Das Koenigreich des Sommers
Schwertes. Als ich hereinkam, warf Rhuawn seinen Stock ins Feuer, nahm mir die Flasche Met ab und schenkte sich und Medraut einen Becher ein. Medraut warf einen Blick auf den angebotenen Trunk, also stellte Rhuawn den Becher vor ihn hin und ging wieder zum Feuer.
Gawain kam nur ein paar Minuten später. Eivlin drückte sich hinter ihm herein. Er blieb in der Tür stehen und wartete.
Medraut stand langsam auf. Seine Hand lag noch immer am Schwert, und sein Blick war unerschüttert. Gawain begegnete ihm gleichmütig, obwohl auch seine Hand zum Schwertgriff glitt. »Medraut.« Er sprach den Namen sehr sanft aus. »Du wolltest mich sehen.«
»Rhuawn.« Medraut wandte den Blick noch nicht ab. »Ich will mit meinem Bruder unter vier Augen sprechen.«
»Natürlich.« Rhuawn ging zur Tür, blieb dann stehen. »Vetter, wenn du mit uns nach Camlann kommen willst, mein Herr Artus bietet jedem reiche Gastfreundschaft. Dort wäre ein Platz für dich. Und Freunde, ich selbst darunter. Es wäre für dich vielleicht gut, einmal ein anderes Land zu sehen und die Vergangenheit zu vergessen. Ich warte unten am Hügel. Ruf, wenn du Hilfe brauchst.«
Medraut nickte, aber er schaute ihn nicht an, und Rhuawn drückte sich an Gawain vorbei nach draußen.
Eivlin schaute mich an. Ihr Gesicht war bleich. Als ich nickte, folgte sie ihm nach draußen und schloß die Tür hinter sich. Ich blieb. Vielleicht gab es nur wenig, was ich tun konnte, aber unten am Hügel zu warten, die Entfernung schien mir einfach zu groß.
Gawain warf einen Blick auf mich und runzelte ein wenig die Stirn. »Es ist nicht nötig, Rhys.« Ich kreuzte die Arme über der Brust und lehnte mich beim Feuer an die Wand. »Dann laß also deinen Hund bleiben und dich bewachen«, sagte Medraut. »Es ist unwichtig, ob er oder irgendein anderer hört, was wir sagen.« Er holte tief Atem, und das Gold glitzerte auf seinem Schwertgehänge und seinem Halsreif. »Ich wollte nur sehen, was du zu der Wahrheit, der einfachen Wahrheit zu sagen hast. Du hast Mutter umgebracht.«
»Ich?«
»Ja, du. Oh, ich weiß, Agravain hat das Schwert geführt. Aber wenn du sie nicht mit dem anderen Schwert gebrochen hättest, mit deinem Schwert, dann wäre sie noch am Leben. War es süß für dich, das Herrlichste zu vernichten, was die Welt je getragen hat?«
»Medraut. Es war nicht süß, sondern sehr bitter- und dennoch, ich habe sie nicht getötet.«
»Tod und Niederlage, das ist das gleiche, besonders für sie. Und die Schuld hast du auf dich geladen, ob du ihr nun ausweichst oder nicht. Ich weiß es. Das ist es, was ich dir sagen wollte.« Er war unendlich kalt und von ruhiger Eleganz.
Gawain trat langsam an ihn heran. Er blieb stehen, als er nur noch einen Fuß von ihm entfernt war. Auch er war völlig ruhig, aber es war die Ruhe, die über einen Kranken kommt, wenn der Schmerz so groß und so ermüdend ist, daß er aufhört, dagegen anzukämpfen. Seine Stimme war ganz fest. »Vor Gott schwöre ich dir, daß mein Herz, als ich euch verließ, keine Böswilligkeit gegen euch empfand. Früher hätte ich sie vielleicht getötet, aber du selbst hast gesehen, was daraus wurde. Medraut, sie ist tot. Und du hast gesehen, noch ehe wir am Ende gegen sie kämpften, wie wenig du ihr bedeutetest. Laß sie. Es war ein langer, dunkler Traum, Bruder, aber jetzt ist er zu Ende. Wenn du aufwachen willst, ist die Nacht vorbei.«
»Die Nacht ist wirklich, und dein Tag ist nur eine Täuschung. Was ich Rhuawn sagte, das ist wahr. Du bist wahnsinnig, Bruder, du jagst einer Illusion nach und vernichtest die Wirklichkeit. Eines Tages werde ich dein Camlann einnehmen, ich werde deinen Herrn Artus und deine geliebte Familie besiegen und alles in Stücke schlagen, und dann bekommt die Nacht, was ihr zusteht.«
»Dann wirst du das Schönste und Leuchtendste in diesem dunklen Westen zerbrechen. Vergiß die Finsternis, Medraut. Einmal hat dein Herz an anderen Dingen gehangen. Ich weiß, du hast einmal anderes geliebt als die Macht und Morgas. Medraut, ich habe an dich gedacht. Seit ich gegangen bin, habe ich immer und immer wieder an dich gedacht und mich gefragt, was sie wohl mit dir machte. Ich habe gebetet, daß du dich befreien könntest. Kannst du jetzt nicht aufwachen?«
»Ich bin aufgewacht. Sie ist tot. Und was die Liebe angeht, Bruder, ich habe dich einmal geliebt. Deshalb hasse ich dich jetzt um so mehr.« Medrauts Mund verzog sich wieder zu diesem spöttischen Lächeln, und seine Augen glitzerten. Sein
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