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Augenblicklich ewig

Augenblicklich ewig

Titel: Augenblicklich ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Neuberger
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Kennen wiruns nicht

 
 
    Polly lächelte, als das Bild von Lea auf dem Display ihres Telefons aufleuchtete. Der Nachmittag war anstrengend gewesen und hatte ihr höllische Kopfschmerzen beschert. Sie konnte sich keine bessere Aufheiterung vorstellen als ein Gespräch mit ihrer besten und immer gut gelaunten Freundin.
    »Hey Lea.« Polly klemmte sich das Telefon zwischen Kinn und Schulter und suchte in ihrer Handtasche nach dem Wohnungsschlüssel.
    »Hallo.« Wie erwartet klang Lea fröhlich. »Ein paar Leute aus der Redaktion gehen gleich in diese neue Bar in der Innenstadt. Hast du Lust mitzukommen?«
    »Heute nicht. Ich komme gerade von einem Interview. Einer dieser aufstrebenden Politiker. Es war todlangweilig. Ewiges Gerede über glückliches Elternhaus, sein Einserabitur, das Jurastudium und sein soziales Engagement. Und als Dankeschön dafür, dass ich mir seinen glatt polierten Lebenslauf anhören musste, habe ich jetzt rasende Kopfschmerzen.«
    Endlich. Polly fischte den Wohnungsschlüssel aus der Tasche und schloss die Tür auf. Drinnen angekommen, warf sie ihre Tasche in die Ecke. Sie stieg routiniert über Stapel aus Büchern, Zeitschriften und Notizen, die im gesamten Wohnraum ihrer Einzimmerwohnung herumlagen, warf ihre hohen Schuhe in die Ecke und legte ihren Laptop auf den Esstisch.
    »Hast du mir nicht letzte Woche noch erzählt, du willst dich zukünftig aus genau diesem Grund von Politikern fernhalten?«
    Polly seufzte. »Ja, ich weiß. Wenn ich das nächste Mal einen dieser Aufträge annehmen will, erinnere mich bitte daran. Ich habe mir sogar die Haare gemacht ...« Sie begann, die Haarnadeln, die ihre Haare in einem engen Dutt zusammenhielten, einzeln aus ihrer Frisur zu fischen.
    Lea kicherte. »Ach Polly, kein Wunder, dass du Kopfschmerzen hast. Politiker und Haarnadeln, wahrscheinlich auch noch dein Bleistiftrock und die weiße Bluse. So viel Ungeliebtes auf einmal kann nicht gut tun.«
    »Ich wollte ihn halt nicht gleich zu Beginn mit einem Bandshirt und Jeans verschrecken. Das Schlimmste ist, ich muss morgen wieder hin. Der Fotograf ist neu. Deshalb will ich beim Shooting dabei sein.« Nachdem sie die letzte Haarnadel herausgezogen hatte, schüttelte Polly ihre Haare. Als ihre Locken wieder frei nach unten über ihre Schultern fielen, seufzte sie erleichtert. Sie hoffte, damit würden die Schmerzen an den Haarwurzeln genau wie die hämmernden Kopfschmerzen verschwinden.
    »Das hast du dir selbst eingebrockt, fürchte ich.« Polly konnte Leas neckisches Grinsen vor dem inneren Auge sehen. »War doch klar, dass der Mann dir nicht von seinen Träumen erzählt, sondern Zahlen und Statistiken rezitiert, als seien sie der Sinn des Lebens.«
    »Du hast ja recht. Aber so langweilig hätte er auch nicht sein müssen. Ich meine, niemand könnte jemals langweiliger sein. Zum Glück erwartet Thomas nicht die Enthüllung des nächsten Watergates von mir. Er braucht lediglich ein ganz normales Interview für das nächste Heft.«
    Lea schnappte hörbar nach Luft. »Thomas? Trefft ihr euch wieder?«
    Polly verdrehte unwillkürlich die Augen, auch wenn ihre Freundin sie nicht sehen konnte. »Nein, er hat mich lediglich um einen Gefallen gebeten, weil er selbst zu einem Kongress muss.«
    »Tatsächlich?«
    Polly ignorierte Leas ironischen Tonfall und fuhr fort. »Thomas arbeitet inzwischen nicht mehr freiberuflich, sondern für ein Wirtschaftsmagazin. Ich hatte etwas Zeit, deshalb habe ich ihm den Gefallen gerne getan. Ich wünschte nur, ich hätte nicht eingewilligt, morgen während des Shootings nach dem Rechten zu sehen. Ich hätte einfach einen der üblichen Verdächtigen beauftragen sollen.«
    Lea hatte ihre Erklärung abgewartet, aber Polly konnte die Neugier, die der Name Thomas ausgelöst hatte, förmlich durch die Leitung spüren.
    »Also startet ihr einen zweiten Versuch?«
    »Nein, Lea, wir starten keinen zweiten Versuch. Es hat nicht geklappt. Wozu sollten wir uns noch einmal quälen?« Da sich ihre Kopfschmerzen immer noch nicht besserten, durchsuchte Polly die Schubladen ihrer winzigen Küche nach einer Kopfschmerztablette. Sie hätte schwören können, die Packung vor ein paar Tagen in einem der Fächer gesehen zu haben.
    »Ich mochte Thomas. Du hast ihm eigentlich nie eine richtige Chance gegeben«, unterbrach Lea Pollys Versuch, sich an den Aufbewahrungsort der Schmerztabletten zu erinnern.
    »Ich mag Thomas auch. Deshalb bin ich doch überhaupt mit ihm ausgegangen. Über Wochen sogar,

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