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Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe

Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe

Titel: Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe
Autoren: Lesley Marie Milton
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war sie Alkoholikerin?
    „Lisa, ich wünsch dir jedenfalls gute Besserung und ich achte mal auf meinen Mann. Danke für den Hinweis.“
    Das war eine Spur zu schnippisch und Hanna schämte sich im selben Moment, doch andererseits verhielt Lisa sich schon etwas dreist.
    „Dank dir. Du bist doch nicht sauer, oder?“, piepste Lisa auf einmal unsicher und verschreckt. Was hatte Hanna da nur wieder mit ihrer großen Klappe angerichtet!
    „Nein, natürlich nicht, du kannst doch nichts dafür, wenn du krank bist. Wir sehen uns, wenn du wieder fit bist! Tschüss!“
    Schade. Hanna war enttäuscht. Weniger wegen Lisa, die ihr auf einmal etwas irre vorkam, sondern wegen der ganzen Mühe, die sie sich gemacht hatte. Den großen Esstisch im Wohnbereich hatte sie schon am Vorabend gedeckt und heute Morgen mit allerlei Köstlichkeiten bestückt. Ihre Haare hatte sie eingedreht und sogar so etwas Ähnliches wie Volumen in ihre dünnen Zottel bekommen und außerdem trug sie wieder den mörderischen Bauchweg-Body. Darüber hatte sie sich in ein figurbetontes, schwarzes Wickelkleid gequält und kniehohe Lederstiefel angezogen. Das Kleid schmeichelte ihren weiblichen Formen und seit langem fühlte sie sich endlich einmal wieder attraktiv und begehrenswert. Sören hatte davon nichts mitbekommen, aber sie hatte sich auch nicht für ihn, sondern für Lisa so hübsch gemacht. Sie wollte ebenso adrett wie ihre Nachbarin aussehen und das war ihr erstmalig gelungen. Nun stand sie da in ihrer Pracht und schaute ratlos aus dem Fenster. Ob sie in die City spazieren und ein bisschen Geld ausgeben sollte? Genau, sie würde extra einen Umweg machen und schauen, ob vielleicht eine andere Frau aus der Nachbarschaft auf den Beinen war. Vielleicht könnte sie diese dann mal eben locker-flockig zu einem zweiten Frühstück einladen.
    Hanna zog sich ihren knielangen schwarzen Steppmantel an und wickelte sich den grauen Lieblingsschal um den Hals. Wie zur eigenen Bestätigung nickte sie ihrem Spiegelbild zu. Sie würde sich nicht unterkriegen lassen, das wäre doch gelacht! Mit der neuesten Handtasche ihres favorisierten Labels bewaffnet, verließ sie das Haus und schloss die Tür ab. Lisa beobachtete Hanna argwöhnisch von ihrem Wachposten aus. Hatte Hanna sich etwa für sie so hübsch gemacht? So rausgeputzt hatte sie ihre Nachbarin ja noch nie gesehen! Vielleicht wäre es ein schöner Vormittag geworden. Sie hätten über Klamotten und Taschen plaudern können, über ihre Kinder und Männer. Aber Ingmar würde nie erlauben, dass sie sich mit Don Fettis Frau träfe.
    Allein die neue Straße entlang zu spazieren war ein komisches Gefühl für Hanna. Sie wusste, wie man sich verstellt, also ging sie locker und leicht lächelnd im ruhigen Schritt, einen Fuß nach dem anderen. Doch in ihr machte sich wieder dieses Gefühl der Unsicherheit breit. Warum hatte Lisa ihr diese fadenscheinige Ausrede aufgetischt? Und warum störte sie das überhaupt? Wollte sie wirklich mit dieser doch etwas einfachen Frau befreundet sein? Den Mann fand sie fast ein bisschen gruselig – statt Autoverkäufer hätte er auch auf dem Bau arbeiten können. Nein, das war doch gar nicht Sörens und Hannas Liga. Sie hatten sich bisher lieber mit Akademikern und natürlich Bänkern umgeben. Nicht, dass Hanna Rang und Namen wirklich von Bedeutung gewesen wären, aber sie gaben ihr Sicherheit.
    Sie war fast am Ende der Straße angekommen, als sie diese seltsame Frau sah, die ihr schon mehrmals aufgefallen war. Elaine Mahler hieß sie, das war aber auch schon fast das Einzige, was sie wusste. Sie lief in sehr ungepflegten Sachen herum, hatte ihre Haare lieblos zusammengebunden, aber ihre Bombenfigur konnte man trotzdem erkennen. Auf die Figur anderer Frauen achtete Hanna immer, ob sie wollte oder nicht. Hanna kam näher an das Haus dieser Elaine, die offenbar vor ihrer eigenen Haustür eine Zigarette rauchte. Sie trug eine ausgebeulte Jeans und eine viel zu große Jacke. Die Jacke sah aus wie eine Herrenjacke, die Sören vielleicht zur Gartenarbeit tragen würde. Wenn er nicht ohnehin einen Gärtner beschäftigen würde. Die Frau war barfuß und trug irgendwelche Latschen. Und das bei dem Wetter! Hanna beschleunigte ihren Schritt. Elaine hatte die neue Nachbarin noch gar nicht bemerkt und als es soweit war, war es zu spät um schnell zurück ins Haus zu huschen.
    Hastig drückte Elaine den Zigarettenstummel mit der Fußspitze aus.
    „Morgen!“, grüßte sie hastig und hielt sich die
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