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Das kommt davon, wenn man verreist

Das kommt davon, wenn man verreist

Titel: Das kommt davon, wenn man verreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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sie:
    »Dreht
euch nicht um,
    der
Bobbo geht um.
    Und
Rieke ist dumm.«
    »Nicht dumm«, widersprach er.
    »Doch dumm«, widersprach sie ihm.
    »Warum?«
    Rieke sang:
    »Vera
kommt nach Mexiko.
    Bobbo
ist darüber froh...«
    »Nö«, sagte er. »Nicht froh, nicht traurig. Im
Grunde ist es mir ziemlich Wurscht. Wir haben uns ohne Ärger getrennt,
verstehst du?« Er hängte einen Arm über ihre Schulter. »Es war ganz lustig mit
ihr damals in München. Und ich gebe zu, ich war blödsinnig verknallt, weil...
ja, warum? Irgendwo hat Pepe recht, wenn er behauptet, ich wäre — was Mädchen
anbelangt — manchmal ein bißchen naiv.«
    Und dann trödelten sie weiter, eng umschlungen,
das war manchmal schwierig, schon wegen der Taschen und des Bildes und des
unebenen Pflasters, sie gerieten aus dem Gleichgewicht, aber keinen Augenblick
aus dem Arm des andern...
     
    Später sich daran erinnern, wie das war auf der
staubigen Landstraße mitten in Mexiko — ein Ölbild unterm Arm — und sich küssen
und niemals damit enden wollen — und dabei diesen Wind im Ohr, diesen von
weither kommenden, warmen Wind...
     
    In einem Linienbus, umgeben von kinderreichen
Familien und ihren Freßkörben, reisten sie nach Mexico City zurück. Zum
erstenmal in einem Bus und nicht in einem Auto. Es war herrlich. Bob mußte
nicht länger seine Aufmerksamkeiten zwischen Rieke und der Straße teilen.
    Kinder tobten auf dem Gang. Hinter Riekes Sitz
stand ein Knabe mit lockerem Husten und saftigen Hochziehern. Sie erfolgten in
voraussehbaren Abständen. Das Warten auf diese Hochzieher versetzte Bob und
Rieke in eine alberne Stimmung.
    Ohne den Grund ihrer Fröhlichkeit zu kennen,
lachten die umsitzenden Hochlandbewohner mit.
    Auf das Busdach prasselte Gewitterregen. Die
Scheibenwischer machten lauthals Pf pf pf, weil preßluftig betrieben.
    Im Autoradio wurde ein Fußballspiel übertragen,
das sämtliche männliche Fahrgäste — außer Bob — in den vorderen Busteil lockte.
Sie hingen wie ein Bienenschwarm um den Sitz des Fahrers, der kaum noch sein
Steuerrad bewegen, geschweige denn schalten konnte, aber dennoch unvermindert
schnell durch das Aquaplaning der überschwemmten Landstraße schiffte.
    Die Aircondition fauchte Eiswinde durch den Bus.
Haare wehten. Bob und Rieke zogen alles übereinander, was sie in ihren
Reisetaschen fanden. Zuletzt banden sie sich Handtücher um den Nacken.
    »Was sagen wir eigentlich deinem Vater? Die
Wahrheit oder lieber nicht?« fragte Rieke.
    »Das beste für alle ist es, wenn wir Pepe nicht
gefunden haben. Das erspart neue Kräche zwischen ihm und Isabella, und im
Grunde hat sie ja recht, wenn sie Pepe hilft, in Mexiko zu bleiben. Was soll er
wirklich auf einem deutschen Internat!?«
    Die Masse der Fußballfans, die am Radio des
Busfahrers klebte, ächzte auf. Irgend etwas Fürchterliches mußte ihrem
Favoriten zugestoßen sein.
    Bob flog auf Rieke, als der Bus plötzlich scharf
nach links ausscherte und einen anderen Bus überholte. Das war der Auftakt zu
einem atemberaubenden Busrennen bergauf und bergab und rum um die Kurven. Die
Passagiere flogen wie Bälle umeinander. Keiner kam auf die Idee, sich deshalb
beim Fahrer zu beschweren.
    Warum auch.
    Diese Bevölkerung besaß eine stoische Geduld.
Sie fand sich mit den Gegebenheiten ab.
    Nach einigen Stunden glitzerte die City vor
ihnen, wuchs in die Breite und die Hügel hinauf.
    Bob holte Malinches Bild unter seinem Sitz
hervor und legte es Rieke auf den Schoß.
    Sie sah ihn fragend an.
    »Für dich«, sagte er.
    Sie sah ihn noch einmal fragend an.
    »Nimm’s als Erinnerung an die Karibik, aus der
nun leider nichts mehr wird.«
    Rieke begriff. Das Bild hatte Bob so viel
gekostet wie zwei Hin- und Rückflüge plus fünf Tage Halbpension am Meer.
    »Ach, weißt du«, sagte sie, »im Grunde ist es
völlig Wurscht, wo wir sind. Hauptsache, wir sind zusammen. Und gemütlicher als
in diesem Bus ist es am Strand bestimmt nicht... oder?«
     
     
     

9
     
    Nach wenigen Tagen flitzte Herodes auf drei
Beinen genauso schnell durch das Haus wie Isabellas Hündchen, die ihn
haßerfüllt verfolgten.
    Er war nur gewitzter als sie. Darum erwischten
sie ihn nicht.
    Gegen den Willen seiner Frau hatte Herr Taschner
ihm erlaubt, bei ihnen Hund zu werden.
    Nun ging es ihm gut. Er hatte gepolsterte
Schlafmöglichkeiten, vier Mahlzeiten am Tag — seine eigene und die der drei
Zierhündchen.
    Herodes hatte wirklich Glück gehabt; wenigstens
einer. Aber immer öfter lag er auf

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