Das Kreuz der Kinder
gehen so weit, ihm diesen mit dem
aberwitzigen Argument zu schmälern, er habe ihn nicht
mit der Ehre des Schwertes errungen! Aber auch der
Sultan El-Kamil muß – hinter seinem Rücken –
Schmähungen ertragen: Für keinen Preis der Welt hätte er
die heilige Stätte »von der aus der Prophet aleihi salam –
zum ›Al-Buraq‹, seinem Nachtritt, aufgefahren« den
Christenhunden aushändigen dürfen! So ernten beide
keinen Dank, sondern nur Verleumdungen und Mißgunst.
So, wie ich die Lage einschätze, wird das
Friedensabkommen nicht von langer Dauer sein. Stirbt
einer der beiden toleranten wie friedliebenden Herrscher,
werden ihre Nachfolger – oder andere – schon dafür
sorgen, daß der Kampf fortgesetzt wird. Es geht auch gar
nicht um Jerusalem, wie wir Schwärmer uns einst
einbildeten: Die christliche Seefahrt allen voran die
Republiken Venedig und Genua –, aber auch die seßhaft
gewordenen Adelsfamilien profitieren von den Handelsmonopolen in den Küstenstädten schon so lange, daß sie
sich an die ständig sprudelnden Einkünfte, an den
Reichtum ihres Besitzes gewöhnt haben und ihn für ihr
gottgegebenes Recht ansehen. Dem Islam können diese
Invasoren mit der Präpotenz ihrer Missionare nur ein
ewiger Stachel im Fleisch sein – bis zu dem Tag, an dem
sie ihn mit vereinten Kräften höchst schmerzhaft
herausreißen und ins Meer werfen! Das, so hoffe ich, muß
ich nicht mehr erleben!
Mit größter Genugtuung nahm ich von Euch zur Kenntnis,
daß der Hafside nicht nur unter den fanatischen Ulamat von
Kairouan aufgeräumt hat – auch ich hätte sie, schon zum
Andenken Eures Vaters, des von mir hochgeschätzten Kazar
Al-Mansur, ausgeräuchert und jeden von ihnen über die
Klinge springen lassen! –, sondern, daß er auch den
Obereunuchen aus Tunis verjagt und einen seiner eigenen
zahllosen Söhne dort als ›seinen‹ Statthalter eingesetzt hat.
Daß er sich jetzt als Stammvater sieht und sich ›Abu Hafs‹
nennt, deutet doch sehr darauf hin, daß sich am ›Horn von
Iffriqia‹ eine neue Dynastie etabliert, die der ›Hafsiden‹. Wie
ich den Alten kenne, wird er aber nicht nur die
Oberherrschaft des fernen – und seit seiner Niederlage von
Las Navas de Tolosa stark geschwächten – Sultans von
Marrakesch abschütteln, sondern sich in Zukunft auch von
Euch in Kairo nicht mehr dreinreden lassen! Mahdia sitzt
dann nicht länger zwischen zwei Stühlen, sondern ist weit
genug von beiden Thronen entfernt gelegen, daß es unter
einer starken Hand und einem klugen Kopf seine
Unabhängigkeit erringen und bewahren kann.
Kürzlich besuchte mich unser alter Freund, der Chevalier
Armand de Treizeguet. Er hat nach all den Jahren
mühseliger Verhandlungen zwischen Sultanshof und
Palermo nunmehr Friedrich den Dienst aufgekündigt. Litt
er doch wie kein anderer unter der schier endlosen Kette
von Verhinderung wie der Sultan es wünschte –,
Durchführung – wie der Papst es verlangte – und ständiger
Verschiebung – was die Taktik des Kaisers war –, die sich
über sieben Jahre lang zermürbend hinzog. Der Kreuzzug,
der keiner war, hing dem Chevalier derart zum Halse raus,
daß er auch das Angebot unseres gleichermaßen verdienten
Hoch- und Großmeisters Hermann von Salza ausschlug, der
ihm eine friedliche Komturei in den Hügeln des
Antilibanon anbot. Hingegen vererbte seine Jugendliebe
Marie de Rochefort ihm ihren gesamten Besitz, als sie
kinderlos in seinen Armen starb.
Von Armand hörte ich auch vom unrühmlichen Ende der
beiden Halunken aus Marseille. Nach der letzten
fehlgeschlagenen Revolte gegen Friedrich auf Sizilien,
suchten der ›Eiserne Hugo‹ und ›Guillem das Schwein‹
Zuflucht auf der Insel Linosa. Die dortigen Templer sahen
nicht die geringste Veranlassung, sich wegen zweier
Sklavenhändler mit der Flotte von Sizilien anzulegen. Ihre
Sergeanten knüpften sie sorgsam nebeneinander an der
Reling auf und schickten das steuerlose Schiff beim
nächsten passenden Wind unter vollem Tuch zurück aufs
Meer. Entweder haben sich Haie die Herabbaumelnden
geholt, oder sie sind irgendwo in den Felsen der Küste
zerschellt. Jedenfalls hat man nie wieder von ihnen gehört.
Allahu hu al-Adil! Gott ist letztlich gerecht!
Ich werde jetzt endlich die Gelegenheit des
ungehinderten Zugangs wahrnehmen – wer weiß, wie
lange das so bleibt und nach Jerusalem pilgern. Weniger,
um mich endlich als ›Ritter des Heiligen Grabes‹ zu
fühlen, als die
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