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Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Das katholische Abenteuer - eine Provokation

Titel: Das katholische Abenteuer - eine Provokation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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Paulus nannte den Körper den Tempel des Heiligen Geistes – immerhin Tempel –, doch die großen Asketen des frühen Christentums waren zunächst damit beschäftigt, den Körper und seine Begierden zu domestizieren.
    Die gar nicht prüde Renaissance zeigte Haut, zeigte Lust an Schmuck und Prunk und entwickelte eine durchaus anziehende Kultur der Eitelkeit, die erst mit der Aufklärung jäh an ein Ende kam. Die Puritaner, die kalten Verstandesmenschen, wollten über die Natur und die Sinne triumphieren, sie schlossen den Kragen der Frauen hoch und verbargen sie unter schwarzen bodenlangen Kleidern. Dass die Burka, die Ganzkörperverhüllung für muslimische Frauen, ausgerechnet im katholischen und aufgeklärten Frankreich verboten worden ist, ist eine der Pointen in der Sittengeschichte der Religionen. Und dass es auf der anderen Seite Frauen gibt, die um das Recht auf Verhüllung
kämpfen wollen, eine weitere. Da trifft insbesondere in Paris, der Stadt der Mode und der Genüsse, die libertäre Eitelkeit auf die organisierte Uneitelkeit, das System des Narzissmus auf die Dogmatik der Unterwerfung. Die Frauen allerdings werden das Spiel nicht mitmachen. Wer die Augen aufmacht, etwa in den Shopping Malls der islamischen Golfstaaten, sieht unter manchem schwarzen Schleier goldene Armreifen blitzen, sieht Nagellack, sieht sogar Ansätze von Spitze.
    Tatsächlich aber kann eine Betrachtung über Hochmut und Eitelkeit nicht ohne kurzen Rekurs auf die männliche Seite auskommen. Ist eigentlich schon Signor Presidente erwähnt worden, unser haartransplantierter, mehrfach gelifteter Silvio Berlusconi?
    Avaritia: Habgier und Geiz
    Habgier ist die salonfähigste Todsünde, und dabei eine, die vor kurzem fast die ganze Welt an die Wand gefahren hätte. Sie wird als Motor unseres Wirtschaftssystems verstanden. Wir haben die Habgier als Ansporn gefeiert, als Cleverness gerühmt, und plötzlich hat es »wrumms« gemacht, quer durch alle Schichten. Bis zu 30 Billionen Dollar sind in der Finanzkrise an Aktienkapital verbrannt worden, rund 60 Prozent des Aktienvermögens. Die Insolvenzen allein in Europa stiegen um 22 Prozent.
    Immer noch leicht benommen stehen wir da und fragen uns: Wie konnten wir diesem Dämon gegenüber, den die Alten »Mammon« nannten, so blind sein? Schütteln den Schmutz aus der Jacke. Und machen weiter. Offenbar können wir nicht anders. Schon wieder blähen sich gewaltige Schuldenblasen, schon wieder genehmigen sich Banker astronomische BonusZahlungen und stürzen sich in Risikogeschäfte, und die Profit-Fantasie hat den Wert einer gerade mal sechs Jahre alten Internetplattform eines 26-Jährigen auf 50 Milliarden Dollar hochgeblasen.

    Unter den Todsünden ist die Habgier des Menschen die verlässlichste. Sie entzweit Familien, führt Heere gegeneinander, legt Städte in Asche, rottet Völker aus, zerstört die Natur. Worauf man sich am ehesten verlassen kann bei der Habgier, ist ihre immense Schädlichkeit.
    Der antike König Midas bat Dionysos um die Gabe, alles in Gold zu verwandeln, was er berührte. Der Wunsch wurde ihm erfüllt, und Midas wäre verhungert, da auch das Brot, das er essen wollte, zu Gold geworden war, wenn Dionysos seine Gabe nicht zurückgenommen hätte. Nichts gegen Besitzstreben – schon Jesus lobte denjenigen, der sein Geld, seine Talente mehrte. Genauer gesagt: verdoppelte. Thomas von Aquin sah das Recht, Eigentum zu erwerben, als Zugeständnis an das Gemeinwesen an. Für den großen Nationalökonomen Adam Smith ist das Eigeninteresse die Triebfeder jeder Volkswirtschaft. Allerdings arbeitete er nicht nur über den Wohlstand der Nationen, sondern er legte auch gleichzeitig ein umfangreiches moralphilosophisches Werk vor. Smith erkannte: Ungeregelte Raffgier zerstört das soziale Gewebe.
    Bild 1
    Es blieb Karl Marx vorbehalten, im Kapital die Religion der neuen Zeit zu erkennen. Wer Geld besitzt, erwirbt auch dessen magische Qualität. Jede Ware, ob Hut, Hose oder Pferd, erfährt über ihren Gebrauch hinaus einen Fetischcharakter. »Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, dass sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken.« Die Ware übernimmt. Sie treibt uns und unsere Bedürfnisse vor sich her. Sie verschleiert sich und durchläuft Metamorphosen. »Wenn ich sechs Hengste zahlen kann, / Sind ihre Kräfte nicht die meine? / Ich renne zu und bin ein rechter Mann, / Als

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