Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
hinüber, wickelte sich darin ein und drehte sich zum Feuer.
Jeb aber fand keinen Schlaf. Noch immer spürte er Kathys Kuss auf seinen Lippen, glaubte, den Honigduft ihrer Haare zu riechen. Immer wieder dachte er auch an Jenna, an ihren Ausbruch. Sie wusste also auch, dass ein einziger Stern am Himmel etwas zu bedeuten hatte. Dass hier etwas nicht stimmte. Und doch drängte sich erneut Kathy in seine Gedanken. Mit jeder Minute, die er nicht einschlafen konnte, wuchs sein Zorn auf das rothaarige Mädchen.
Verdammt, sie hätte ihn nicht küssen dürfen.
Und er hätte diesen Kuss nicht genießen dürfen.
Mit diesen Gedanken schlief er schließlich ein und sah nicht, wie sich León geräuschlos erhob.
León hatte nicht verfolgen können, was auf dem Baum geschehen war. Er hatte sich schlafend gestellt, aber Kathys und Jennas Reaktionen reichten ihm. Wie ein Trottel hatte Jeb zwischen den beiden Mädchen gestanden und das bedeutete, etwas war geschehen.
Danach hatte er angestrengt die Unterhaltung zwischen Jenna und Jeb belauscht. Es gab diesen beschissenen Stern also wirklich. Er hatte es nicht glauben wollen, aber was änderte das schon. Das Leben war ein Kampf. Er wusste, so war es schon immer gewesen, nur der Schauplatz und die Gegner hatten sich geändert.
Er grinste siegessicher.
Verdammt, er würde überleben. Er hatte das einzige Messer der Gruppe und würde es nicht hergeben. Sollten diese Idioten doch sehen, wie sie zurechtkamen. Er blickte in die schlafende Runde.
Ich könnte mich allein durchschlagen, aber noch brauche ich euch. Wer weiß, was auf uns zukommt, und vielleicht muss man jemanden für die Jäger opfern, um die Tore zu erreichen. Dafür seid ihr hier.
León bewegte sich wie eine Katze durch die Dunkelheit. Er hatte ein Messer, aber zum Überleben würde er auch Feuer brauchen. Jeb zu bestehlen, wagte er nicht, aber bei Mary sollte das kein Problem sein. Wie ein Schatten glitt er heran. Ohne ein Geräusch zu verursachen, zog er ihren Rucksack zu sich. Doch plötzlich spürte er etwas in seinem Rücken. Langsam wandte er den Kopf.
Mischa.
Er lag mit geöffneten Augen in seinem Schlafsack und blickte unverwandt zu ihm herüber. León konnte sein Gesicht kaum ausmachen, aber er war sich sicher, dass Mischa ahnte, was er vorhatte. Langsam ließ er Marys Rucksack sinken und schob ihn wieder neben das schlafende Mädchen.
Dann erhob er sich geräuschlos und schlich zu seinem Nachtlager zurück. Mischas Blick verfolgte ihn noch immer, als er hineinkroch und die Augen schloss.
11.
Tian erwachte als Erster. Graues Morgenlicht schimmerte durch das Blätterdach der Bäume. Ein kühler Nebel war während der Nacht aufgezogen und hing über dem feuchten Boden. Tian blickte zum Feuer. Es war abgebrannt und erloschen. Nicht einmal mehr Glut war darin zu entdecken. Sie würden also aufbrechen, ohne sich davor aufwärmen zu können.
Er streckte die steifen Glieder und beobachtete, wie die anderen sich müde erhoben, mit den Händen durch die Haare fuhren und sich den Schlaf aus den Augen rieben. Jeb sah übernächtigt aus. Kein Wunder, hatte er doch die halbe Nacht Wache geschoben. Kathy hingegen wirkte frisch und energiegeladen. Ihre roten Haare fielen auf ihre schmalen Schultern herab. In einer sinnlichen Bewegung fuhr sie mit der Hand durchs Haar und ließ sie wieder fallen. Kathy schien einfach nicht hierher zu gehören.
Wie jemand, der sich auf eine Party vorbereitet und jeden Augenblick von seinem Date abgeholt wird.
Mary hingegen war nur ein blasser Schatten. Tian hatte das Gefühl, durch sie hindurchschauen zu können, so wenig Präsenz zeigte sie. Ihr makelloses Gesicht, die schwarzen Haare und die vollen roten Lippen. Sie war schön. Aber durch ihre Blässe verschwamm sie fast mit dem Nebel.
Jenna stand etwas abseits bei Mischa und unterhielt sich leise mit ihm. León war nirgends zu sehen.
Plötzlich fiel Tian ein, dass er gar nicht wusste, ob Jeb in der Nacht den Stern entdeckt hatte. Rasch ging er zu ihm hinüber.
»Und? Hast du ihn gesehen?«
Jebs braune Augen waren unergründlich. Er rief in die Runde und die Jungs und Mädchen traten sofort heran. León erschien wie aus dem Nichts.
Verdammt, dachte Tian. Der Typ ist eine Schlange. Eben war er noch nicht zu sehen und jetzt taucht er so schnell auf, dass man sich fragt, ob er sich unsichtbar machen kann.
Grinsend nahm der tätowierte Junge seinen Platz in der Runde ein.
»Ich bin heute Nacht auf den Baum gestiegen. Kathy hat
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