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Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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Sogar die Affen langweilen sich schon.« Er warf Kathryn van Hise einen Blick zu, als wolle er fragen: Ist er informiert?
    Der andere Kartenspieler betrachtete Chaney mit einiger Zurückhaltung, als wisse er nicht recht, wo er ihn einordnen solle. Er war ein älterer Mann. »Sie heißen Chaney«, wiederholte er. »Und Sie sind … was?«
    »Ich bin unfreiwillig hier«, antwortete Chaney und sah den älteren Mann zusammenzucken.
    »Mr. Chaney?« sagte die junge Dame rasch.
    Er drehte sich um. Sie war aufgestanden. »Miss van Hise?«
    »Wir hatten Sie früher erwartet, Mr. Chaney.«
    »Sie haben zuviel erwartet. Ich habe erst nach einigen Tagen einen Schlafwagenplatz bekommen und bin in Chicago über Nacht bei Freunden geblieben. Ich hatte es nicht eilig, den Strand zu verlassen, Miss van Hise.«
    »Schlafwagen?« wiederholte der ältere Mann. »Sie sind mit dem Zug gekommen? Warum sind Sie nicht geflogen?«
    Chaney grinste verlegen. »Ich fürchte mich vor Flugzeugen.«
    Der blonde junge Mann lachte schallend und zeigte auf seinen mürrischen Gefährten. »Luftwaffe«, erklärte er Chaney. »In der Luft geboren. Fliegt nur nach Gefühl.« Er schlug auf den Tisch, daß die Karten flogen. »Sie haben sich gleich gut eingeführt, Mister!«
    »Muß ich Abbitte tun?« fragte Chaney.
    »Mr. Chaney!« sagte die junge Frau tadelnd. Sie machte ihn mit den Kartenspielern bekannt.
    Major William Theodore Moresby war der Luftwaffenoffizier: ein Mann Anfang Vierzig, dessen Stirnglatze seine großen und etwas hervorquellenden grau-grünen Augen betonte. Seine Nase war scharf, knochig und nach einem Bruch nicht ganz gerade zusammengewachsen. Der Major hatte ein angedeutetes Doppelkinn und einen beginnenden Spitzbauch, den er zu verbergen suchte, indem er sein Hemd über der Hose trug. Moresby war völlig humorlos und schüttelte dem verspäteten Neuankömmling die Hand, als begrüße er einen Wehrdienstverweigerer nach seiner Rückkehr, aus dem kanadischen Asyl.
    Der jüngere Mann mit dem sonnengebräunten Gesicht war Korvettenkapitän Arthur Saltus. Er erklärte Chaney, er habe Verständnis dafür, daß es ihm schwergefallen sei, das Meer zu verlassen. Saltus war schon mit fünfzehn zur Marine gegangen; er hatte sein Alter falsch angegeben und sich gefälschte Papiere verschafft. Selbst in dem fensterlosen Raum kniff er die Augen leicht zusammen, als blicke er im Sonnenschein übers Wasser. Chaney fand ihn sympathisch.
    »Ein Zivilist?« fragte Major Moresby streng.
    »Jemand muß schließlich zu Hause bleiben und Steuern zahlen«, antwortete Chaney im gleichen Tonfall.
    »Anweisung von oben, Major«, warf die junge Frau diplomatisch ein. »Wir sollen auf ein ausgeglichenes Team achten.« Sie entschuldigte sich mit einem Blick bei Chaney. »Einige Senatoren waren nicht damit einverstanden, daß die ersten Raumflüge der NASA nur von Offizieren durchgeführt wurden. Deshalb sind wir angewiesen worden, für ein ausgeglichenes Team zu sorgen, um … äh … um keinen Anlaß zu Untersuchungen zu geben. Das Amt hält sich selbstverständlich an solche Direktiven.«
    »Übersetzung: Wir sind darauf angewiesen, daß der Kongreß uns weitere Mittel bewilligt«, warf Saltus ein.
    »Verdammt noch mal!« knurrte Moresby. »Schnüffeln diese Politiker etwa bei uns herum?«
    »Leider, Sir. Der Senatsausschuß, der unser Projekt beaufsichtigt, hat einen Verbindungsmann hierher entsandt. Das ist bedauerlich, aber einige Senatoren glauben, eine Parallele zu dem Projekt Manhattan zu erkennen, und fordern deshalb ständige Unterrichtung.«
    »Beaufsichtigung, meinen Sie«, knurrte Moresby.
    »Schon gut, schon gut, William.« Arthur Saltus spielte mit den Karten. »Dieser eine Zivilist kann uns nichts anhaben; wir sind ihm zwei zu eins überlegen – und er hat nicht einmal einen Dienstgrad. Das Schlußlicht der Mannschaft. Wenn wir es richtig anfangen, können wir ihm die ganze Schreibarbeit aufhalsen.« Er wandte sich an den Zivilisten. »Was sind Sie, Chaney? Astronom? Kartograph? Irgendetwas?«
    »Irgend etwas«, antwortete Chaney. »Forscher, Übersetzer, Statistiker, von allem etwas.«
    »Mr. Chaney ist der Verfasser des Indic-Berichts«, erklärte Kathryn van Hise den anderen.
    »Aha!« Saltus nickte. »Der Chaney.«
    »Mr. Chaney hat auch ein Buch über die Qumran-Schriftrollen geschrieben.«
    Diesmal reagierte der Major. »Der Chaney?«
    »Mr. Chaney wird gleich empört hinausstürmen und das Gebäude in die Luft jagen«, sagte Chaney. »Er

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