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Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)

Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)

Titel: Das Kind, das tötet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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Blut, ihre Haare. Er sah die Worte des letzten Briefes, und er begriff, dass diese Worte die Wahrheit die ganze Zeit in sich getragen hatten: wer sie geschrieben hatte und warum.

S ie braucht eigentlich gar nicht hinzusehen, um es vor Augen zu haben. Aber sie versucht es jetzt mit den Augen ihres Mannes zu betrachten, das Bild mit dem in Einklang zu bringen, was sie beide vielleicht erwartet hätten.
    Die Frau ist dünn. So viel ist in ihren Erbanlagen festgeschrieben. Aber nicht besorgniserregend dünn oder hager. Nur, wie Megan findet, eine etwas zu schlanke Größe 38. Ein, zwei Pfund mehr hätten nicht geschadet, besonders auf den schmalen Hüften, aber insgesamt wirkt sie fit und gesund.
    Ihr Haar ist dunkel gefärbt. Sie trägt einen kurzen, jungenhaften Schnitt, der nicht unbedingt Megans Geschmack entspricht, aber Haare wachsen wieder, und Moden wechseln. Sie erinnert sich an einige ihrer eigenen Frisuren aus ihrer Jugendzeit. Die Dauerwellen zum Beispiel. Mein Gott, die Dauerwellen.
    Die Blässe ist verflogen. Ihre Haut hat einen so lebendigen Ton und ihre Sommersprossen zeichnen sich darauf so deutlich ab, dass Megan zuerst besorgt war. In diesem Land sieht man so eine Hautfarbe eigentlich nur bei Menschen, die die meiste Zeit im Freien verbringen. Gärtner zum Beispiel oder Straßenkehrer. Straßenkinder. Doch sie sagte sich schließlich, dass ihr Teint etwas Positives ist. Hätte sie keinerlei Farbe, würde ihr das größere Sorgen bereiten. Und außerdem ist das Foto offenbar im Sommer aufgenommen worden, so grün, wie die Bäume waren. Letzten Sommer. Es ist also aktuell gewesen, als Megan es zum ersten Mal gesehen hat.
    Hätte Leo sie erkannt, wenn er ihr auf der Straße begegnet wäre? Megan? Die Antwort macht ihr jedes Mal aufs Neue Angst. Würde man die Frau zum Beispiel neben eins der Phantombilder stellen, die sie haben zeichnen lassen, würde man nicht glauben, dass man ein und dieselbe Person vor sich sieht. Ellie hätte ihr Gesicht an einem Laternenmast entdecken können, ohne zu merken, dass sie gerade sich selbst ansah.
    Megan setzt sich anders hin, um den Schauder zu verbergen, der sie durchfährt.
    »Wer ist das?«
    Sie sieht kurz zu Leos Fingerspitze, die auf das Kinn weist, das auf der Schulter ihrer Tochter liegt. Dann sieht sie wieder auf die Straße.
    »Ihre Freundin. Samantha. Vielleicht mehr als nur eine Freundin – ich bin noch nicht ganz dahintergestiegen.«
    »Hast du sie schon kennengelernt?« Leo wendet den Blick nicht von dem Foto ab.
    »Nein. Aber sie redet andauernd von ihr.«
    Leo schüttelt leicht den Kopf und stößt Luft durch die Nasenlöcher aus; eine Angewohnheit, die ihr im Verlauf dieser Autofahrt schon vertraut geworden ist.
    »Sieh mal«, sagt er. »Wie sie grinst.« Ellie meint er. Ihre Tochter. »Weißt du noch, wie sie früher auf Fotos war? Was sie da immer für ein Gesicht gezogen hat? Man musste ihr regelrecht auflauern, wenn man mal ein Bild von ihr machen wollte. Weißt du noch?«
    Ja, sie erinnert sich. Sie lächelt.
    Noch einmal schüttelt Leo den Kopf. Er sieht zum Fenster hinaus und scheint zum ersten Mal überhaupt wahrzunehmen, wo sie sind und wohin sie fahren. Er sieht auf die Autobahn und runzelt die Stirn. »Sind wir bald da?«
    Megan lacht bloß.
    »Was denn?«
    »Nichts«, sagt sie, und kurz darauf: »In einer Stunde, würde ich sagen. Vielleicht etwas eher. Hast du Hunger? Gleich kommen ein paar Raststätten.«
    »Nein. Fahr weiter. Oder soll ich mal?«
    Megan führt die Hände auf dem Lenkrad zusammen. »Geht schon.« Sie sieht kurz zu Leo hinüber, und er bemerkt ihren Blick.
    »Was ist?«, fragt er noch mal. »Stimmt irgendwas nicht?«
    Diesmal versucht sie nicht, ihren Ärger zu verbergen. »Wie nett von dir«, sagt sie. »Dass du auch mal anbietest zu fahren.« Sie starrt auf den Asphalt.
    »Was denn? Was ist daran falsch? Du bist sicher müde. Ich hätte es dir früher anbieten sollen.«
    »Du weißt genau, was ich meine.« Als sie noch einmal zu ihm hinüberschaut, sieht sie, dass es stimmt.
    »Sieh mal, Meg. Sie hat dir geschrieben. Nicht mir.«
    Megan erwidert nichts.
    »Du hast nur getan, worum sie dich gebeten hat. Daraus kann ich dir kaum einen Vorwurf machen.«
    Sie schüttelt den Kopf, atmet aus. Leo dreht sich weg, als könnten sie es seinetwegen gern dabei belassen.
    Megan sieht das anders. »Ich hatte nicht das Recht dazu.«
    »Meg …«
    »Nein, wirklich nicht! Wenn du es gewesen wärst … Wenn du ich gewesen

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