Das Koenigreich des Sommers
Augen fixierten mich, und wenn man ihn anschaute, fror man genausosehr, als wenn man Morgas anschaute. »Agravain hat sie getötet, weil sie Lot durch Zauberei ermordet hat.«
Medraut lachte. »Agravain! Ein wimmerndes Hündchen, ein Feigling, den man schon nach seiner Geburt hätte ertränken sollen! Wenn sie bei Sinnen gewesen wäre, dann hätte sie ihn mit einem Fingerschnippen von der Erde auslöschen können. Oh, er hat vielleicht das Schwert gehalten, aber das Herz, das die Tat geschmiedet hat, und das Gehirn, das sie geplant hat, die gehören Gawain. Mögen die Hunde von Iffern sein Herz und Hirn verschlingen, in alle Ewigkeiten, von denen wir träumen können, schlafend oder wachend. Er hat sie umgebracht.«
Rhuawn schüttelte verwundert den Kopf. »Rhys.« Und ruhig fuhr er fort: »Rhys, ist das wahr?«
»Agravain hat die Königin getötet«, bestätigte ich. »Er hat es getan, um seinen Vater zu rächen. Gawain war da, ehe Agravain ankam, aber er hat nur mit Morgas geredet und ist wieder gegangen. Ich war dabei, und ich ritt mit Gawain weg. Auch Medraut war da. Mein Herr hat sie nicht umgebracht, obwohl es leicht und wünschenswert für ihn gewesen wäre, das zu tun.«
»Nein.« Medraut legte eine Hand flach an die Wand und schaute mich starr und strahlend an. »Nein. Er hat meine Mutter nur zerbrochen, sie beiseite geschleudert. Und dann ist er gegangen. Er hat ein paar Männer aus der Truppe meines Vaters getötet, seine Vettern. Dann ist er weggeritten, mit dir. Warum sollte ich mich mit dir streiten? Ich bin gekommen, um dich zu fragen, wo er ist.«
»Er redet mit Agravain.«
»Und zusammen waschen sie die Hände in ihrem Blut und freuen sich. Sie sagen, wie wohlgetan das alles war und daß jetzt die Erde frei ist von einer großen Zauberin. Rhuawn!« Medraut wirbelte zu ihm herum, sein Gesicht war bleich, aber seine Augen strahlten noch mehr. »Ich habe dir gesagt, er wäre wahnsinnig. Siehst du, was passiert ist, nachdem wir ihn nicht unschädlich gemacht haben? Mord, Mord an seiner Familie, Mord an seiner eigenen Mutter, meiner Mutter, neben deren Schönheit die ganze Welt blaß und unbedeutend aussah. Meine Mutter, die befahl, und dann verneigten sich die Sterne am Himmel! Sie ist tot. Oh, bei der Sonne, dem Blut und dem Schwert, und. Aber so ist es besser. Er hätte sonst noch Schlimmeres getan. Sie hat mit ihm geredet, und er hätte noch Schlimmeres mit ihr gemacht, aber.« Seine Worte erstarben in einem Schmerzensschrei und er stand bewegungslos da und kniff die Augen zusammen. Er spielte den Schmerz für Rhuawn. Es sah wirklich genug aus und viel überzeugender, als er je geschauspielert hatte. Rhuawn ging zu ihm hinüber, nahm ihn am Arm.
»Komm, setz dich«, sagte Rhuawn. »Es ist fürchterlich, ich weiß, wenn man innerhalb von drei Tagen beide Eltern verliert. Dennoch, Vetter, man muß weiterleben. Rhys, besorg ihm etwas zu trinken.« Als ich mich nicht bewegte, riß Rhuawn den Kopf hoch und starrte mich an. »Glaubst du jetzt noch immer Gawain?«
»Ich war dabei«, sagte ich. »Gawain hat sie nicht getötet. Und ich bin sicher, sie hätte ihn getötet oder Medraut, wenn sie gedacht hätte, es könne ihr helfen.«
»Du lügst!« Medraut sprang wieder auf. »Mich hätte sie nie umgebracht. Sie hat es mir gesagt. Mich nicht! Sie, sie. Gott, aber ich werde dich töten und Gawain und Artus. Besonders Artus.«
»Still. Mein Herr Artus hat nichts damit zu tun.« Rhuawn war verwirrt. »Rhys, hol ihm etwas zu trinken. Medraut, mein Herr Artus ist nicht dein Feind.«
Medraut schaute ihn an und begann zu lachen. Ich ging, um Met zu holen, und Eivlin kam mit.
Saidi ap Sugyon war diesmal noch weniger erfreut, als er uns sah, aber er gab uns eine weitere Flasche Met. Ich nahm die Flasche und zwei weitere Becher und ging zurück zur Hütte, aber Eivlin sagte ich, sie solle Gawain suchen und ihm sagen, was passiert sei. Agravain mußte jetzt eigentlich ruhig genug sein, um schlafen zu können, wenn er nicht total betrunken war. Und bei Medraut war ich nicht sicher. Dem war alles zuzutrauen.
Außer dem Zischen des Feuers war in der Hütte nichts zu hören, als ich zurückkam. Medraut hatte offenbar nicht den Wunsch, sich trösten zu lassen. Rhuawn hockte wieder vor dem Feuer und stocherte mit seinem Stock darin herum, während Medraut auf dem Bett saß und wieder entspannt und beherrscht aussah. Den Blick hatte er auf den Boden geheftet, und die Finger krallten sich lose um das Heft seines
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