Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise
sich dieser Schritt auch auf mein Leben auswirken sollte, machte mir der Fotograf klar, der sich eines Tages hinter Sträuchern im Vorgarten meines Hauses in Bracknell versteckte, während sein Komplize – von einem seriösen Journalisten konnte kaum die Rede sein – an meiner Tür klingelte und sich rasch an die Wand neben ihr drückte, damit der Fotograf schnell auftauchen und eine Aufnahme von mir machen konnte. Paparazzi! Vor meiner eigenen Haustür!
Was mich im Nachhinein besonders erschreckte, war die Tatsache, dass an diesem Nachmittag meine Tochter an die Tür gegangen war. Wir wohnten damals noch in England und erwarteten Malcolm, einen Mechaniker, der Geld für eine geleistete Reparatur abholen wollte. Als es klingelte, öffnete Akinyi, sah aber niemanden vor der Tür stehen. Vermutlich traute der Fotograf sich nicht, das Kind, das ihm da vor die Linse gekommen war, abzulichten – oder es interessierte ihn einfach nicht, weil er es auf mich abgesehen hatte.
»Wer ist an der Tür, Muu?«, rief ich von der Küche aus, als ich nach einer Weile immer noch keine Stimmen hörte. »Muu« war mein Kosename für Akinyi.
»Niemand«, antwortet Akinyi. Sie klang erstaunt.
»Aber es hat doch geklingelt.«
»Ja, aber es ist niemand da.«
Ich lief ins Wohnzimmer und sah meine Tochter an der weit geöffneten Haustür stehen. Als ich zu ihr trat und mich draußen umschaute, erblickte ich plötzlich zu meiner Linken die Gestalt des Mannes, der sich seitlich neben der Tür zu verstecken versuchte. Im selben Augenblick bewegte sich etwas hinter den Büschen neben der Garage. Instinktiv und blitzschnell schloss ich die Haustür, genau in dem Moment, als ein langer, hagerer Mann hinter den Sträuchern hervortrat. Drinnen lehnte ich mich starr vor Schreck an die Tür. Wer waren diese Männer? Und was wollten sie von uns? Akinyi stand neben mir und schien zum Glück eher neugierig als verängstigt zu sein. Ich dagegen zitterte am ganzen Leib. Ich wurde das Bild von meiner Tochter, die zwei wildfremden Männern die Tür geöffnet hatte, einfach nicht los.
Da klingelte es erneut. Ich fuhr zusammen. Wagten sie wirklich einen zweiten Versuch? Vorsichtig schaute ich durch den Türspion. Als mir Malcolms freundliches Gesicht entgegenblickte, atmete ich erleichtert auf. Behutsam öffnete ich die Tür, und zwar so, dass man mich von draußen nicht sehen konnte.
»Bin ich froh, dass du es bist«, sagte ich zu Malcolm.
»Oh, so überschwänglich hast du mich ja noch nie begrüßt.« Er lachte. »Womit habe ich das denn verdient? Ich glaube, ich sollte dir öfter mal eine Rechnung vorbeibringen.«
Mit ernster Miene erzählte ich ihm, was gerade vorgefallen war. Wir saßen im halbdunklen Wohnzimmer, denn ich hatte ihn gebeten, die Vorhänge zuzuziehen.
»Was wollten die nur?«, fragte Malcolm.
»So harmlos es dir auch vorkommen mag, sie wollten garantiert ein Foto von mir. Der Mann hinter den Büschen hatte eine Kamera in der Hand. Sie wollten mich gar nicht erst fragen, sondern gleich auf den Auslöser drücken!«
»Wahrscheinlich macht es mehr Spaß, jemanden mit der Kamera zu überrumpeln.«
»Ich finde das gar nicht lustig, Malcolm. Was soll ich jetzt machen? Morgen muss ich zur Arbeit. Was ist, wenn sie dann immer noch hinter den Sträuchern auf ihre Chance warten?«
Was hätte er darauf schon antworten können? Er war nur vorbeigekommen, um sein Geld abzuholen. Ich ließ ihn jedoch erst wieder gehen, als ich mich einigermaßen beruhigt hatte.
Nur zögernd verließ ich am nächsten Tag mit Akinyi das Haus. Ob die Paparazzi noch in der Nähe waren? Würden sie mich fortan auf Schritt und Tritt verfolgen? Ein neuer, unheimlicher Gedanke war aufgetaucht.
Tatsächlich vergingen kaum zwei Tage, bis mir erneut ein Paparazzo auflauerte, diesmal in der Nähe meiner Arbeitsstelle. Ich hatte gerade Feierabend gemacht und verließ das Gebäude, in dem sich mein Büro befand. Gedankenverloren ging ich zu meinem Auto. Plötzlich merkte ich, wie mich jemand halb hinter einer Mauer versteckt beobachtete. Als er sah, dass ich ihn entdeckt hatte, zog er sich rasch zurück. Die Kamera in seiner Hand war mir jedoch nicht entgangen. Hastig lief ich zurück ins Gebäude. Ich fühlte mich nackt und ausgeliefert. Wie sollte ich jetzt nach Hause kommen?
»Sie werden ihm etwas geben müssen, damit er Sie in Ruhe lässt«, sagte die Leiterin unserer Presseabteilung. Ich hatte Rat bei ihr gesucht, woraufhin sie hinuntergegangen war, um
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