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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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aufgewachsen?«, fragte Chamlis Amalk-ney. »In einem Systemfahrzeug?« Seine Kanonenmetall-Aura zeigte Verwirrung an.
    »Sie ist schüchtern.«
    »Das lässt sich denken.«
    »Ich muss sie kennen lernen«, sagte Gurgeh.
    »Das werden Sie«, versicherte Boruelal ihm. »Möglicherweise schon bald; sie sagte, sie werde vielleicht zum nächsten Konzert mit mir nach Tronze reisen. Hafflis veranstaltet dort ein Spiel, nicht wahr?«
    »Das tut er für gewöhnlich«, bestätigte Gurgeh.
    »Vielleicht wird sie dort gegen Sie spielen. Aber wundern Sie sich nicht, wenn Sie sie nur abschrecken.«
    »Ich werde das liebenswürdige Benehmen in Person sein«, versprach Gurgeh ihr.
    Boruelal nickte nachdenklich. Sie blickte über die Party hin. Ein lautes Jubelgeschrei stieg von der Mitte des Saales auf und lenkte sie für eine Sekunde ab.
    »Entschuldigen Sie mich«, sagte sie. »Ich glaube, ich entdecke einen im Entstehen begriffenen Aufruhr.« Sie ging. Chamlis Amalk-ney wich zur Seite aus, um nicht wieder als Tisch benutzt zu werden; die Professorin nahm ihr Glas mit sich.
    »Hast du Yay heute Morgen gesehen?«, erkundigte sich Chamlis bei Gurgeh.
    Gurgeh nickte. »Sie ließ mich einen Anzug anlegen, ein Gewehr herumschleppen und auf Spielzeugraketen schießen, die sich ›explosionsartig‹ auflösten.«
    »Es hat dir keinen Spaß gemacht.«
    »Überhaupt keinen. Ich hatte große Hoffnungen auf das Mädchen gesetzt, aber noch mehr von diesem Unsinn, und ich glaube, ihre Intelligenz wird sich explosionsartig auflösen.«
    »Nun, ein solcher Zeitvertreib liegt nicht jedem. Sie wollte dir nur helfen. Du hattest gesagt, du seiest nervös, du hieltest Ausschau nach etwas Neuem.«
    »Jedenfalls war das nicht das Richtige.« Unerklärlicherweise war Gurgeh plötzlich traurig.
    Leute strömten an ihm und Chamlis vorbei und strebten der langen Reihe von Fenstern zu, die auf die Terrasse hinausgingen. In seinem Kopf machte sich ein dumpfes Summen breit; er hatte ganz vergessen, dass beim Abklingen von Superblau eine bestimmte geistige Kontrolle notwendig ist, wenn man einen lästigen Kater vermeiden will. Mit einem leichten Gefühl der Übelkeit sah er die Leute vorbeiströmen.
    »Es muss Zeit für das Feuerwerk sein«, bemerkte Chamlis.
    »Ja… gehen wir ein bisschen an die frische Luft?«
    »Genau das, was ich brauche.« Chamlis’ Aura zeigte ein trübes Rot.
    Gurgeh stellte sein Glas ab. Er und der alte Roboter schlossen sich dem Strom der Leute an, der sich aus dem hellen, mit Wandbehängen geschmückten Saal auf die im Flutlicht liegende Terrasse über dem dunklen See ergoss.

Der Regen schlug gegen die Fenster, und das hörte sich genauso an wie das Prasseln der Holzklötze im Feuer. Die Aussicht von dem Haus in Ikroh – den steilen, bewaldeten Hang hinab zum Fjord und darüber hinweg zu den Bergen auf der anderen Seite – wurde von dem Wasser, das die Scheiben hinunterlief, verkrümmt und verzerrt, und manchmal flossen niedrige Wolken wie nasser Rauch um die Türme und Kuppeln von Gurgehs Heim.
    Yay Meristinoux nahm einen großen, schmiedeeisernen Schürhaken von der Kaminplatte. Einen bestiefelten Fuß auf den kunstvoll gemeißelten Stein der Einfassung und eine blassbraune Hand auf den seilähnlichen Rand des massigen Simses gestemmt, stocherte sie nach einem der zischenden Holzstücke, die auf dem Gitter brannten. Funken stoben den hohen Kamin hinauf und trafen sich mit den niederfallenden Regentropfen.
    Chamlis Amalk-ney schwebte am Fenster und betrachtete die stumpfgrauen Wolken.
    Die in einer Ecke des Raums eingelassene Tür schwang auf, und Gurgeh erschien, ein Tablett mit heißen Getränken in den Händen, gekleidet in einen losen, hellen Hausmantel über dunklen, ausgebeulten Hosen. Auf leise klatschenden Pantoffeln durchquerte er den Raum. Er stellte das Tablett ab, sah Yay an. »Ist dir schon ein Zug eingefallen?«
    Yay kam herbei, betrachtete das Spielbrett verdrießlich, schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube, du hast gewonnen.«
    »Sieh her.« Gurgeh rückte ein paar Figuren zurecht. Seine Hände fuhren schnell wie die eines Zauberers über das Brett, doch Yay folgte jeder Bewegung. Sie nickte.
    »Ja, ich verstehe. Aber…«, sie tippte auf ein sechseckiges Feld, auf das Gurgeh eine ihrer Figuren geschoben und ihr damit eine Aufstellung gegeben hatte, mit der sie möglicherweise hätte gewinnen können, »nur, wenn ich diese blockierende Figur zwei Züge früher doppelt gesichert hätte.« Sie nahm ihr Glas,

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