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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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»hätte er es bestellt und bekommen. Ohne Geld, ohne Besitz verschwindet ein Großteil des Vergnügens, das die Erfinder des Spiels ursprünglich daran gehabt haben.«
    »Du nennst es ein Vergnügen, dein Haus, deine Titel, deinen Grundbesitz, vielleicht sogar deine Kinder zu verlieren, mit einer Schusswaffe auf den Balkon hinaustreten und dir das Gehirn aus dem Kopf blasen zu müssen? Das soll ein Vergnügen sein? So etwas gibt es bei uns nicht. Du wünschst dir etwas, das du nicht haben kannst, Gurgeh. Du genießt dein Leben in der Kultur, doch es versorgt dich nicht mit ausreichenden Bedrohungen. Der wahre Spieler braucht die Aufregung des möglichen Verlustes, sogar des Ruins, um sich richtig lebendig zu fühlen.« Gurgeh blieb stumm. Auf ihn fielen der Schein des Feuers und das weiche Licht der indirekten Beleuchtung. »Du hast dich ›Morat‹ genannt, als du deinen Namen vervollständigtest. Aber vielleicht bist du gar nicht der perfekte Spieler.
    Vielleicht hättest du dich ›Shequi‹ nennen sollen – den Wettenden.«
    »Weißt du«, sagte Gurgeh langsam, und seine Stimme war kaum lauter als das Knistern des Holzes im Feuer, »ich habe tatsächlich ein bisschen Angst, gegen dieses junge Mädchen anzutreten.« Er streifte den Roboter mit einem Blick. »Es ist so. Weil ich es genieße zu siegen, weil ich etwas habe, das niemand kopieren kann. Ich bin ich. Ich bin einer der Besten.« Wieder sah er mit einem kurzen Blick zu der Maschine auf, als schäme er sich. »Aber hin und wieder mache ich mir doch Sorgen, ich könnte verlieren. Ich denke, wenn nun da draußen irgendein junger Mensch ist – jemand, der jünger und begabter ist als ich –, der fähig ist, mir das wegzunehmen. Das beunruhigt mich. Je größer mein Erfolg, desto schlimmer wird es, weil ich dann umso mehr zu verlieren habe.«
    »Du bist ein Atavismus«, antwortete Chamlis. »Auf das Spiel kommt es an, auf den Spaß, nicht auf den Sieg. Das ist die konventionelle Weisheit, nicht wahr? Wer sich in der Niederlage eines anderen sonnt, wer diesen käuflich erworbenen Stolz nötig hat, zeigt nur, dass er von Anfang an unvollständig und unzulänglich war.«
    Gurgeh nickte langsam. »So sagt man. So glaubt es jeder andere.«
    »Aber du nicht?«
    »Ich…« Der Mann hatte Schwierigkeiten, das richtige Wort zu finden. »Ich… frohlocke, wenn ich siege. Das ist besser als Liebe, besser als Sex oder irgendeine Drüsendroge. Nur in einem solchen Augenblick fühle ich mich…«, er schüttelte den Kopf, presste die Lippen zusammen, »… wirklich. Als mich selbst. In der übrigen Zeit… da komme ich mir ein bisschen wie dieser Ex-BU-Roboter vor, dieser Mawhrin-Skel, so, als sei mir irgendein… Geburtsrecht weggenommen worden.«
    »Ah, darin besteht in deinen Augen eure Wesensverwandtschaft?«, fragte Chamlis kalt und zeigte die dazu passende Aura. »Ich habe mich schon gefragt, was du in dieser abstoßenden Maschine siehst.«
    »Bitterkeit.« Gurgeh ließ sich wieder zurücksinken. »Das sehe ich in ihr. Zumindest hat das den Wert der Neuheit.« Er stand auf, stellte sich vor das Feuer, stocherte mit dem schmiedeeisernen Feuerhaken in den Scheiten herum, fasste mit einer schweren Zange ein weiteres Stück Holz und legte es ungeschickt auf.
    »Wir leben nicht in einem heroischen Zeitalter«, teilte er dem Roboter mit, den Blick ins Feuer gerichtet. »Das Individuum gehört der Vergangenheit an. Darum ist das Leben für uns alle so bequem. Es kommt nicht auf uns an, deswegen sind wir sicher. Eine einzelne Person kann keine echte Wirkung mehr zeitigen.«
    »Kontakt verwendet Individuen«, betonte Chamlis. »Man schickt Leute in jüngere Gesellschaften, und diese Leute haben eine dramatische und entscheidende Wirkung auf das Geschick ganzer Meta-Zivilisationen. Für gewöhnlich gehören sie nicht der Kultur an, sondern sind ›Söldner‹, aber sie sind menschlich, sie sind Leute.«
    »Sie werden ausgewählt und benutzt. Wie die Figuren eines Spiels. Sie zählen nicht«, gab Gurgeh ungeduldig zurück. Er verließ den hohen Kamin, kehrte zur Couch zurück. »Außerdem bin ich keiner von ihnen.«
    »Dann lass dich einlagern, bis ein heroischeres Zeitalter anbricht.«
    »Brrr!« Gurgeh setzte sich wieder. »Falls jemals eines anbricht. Auf jeden Fall hätte das für mich zu viel Ähnlichkeit mit Betrügen.«
    Der Roboter Chamlis Amalk-ney lauschte auf den Regen und das Feuer. »Nun«, erklärte er bedächtig, »wenn der Neuheitswert das ist, was du dir

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