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Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Titel: Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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wir haben auch allen möglichen technischen Schnickschnack, aber irgendwie schafft sie es nicht, mir das beizubringen. Ich will Carsten eine CD mit der Johannespassion, vom Thomaner-Chor gesungen, brennen.
    Er hat neulich beim Abendbrot wieder mit dem »heiligen« Thema, wie wir es jetzt nennen, angefangen. »Wir könnten ja alle mal in die Thomaskirche zur Motette gehen. Da gibt es meistens wunderbare Musik von Bach zu hören. Und das alles in einer herrlichen Kirche.«
    Wenn er dachte, dass er da auf Gegenliebe stoßen würde, hatte er sich getäuscht.
    »Johann Sebastian Bach. Der berühmteste Sohn Leipzigs.« Mella äffte einen ihrer Lehrer nach und spielte Schule.
    »Die Musik ist toll … und mathematisch sehr interessant«, wurde sie von meiner Mutter unterbrochen. »Außerdem ist der Thomaner-Chor wirklich weltberühmt«, ergänzte sie noch, als wären wir ein bisschen blöd. In unserer Familie interessiert sich eigentlich keine für solche Musik. Obwohl wir gern und laut singen, vor allem im Auto. Aber dass der Thomaner-Chor weltberühmt ist, das weiß hier jedes Kind.
    »Ich finde Knabenchöre pervers«, legte Mella dreist nach. »Kleine, dicke Jungs mit hohen Stimmchen.«
    »Mella! Du hast doch keine Ahnung!« Meine Mutter wurde hörbar wütend.
    »Wir mussten uns in Musik Ausschnitte aus dem Weihnachtsoratorium anhören«, verteidigte sich Mella. »Die Musik war wirklich schön, aber das Besondere an den Knabenstimmen konnte ich echt nicht erkennen. Ist mir sowieso schnuppe.«
    Mella hatte einen extrem doofen Musiklehrer, jedenfalls hat sie das immer behauptet.
    »Wo hast du bloß die Vorurteile her?«, fragte Carsten. Darauf konnte er natürlich keine Reaktion erwarten. Nicht von Mella.
    »Was soll überhaupt eine Motette sein?«, gab ich mich verhandlungsbereit. Carsten tat mir manchmal leid. Immer wieder musste er bei uns auf Granit beißen, dabei wollte er uns doch nur zu was einladen, was ihm gefiel. Und irgendwie wäre es auch schön, wir würden ihm mal ein bisschen entgegenkommen. Und ich hatte wirklich keine Ahnung, was das sein sollte.
    »Eigentlich ist eine Motette einfach ein Musikstück mit Gesang, das früher bei den Leuten sehr beliebt war«, erklärte Carsten bereitwillig. »In Leipzig allerdings bedeutet es mehr. Hier ist es so was wie ein kleiner Gottesdienst mit einer kurzen Predigt und einem Gebet. Dazu singen die Thomaner. Das ist jeden Freitag und Samstag in der Thomaskirche und viele Leipziger hören zu und freuen sich. Ich bin da früher oft hingegangen. Und jetzt würde ich das eben gern mit euch zusammen machen.« Als er das sagte, hatte er richtig leuchtende Augen.
    Ich muss mich unbedingt mal umhören, ob da tatsächlich so viele Leute sind, wie er behauptet. Bis jetzt habe ich davon nichts gemerkt.
    Ich suchte die Augen meiner Mutter. Gehen wir dahin?, fragte ich sie ohne Worte.
    »Lass uns später noch mal darüber reden«, bot meine Mutter Carsten an.
    Carsten muss ein Fan von dieser Musik sein. Sie bedeutet ihm viel, und er versucht es immer wieder, uns da mit reinzuziehen. Ob wir irgendwann anfangen, uns daran zu gewöhnen, dass einer an unserem Tisch sitzt, der solche Sachen macht?
    Die Einstiegsfrage aber, ob wir mitkommen würden, haben wir an diesem Abend nicht eindeutig beantwortet. Ich denke aber manchmal daran.
    Später – beim Nachdenken über Weihnachtsgeschenke – ist mir das mit Bach und den Thomanern wieder eingefallen.
    Ich habe Babette gefragt, denn sie ist wirklich schlau und außerdem spielt sie Klavier: »Was würdest du deinem Stiefvater zu Weihnachten schenken, wenn es von Johann Sebastian Bach sein soll?«
    »Ich habe keinen Stiefvater.« Klar, dass sie das sagen würde. Mir lag eine böse Erwiderung auf der Zunge. Aber ich schluckte sie runter. Ich brauchte Babettes Kulturbildung.
    »Das Weihnachtsoratorium«, sagte sie dann gnädig.
    »Aber hat das nicht schon jeder?«
    Ich hatte allerdings noch nie nachgesehen, ob unter Carstens CDs das Weihnachtsoratorium war. Ich vermutete aber, dass dieses Teil – wenn Mella es sogar kannte – eine Art Evergreen sein musste und er es sicher schon hatte. Ich sagte nichts weiter, um nicht noch deutlicher zu verraten, wie ahnungslos ich war.
    »Eine Passion«, schlug Babette als Nächstes vor.
    »Eine was?«
    Ich kam ins Zweifeln. Bisher habe ich die Welt ganz gut verstanden. Ich habe es zwar schwer in der Schule, aber eigentlich ist mir noch nie aufgefallen, wie viele Lücken es in meiner Welt gibt.
    Eine

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