizeikantine zu sitzen. Er hatte sich dort zuletzt eigentlich nur noch aufgehalten, weil er warten wollte, bis der Regen endlich aufhörte – es musste ja wirklich nicht sein, bei diesem Wetter auf den Straßen herumzukurven. Mittlerweile war ihm aber klar geworden, dass der Regen in absehbarer Zeit nicht aufhören und er bis morgen früh hier sitzen würde, wenn er darauf wartete. Er stand auf, brachte den letzten einer Reihe von Kaffeebechern zurück und trat in den Eingangsbereich hinaus, wo er Eva Schatz gerade die Treppe herunterkommen sah. Mit einem Anflug stiller Freude stellte er sich auf einen weiteren Schlagabtausch mit ihr ein, weil er immer noch nicht fort war. Tatsächlich musterte sie ihn mit einem Stirnrunzeln, das aber eher nachdenklich wirkte. »Ach, Römer«, sagte sie abwesend und machte schon Anstalten, weiterzugehen, als ihr plötzlich etwas einzufallen schien. »Dich könnte ich vielleicht grad brauchen«, erklärte sie.
    »Wirklich?«, fragte er überrascht.
    Sie sah ein wenig finster drein. »Ja, du kannst mir einen Rat geben.«
    »Gerne, wenn du mir dafür bei meiner Predigt hilfst«, antwortete Römer mit unbewegter Miene.
    Eva merkte erst nicht, dass er sich über sie lustig machte, und war schon dabei, aufzubrausen, als sie das Zucken um seine Mundwinkel sah. »Oh, sehr komisch«, grummelte sie dann bloß.
    »Also, was gibt es denn?«
    Sie wies auf einen Winkel der Eingangshalle, wo eine

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