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Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben, natürlich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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warteten sauber zusammengelegt auf dem Clubsessel gleich daneben. Das Sonnenlicht, das sich immer wieder zwischen den schnell ziehenden Wolken hindurch ins Zimmer stahl, blitzte auf den Messingknäufen des Bettes und ließ den Koffer tiefblau aufstrahlen. Helen ging zwischen dem Ankleideraum – riesige Spiegel, weiße Rosshaartapete, hohes, dunkel gerahmtes Fenster – und dem Schlafzimmer hin und her, dessen gläserne Flügeltüren auf eine Terrasse mit Blick über den Garten führten. Jetzt waren sie geschlossen. Helen empfand diese seltsame Lähmung, die sie beim Packen fast immer befiel, darum kam ihr das Klingeln des Telefons gar nicht ungelegen. U NBEKANNT , meldete das Display, also konnte es nur die Frau eines der Firmenpartner ihres Mannes sein – er arbeitete in einer renommierten Kanzlei mit lauter berühmten Anwälten – oder ihr Schwager Bob, der seit Jahren eine unterdrückte Nummer hatte, aber nicht berühmt war und es auch niemals sein würde.
    »Gut, dass du’s bist«, sagte sie. Sie zog einen bunten Schal aus der Kommodenschublade, hielt ihn hoch, ließ ihn aufs Bett fallen.
    »Ja?« Bob klang überrascht.
    »Ich hatte schon Angst, es ist Dorothy.« Helen stellte sich ans Fenster und sah hinaus in den Garten. Der Pflaumenbaum bog sich im Wind, und vom Bittersüß rissen sich gelbe Blätter los und trieben über den Boden.
    »Was ist so schlimm an Dorothy?«
    »Ich finde sie zurzeit ein bisschen anstrengend«, sagte Helen.
    »Und da fahrt ihr eine Woche mit ihnen in Urlaub?«
    »Zehn Tage. Ich weiß.«
    Kurze Pause, dann ein »Tja« von Bob, in einem Ton so prompten, so restlosen Verstehens … Das war Bobs ganz große Stärke, dachte Helen, diese Punktgenauigkeit, mit der er es immer wieder schaffte, in irgendeiner kleinen Nische eines anderen Lebens zu landen. Es hätte ihn zu einem guten Ehemann machen müssen, genügte aber offenbar nicht: Bobs Frau hatte ihn schon vor Jahren verlassen.
    »Wir waren schon öfter mit ihnen im Urlaub«, erinnerte Helen ihn. »Es wird sicher ganz harmlos. Alan ist eigentlich eine Seele von Mensch. Ein Langweiler eben.«
    »Und Seniorpartner der Kanzlei«, sagte Bob.
    »Das auch.« Helen trällerte die Worte spielerisch. »Ein bisschen schwer, da zu sagen: ›Ach, wir fahren diesmal lieber allein.‹ Jim sagt, ihre Älteste baut gerade ziemlichen Mist – sie geht auf die Highschool – , und die Familientherapeutin hat Dorothy und Alan geraten, mal wegzufahren. Ich weiß zwar nicht, warum man wegfährt, wenn ein Kind Probleme hat, aber bitte … «
    »Komisch, ja«, sagte Bob aufrichtig. Dann: »Helen, was ich gerade erlebt habe … «
    Sie hörte zu, faltete dabei eine Leinenhose. »Komm doch einfach rüber«, unterbrach sie ihn. »Dann gehen wir was essen, wenn Jim heimkommt.«
    Danach packte sie ganz souverän fertig. Der bunte Schal wanderte in den Koffer, zusammen mit drei weißen Leinenblusen, schwarzen Ballerinas und der Korallenkette, die ihr Jim letztes Jahr geschenkt hatte. Wenn sie mit Dorothy auf der Terrasse einen Whiskey Sour trank, während ihre Männer nach dem Golf duschten, würde Helen sagen: »Bob ist schon ein komischer Heiliger.« Vielleicht würde sie sogar den Unfall erwähnen – dass es der vierjährige Bob gewesen war, der mit den Gängen herumgespielt hatte, so dass das Auto ihren Vater überrollt und getötet hatte; der Mann war die abschüssige Einfahrt hinuntergegangen, um etwas am Briefkasten zu reparieren, und hatte seine drei kleinen Kinder so lange im Auto gelassen. Eine schreckliche Geschichte. Und ein absolutes Tabuthema. Jim hatte in den dreißig Jahren nur ein einziges Mal darüber gesprochen. Aber Bob war ein Mann voller Ängste, Helen beschützte ihn gern ein bisschen.
    »Du hättest als Engel zur Welt kommen sollen«, würde Dorothy möglicherweise sagen und sich zurücklehnen, die Augen von ihrer riesigen Sonnenbrille verdeckt.
    Helen würde den Kopf schütteln. »Ich kümmer mich einfach gern. Und jetzt, wo die Kinder groß sind … « Nein, die Kinder würde sie nicht erwähnen. Nicht, wenn die Tochter der Anglins die Schule schwänzte und sich bis zum Morgen herumtrieb. Wie sollten sie zehn Tage miteinander verbringen, ohne die Kinder zu erwähnen? Sie musste Jim fragen.
    Helen ging nach unten, steckte den Kopf in die Küche. »Ana«, sagte sie zu ihrer Haushälterin, die mit der Gemüsebürste Süßkartoffeln abschrubbte. »Ana, wir essen heute auswärts, Sie können heimgehen.«
    Die Herbstwolken, grandios in ihrer

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