Das Jesus Sakrileg, Teil 1: Thriller (German Edition)
dadurch vielleicht unnötig in Gefahr gebracht? War er es noch würdig, dieses Amt weiterhin zu bekleiden?
Sein Vater hatte ihm gesagt, dass dieses Amt nicht nur äußerste Diskretion, sondern auch Bescheidenheit forderte.
Esther bemerkte die unruhigen Gedanken Kaans.
„Ich half bei deiner Geburt. Sei unbesorgt“, sagte sie mit ihrer mitfühlenden Stimme.
Kaan, der selten seine Gefühle zeigte, musste all seine Kraft aufwenden, sein Gesicht unbeeindruckt erscheinen zu lassen, so sehr hatten ihn diese Worte berührt.
Seine Mutter hatte ihm von seiner komplizierten Geburt erzählt und dass sie es einer Hebamme verdanken würden, dass beide noch lebten.
Diese Hebamme war Esther. Wer hätte das gedacht? Kaan fühlte sich ihr noch weitaus mehr verpflichtet, als er es je zuvor getan hatte. „Ein prächtiger Mann ist aus dir geworden. Du erinnerst mich stark an deinen Vater.“
Es war um Kaan geschehen. Ehrfürchtig ging er auf die Knie und konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Er wollte ihre Hand als Zeichen seiner Ergebenheit küssen.
„Sei nicht albern“, sagte sie lächelnd.
„Verzeihen Sie mir, aber … ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet … wie kann ich …“
„Wer bin ich denn, dass du meine Hände küssen solltest? Ich bin nur eine alte Dame , die sich nichts sehnlicher wünscht als Ruhe. Wenn du mir Dank erweisen willst, dann nenn mich Esther, wie es dein Vater tat.“
„Das werde ich von ganzem Herzen gern tun“, antwortete Kaan, den ein warmer Regen von Gefühlen überkam, wie er es nie zuvor erlebte.
Jetzt verstand er, warum sein Vater ihn all die Jahre eindringlich ermahnt hatte, seine Aufgabe nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Aber warum hatte sein Vater ihm nicht erzählt, dass er Kontakt zu ihr hatte? Es gab sicherlich seine Gründe. Gründe, die er mit ins Grab trug und die somit auch dort bleiben sollten.
Sie war eine Heilige. Und er, der angeblich auserkorene Wächter , hatte versagt. Das Buch war weg. Ali war nur ein einfacher Gauner, aber wer seine Auftraggeber waren, konnte Kaan nicht einschätzen.
Er hatte seinen Vater enttäuscht und Esther ebenfalls.
Sie hatte all die Jahre Kenntnis von ihm gehabt. Wie konnte er jetzt noch glauben, dass sie nicht wusste, dass er und seine Brüder versucht hatten, sie in all den Jahren zu beschützen?
Was für Beschützer waren sie, wenn ihnen nicht einmal auffiel, dass eine alte Dame sie bemerkt hatte?
Kaan schämte sich zutiefst. Er war dieser Aufgabe nicht mehr würdig. War er es je gewesen?
Esther bemerkte diese innere Zerrissenheit Kaans.
„Ich habe eine Bitte an dich.“
„Was darf ich tun, Esther?“
„Bring mir das Buch wieder. Du musst es finden, ehe es in gefährliche Hände gerät. Du weißt um seine Brisanz.“
„Wie soll ich diese Ehre annehmen können, wenn ich doch so kläglich versagt habe? Meinem Unvermögen ist es zu verdanken, dass es überhaupt dazu kam. Es tut mir leid, von ganzem Herzen, Esther, aber ich weiß nicht, ob ich dafür gut genug bin. Ich habe versagt und stehe in deiner Schuld. Wie kann ich dann dieser Ehre gerecht werden?“
„ Red nicht so einen Unfug, Kaan. Du hast nicht versagt. Du warst all die Jahre für mich da, wie dein Vater. Ich habe dich die ganze Zeit über beobachtet. Es hätte keinen Besseren als dich geben können. Deine Wachsamkeit bei mir zu wissen, war für mich der größte Schutz, den ich je hätte haben können. Dass nun so etwas passiert ist, dafür kannst du nichts. Willst du wirklich diese letzte Bitte einer alten Frau abschlagen?“
Wie konnte er es? Er sagte nichts, stattdessen trafen sich ihre Blicke.
„Gut. Du musst rasch Ali finden. Er ist der Schlüssel zu allem.“
„Ich weiß auch schon wie. Was machen wir mit dem Ami?“
„Du kennst ihn?“
„Ja, er war eine Geisel von einem Selbstmordattentäter. Ich rettete ihm das Leben. Ich hätte ihn nicht bei euch vermutet. Was macht er hier?“
„Er hat geschäftlich mit meiner Nichte zu tun.“
„Der arme Trottel. Welch dummer Zufall. Er sollte nicht hier sein.“
„Zufällig? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Auch wenn er manchmal ein wenig amerikanisch rüberkommt, scheint er ein herzensguter Mensch zu sein. Wir können ihn nicht wegschicken.“
„Welchen Nutzen soll er haben? Er kann unsere Sprache nicht, kennt das Land nicht und jeder erkennt den Ami in ihm. Er wird eher hinderlich sein.“
„Nun, jetzt ist er hier und das sollte dann wohl auch so sein. Versuch du
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