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Das Labyrinth der Wörter

Titel: Das Labyrinth der Wörter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Sabine Roger
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habe nicht genau verstanden, woran sie gestorben ist, einem Schlag, glaube ich. Eine schnelle, saubere Sache jedenfalls. Ich habe ihren Tod beim Rathaus gemeldet und mich um alles gekümmert, was zu tun war, Bestattungsinstitut und der ganze Kram.
    Bei der Beerdigung waren alle da. Landremont hatte ganz schön einen sitzen, weil Beerdigungen ihn immer an die von seiner armen Corinne erinnern. Aber je besoffener er ist, umso würdiger sieht er aus, und so war er für den Anlass angemessen drauf.
    Jojo, Julien und Marco haben mir geholfen, den Sarg zu tragen.
    Francine hatte für das Traueressen die Kneipe zur Verfügung gestellt. Wir waren mehr oder weniger unter uns, und so war es gleichzeitig auch die Gelegenheit, Jojos Abschied zu feiern. Annette und Francine hatten Tischschmuck gebastelt, und für die Sitzordnung hatten sie alle Namen auf die übrig gebliebenen Todesanzeigenkärtchen geschrieben.
    Von der Familie ist bei uns nicht viel übrig, da war nurmeine Großmutter, die deplatziertes Zeug redete – siehe: unangebracht, unpassend, fehl am Platz  –, über den Sarg, die Blumen, meine Freunde, das Essen im Restaurant. »Was für ein Jammer, was für ein Jammer! So viel Geld, und wozu das Ganze?«
    »Du nervst, Oma.«
    »Ach, du bist doch nur ein Rotzbengel! Du schlägst ganz nach deiner Mutter, dieser Schlampe.«
    »Ja, Oma.«
    »Germain, wer ist denn die dicke Frau, die da in der Küche den jungen Mann abknutscht?«
    »Das ist Francine, Oma.«
    »Hat sie gesehen, dass er ein Araber ist?«
    »Bitte, Oma, halt die Klappe.«
    Da es langsam anstrengend wurde, ist Landremont hinter den Tresen gegangen, um ihr einen Cocktail zu mixen. »Probieren Sie das mal, Madame Chazes, das hilft einem, sich nach so einer Aufregung wieder einzukriegen.«
    »Wirklich lecker«, hat sie gemeint. »Machen Sie mir noch einen?«
    Ich habe zu Landremont gesagt: »Übertreib’s nicht, sie ist immerhin achtzig.«
    »Keine Sorge! Das ist die Dosierung für Babys.«
    Danach haben wir meine Großmutter in Francines Bett schlafen gelegt und hatten etwas Ruhe.

 
    A m Mittwoch hat mich Monsieur Olivier angerufen, der Notar, um mir sein Beileid auszudrücken: »Was für eine Tragödie, Monsieur Chazes, eine so anständige Frau! Und so jung! Und so schnell!«
    »Tja, so ist es«, habe ich gesagt. »Wir sind nichts als Staub und Asche.«
    »Übrigens, Monsieur Chazes, ich wollte Ihnen vorschlagen, in der Kanzlei vorbeizukommen, damit wir gemeinsam alles regeln, was die Hinterlassenschaft Ihrer Mutter betrifft.«
    Und dann hat er mir eröffnet, dass ich das Haus und das Grundstück erben würde.
    »Das ist ein Irrtum«, habe ich gesagt. »Meine Mutter ist Mieterin.«
    »Nein, nein«, hat er gemeint, »ganz und gar nicht, sie ist seit über zwanzig Jahren Eigentümerin, und Sie sind ihr einziger Erbe.« Er hat hinzugefügt, das wäre nicht alles, sie hätte mir noch etwas anderes hinterlassen. Aber am Telefon, nun ja, aus Gründen der Diskretion …
    Er hat wissen wollen, wann ich abkömmlich wäre, um in der Kanzlei vorbeizukommen.
    »Ich bin sozusagen auf Urlaub, insofern bin ich jeden Tag abkömmlich.«
    Mein Job bei der SOPRAF war seit gut einer Woche zu Ende.
    Am Freitagmorgen bin ich zu ihm gegangen und habe erfahren, dass meine Mutter mir zusätzlich zu ihrem Haus – in dem ich nicht wohnen will, schließlich habe ich keine einzige gute Erinnerung daran – einen schönen Batzen Geld hinterlassen hat.
    Sie hatte gespart, Groschen für Groschen, für ihren Sohn – das heißt für mich.
    Es ist unglaublich. Als ich klein war, behandelte sie mich, als wäre ich ein Hund, der zwischen ihren Füßen spielt. Kaum sagte ich ein lautes Wort, zack, setzte es eine Ohrfeige, schneller, als ein Barhocker einem Polizisten an den Kopf fliegt. Und gleichzeitig legte sie jeden verdammten Tag, den der Herr in Seiner Gnade ihr geschenkt hat, für meine alten Tage Geld beiseite?!
    Das soll verstehen, wer will.
    Beim Notar war außerdem noch ein großer Umschlag mit meinem Namen drauf. Er enthielt Krimskrams, zwei Babyjäckchen, ein Geburtsarmband mit dem Namen Germain und ein Stückchen Plastikschnur, ganz braun und zusammengeschrumpelt.
    »Was ist das denn für ein Dreck?«, habe ich gefragt.
    Monsieur Olivier hat ein komisches Gesicht gemacht. »Äh … Also, ich meine mich zu erinnern … wohlgemerkt, ich habe sie nicht danach gefragt, aber sie hat es mir von sich aus erklärt … Kurz, ich glaube, es handelt sich um ein Stück

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