Das leere Land
Doppellandesausstellung habe ich dem Sprecher meiner Auftraggeber bereits gemailt, zusammen mit der Bitte, das Honorar auf das beiliegend bezeichnete österreichische Bankkonto zu überweisen. Morgen früh, bevor ich nach Wien-Schwechat fahre und als Erstes den gemieteten Fox zurückgebe, werde ich mich noch einmal zu ihr auf die Wohnzimmercouch setzen. Ich will ihr sagen, dass ich wiederkommen werde, bald schon, nicht erst zu ihrem Begräbnis, weiß aber nicht, wie ich es formulieren soll. Vielleicht genügt es, wenn ich ihr nur einfach die drei Wörter sage, ich komme wieder, und vielleicht versteht sie, was ich meine, ohne dass wir weiter darüber reden müssen.
Sie gruben das Grab aus. Sie hoben die Gebeine und zerfallenden Lumpen. Die Überreste Severinus’ stanken nicht mehr. Knochen sind einfaches organisches Material, das nach dem Ende der Verfallsprozesse der anhaftenden Reste von Fleisch und Sehnen keinen eigenen Geruch hat. Sie packten die Überreste sorgfältig in eine Kiste und luden sie auf den Pferdewagen. Sie brachten die Knochen nach Süden, immer weiter nach Süden, tagelang, wochenlang. Severin war weg. Nun war das Land für sie leer.
Die Arbeit an diesem Buch wurde gefördert durch ein Projektstipendium des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur sowie durch ein Adalbert-Stifter-Stipendium des Landes Oberösterreich.
Besonderer Dank geht an den Verlag für Kindertheater (Verlagsgruppe Oetinger), Hamburg, für die Erlaubnis, Motive aus Walter Kohls Theaterstück »ritzen« zu verwenden.
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