Das Königsmädchen
und sie sprachen über das Pferd, das sie verschenken wollte, und verpassten unterdessen die Vorstellungen der anderen Mädchen. Ich wunderte mich darüber, dass er mir noch nie erzählt hatte, dass er Karthane kannte.
Nach einer Weile verabschiedeten Kinthos und ich uns von Karthane und machten uns auf den Heimweg. Es ging steil bergauf, weshalb wir sehr langsam gingen.
»Kinthos, woher kennst du Karthane?«
»Sie züchtet ganz besondere Pferde. Also eigentlich ihr Mann, Hammas.« Er zögerte einen Moment und sein Blick wirkte plötzlich traurig. »Hammas ist im Krieg gefallen, als er unter meinem Vater gedient hat. Seitdem kümmern sich Karthane und ihr Sohn allein um die Pferdezucht.« Kinthos zog den Mund schief. »Die Pferde sind wahnsinnig schnell und sehr ausdauernd. Tolle Tiere. Mittlerweile besteht der komplette Stall des Tempels aus Hammas Noir.«
»Ja, das war wirklich ein sehr schöner Hengst.«
Als wir auf dem Rückweg wieder zu den Kriegern kamen, kündigten wir uns von weitem an, damit sie uns nicht für Eindringlinge hielten. Sie waren überrascht, dass Kinthos im Dorf gewesen war, ohne von ihnen beschützt werden zu wollen. Und dass ich an seiner Seite war, beunruhigte sie obendrein. Aber sie würden es bei den Jungfern nicht melden können, da sie sich sonst einer Strafe unterziehen würden – schließlich waren sie unaufmerksam gewesen. Sie ließen uns passieren.
Auf dem Plateau zum Tempel brannte an keiner der Hütten mehr Licht und ich konnte nur durch die Beleuchtung in der Kapelle erkennen, wo ich langgehen musste.
»Wir sehen uns morgen beim Abendessen … Vielen Dank für diesen schönen Ausflug.«
»Gerne, wir werden noch einige machen!« Ich glaubte, er zwinkerte mir zu, doch ich konnte es nicht genau erkennen. Ich wand mich um und ging los.
»Lilia?«
»Ja?« Ich drehte mich um und plötzlich stand Kinthos direkt vor mir. Er umarmte mich.
»Lilia, ich bin froh, dass du bald bei mir im Tempel bist, auch wenn du es nicht willst.« Mein Herz klopfte wild gegen die Brust.
»Doch, ich freue mich auch.« Ich drückte mich an ihn, bis mir plötzlich einfiel, warum ich in den Tempel musste. Nun schämte ich mich ein bisschen, löste mich von Kinthos und trat schnell ein paar Schritte zurück. Er schüttelte lächelnd den Kopf und verschwand. Heimlich schlich ich mich in mein Zimmer, entkleidete mich und ging ins Bett. Ich lag noch lange grübelnd wach. Verwirrt von den Gefühlen, die Kinthos heute in mir hervorgerufen hatte, fiel ich schließlich in einen tiefen Schlaf.
Z wei
Zärtlich streichelten mich die ersten Sonnenstrahlen im Gesicht, als ich am nächsten Morgen erwachte. Ich hatte nur einen Wunsch, bevor ich am Abend für unbestimmte Zeit in den Tempel ziehen würde: Ich wollte die Sonne spüren und noch einen letzten Tag in Freiheit genießen. Freiheit blieb mir sicher für die nächsten Tage, Wochen, vielleicht sogar Jahre verwehrt. Sollte ich Kinthos’ Frau werden, würden mir die Wachen wahrscheinlich für immer auf Schritt und Tritt folgen.
Mit einem Lächeln auf den Lippen flehte ich meine Mutter an, mir zu erlauben einen Ausritt zu machen.
»Bitte, ich möchte nur noch einmal in den Wald. Wer weiß, wann ich das nächste Mal wieder dazu komme. Du weißt doch, wie gerne ich im Wald bin. Ich bleibe auch in der Nähe.«
Das war gelogen und ich war mir sicher, dass sie es wusste. Mein Ziel war der Fluss und ich würde auch dann dorthin reiten, wenn sie es nicht erlaubte.
Sie überlegte mit gerunzelter Stirn.
»Na gut, aber denk daran, dass die Felsen Kwarr Marrhs verboten sind. Dort hat man Thymus und seine Männer gefunden.«
Viele Krieger patrouillierten derzeit im Wald, ich würde aufpassen, nicht von ihnen entdeckt zu werden. Sicherlich würden sie dann Fragen stellen.
»Sei gegen Nachmittag zurück, du musst noch baden und packen. Außerdem werden wir heute wieder versuchen, dich in eine elegante Frau zu verwandeln.« Sie lachte.
Ich nickte und lief hinters Haus. In Windeseile sattelte ich Vaters alte Stute. Meine Haare fielen mir ins Gesicht und ich überlegte, wie ich sie zurückbinden konnte. Mein Blick ging zu dem Stoff an meinem Arm. Schnell nahm ich das eine Ende vorsichtig zwischen die Zähne und löste den Knoten. Dann raffte ich die Haare zusammen und band die grüne Seide fest darum.
Vorsichtshalber steckte ich noch ein Messer ein, ich könnte unterwegs gut ein paar Blumen und Zweige für meine Mutter pflücken, darüber würde sie sich sicherlich
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