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Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Titel: Das Leben ist ein listiger Kater. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Sabine Roger
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Das Leben ist ein listiger Kater
    I ch will ja nicht angeben, aber so mit sechs, sieben Jahren hatte ich in Sachen gesetzlich verbotene Straftaten schon einiges ausprobiert. Raubüberfall, Nötigung, Erpressung …
    In puncto Nötigung hatte ich versucht, Marie-José Blanc zu küssen. Sie biss die Zähne zusammen, deswegen kam ich nicht weit. Aber die Absicht zählt.
    An die Raubüberfälle machte ich mich immer samstags nach dem Rugby-Spiel: Ich krallte mir den Proviant der Kleineren. Im Schutz der Umkleide klebte ich ihnen in aller Ruhe ein paar. Manchmal verschonte ich auch den einen oder anderen. Ich hab so eine Robin-Hood-Ader.
    Was die Erpressung angeht, fragen Sie meinen Bruder. Als seine Kinder klein waren, benutzte er mich ihnen gegenüber immer als abschreckendes Beispiel: Werdet bloß nicht wie euer Onkel, sonst bekommt ihr’s mit mir zu tun! Zu meiner Verteidigung sei aber gesagt: Wenn er sich nichts vorzuwerfen gehabt hätte, dann hätte er nicht sein Sparschwein geschlachtet, um zu blechen. Zu einer Erpressung gehören immer zwei.
     
    Man nannte mich »den Schrecklichen«. Ich fand das toll.
    Ich glaubte fest, dass ich eine große Zukunft vor mir hatte.
    Na Kumpel, du bist also im Krankenhaus? Drum, ich hab mich schon gewundert, warum nichts mehr von dir kam! Ich bin noch fast einen Monat in der Bretagne, aber sobald ich zurück bin, komme ich dich besuchen.
    Dann erzählst du mir, was passiert ist.
    Hallo, mein Freund! Da werde ich dir nicht viel erzählen können, habe ein totales Blackout oder fast. Besuchen kannst du mich gerne, ich müsste noch ein paar Lücken im Terminkalender haben. Treffpunkt Zimmer  28 im zweiten Stock, ich werde fast nackt in einem schmalen weißen Bett liegen, du wirst mich schon erkennen.
    Was treibst du in der Bretagne?
    Wir machen Urlaub, Nathalie und ich. Morgen ist die Hochzeit ihrer kleinen Nichte. 300  Leute, der helle Wahnsinn. Wir schlagen uns schon seit zwei Tagen den Bauch voll. Kennst du Kouign-amann? Das ist wie gezuckerte Butter, nur fetter und süßer, aber es ist schlimmer als eine Droge, unglaublich.
    Weißt du was, ich bring dir welchen mit! Dann weißt du wenigstens, woran du verreckst.
    Witzbold.
    Was liest du gerade? Ich bin dabei, Dubys Geschichte Frankreichs von den Ursprüngen bis heute wiederzulesen.
    Nicht übel, sehr gute Wahl. Ich habe jede Menge Zeit, deshalb habe ich das Telefonbuch angefangen.
    Ich bin gerade bei »Giraudin, Jean-Claude, 13 rue Amiral Courbet«.
    Ach ja, ich erinnere mich an die Stelle … Du wirst sehen, wenn du erst mal bei »Lefebvre, Jocelyne« bist, fängt es an, richtig spannend zu werden.
    Erzähl’s mir nicht, ich will nicht wissen, wie es ausgeht.
    Okay, ich sag nichts mehr.
    Sei brav zu den Krankenschwestern. (Sind sie gut?)
    Ich nehme an, mit »gut« meinst du ihre Herzensqualitäten?
    Ja natürlich. Was denn sonst?
    Ich finde sie recht fürsorglich, in der Tat.
    Bist doch ein Glückspilz.

D amals waren wir zu Hause fünf und ein Häufchen Asche: meine Eltern, mein Bruder und ich, Uropa Jean und dazu Uroma Ginou selig.
    Meine Großeltern väterlicherseits waren auf ganz blöde Weise ums Leben gekommen, als mein Vater acht war, weil meine Großmutter, die den Sinn von Stoppschildern nicht recht einsah, eins ignoriert hatte.
    Mein Vater war dann von seinen Großeltern mütterlicherseits aufgezogen worden: Uropa Jean, der zu der Zeit, von der ich erzähle, noch quicklebendig war, und Uroma Ginou selig, die in ihrer Urne in der Garage stand.
    Ich konnte mir schwer vorstellen, was er wohl empfunden hatte, als er am Tag des Unfalls aus der Schule kam und kapierte, dass seine Eltern nicht wiederkommen würden. Vielleicht hatte er im ersten Moment gedacht, dass er jetzt frei wäre: keine Ohrfeigen mehr bei der kleinsten Dummheit. Endlich Ruhe.
    Ruhe, ja.
    Aber wenn ich ihn von seiner Kindheit erzählen hörte, spürte ich genau, dass Ruhe einem das Leben gründlicher vermasseln kann als eine Menge Zwänge. Deshalb reizte es mich nicht besonders, Waise zu werden. Mir lag etwas an meinen Eltern, auch wenn es eben Eltern waren, mit allen Nachteilen, die das mit sich bringt, von wegen Autorität und Verboten. Vor allem lag mir etwas an meinem Vater. Ich fand ihn echt stark, nicht nur wegen seiner Bizepse, die dicker waren als manche Oberschenkel. Er war wirklich stark. Gerade und aufrecht wie ein Baum. Voller Überzeugungen, mangels anderer Besitztümer. Ein Hitzkopf, einer, der das Maul aufriss, aber bei Hochzeiten und

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