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Das letzte Buch

Das letzte Buch

Titel: Das letzte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Zivkovic
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gelegt und ihn sanft gerüttelt. Sein Körper ist einfach zur
     Seite gekippt …«
    Ich nickte. »Unangenehm, ich weiß. Aber das Schlimmste liegt hinter Ihnen.«
    »Wirklich?«
    Ich sah sie fragend an. »Woran denken Sie?«
    »Wenn das die Runde macht, dann könnten uns die Kunden |10| mit der Zeit meiden. Ein Toter ist nicht die beste Empfehlung für eine Buchhandlung.«
    »Warum sollte es die Runde machen? Hier handelt es sich nicht um ein Verbrechen, sondern um einen natürlichen Tod, der den
     armen Alten überall hätte treffen können. Das passiert fast täglich. Es wird keine Aufmerksamkeit erregen.« Ich lächelte und
     wiederholte die Worte, die ich zuvor gehört hatte. »Wir leben in einer gleichgültigen Welt.«
    Die Inhaberin seufzte noch einmal.
    Ich schaute mich um.
    »Sie haben eine schöne Buchhandlung. Ich wäre lieber nicht von Amts wegen hier.«
    »Ich fürchte, wir haben nicht viele Bücher, die einen Kriminalkommissar interessieren. Wir haben überwiegend Belletristik.«
    »Dann haben Sie das, was diesen Kriminalkommissar interessiert.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich habe Literatur studiert.«
    »Und sind zur Polizei gegangen?«
    »Ich bin dahin gegangen, wo Arbeit war. Meine Literaturkenntnisse waren dabei kein Hindernis. Im Gegenteil. Sie haben mir
     schon so manches Mal geholfen.«
    »Detektivromane? Aber das ist doch nicht gerade wertvolle Literatur!«
    »Würden Sie denn, sagen wir, ›Schuld und Sühne‹ oder ›Der Name der Rose‹ als minderwertige Literatur bezeichnen?«
    »Natürlich nicht. Doch die würde ich auch nicht als Detektivromane einstufen.«
    »Trotzdem kann man sie auch als solche lesen.«
    »Nehme ich an. Aber wir wollen uns jetzt nicht auf komplizierte Literaturfragen einlassen. Dazu ist nicht die rechte Zeit.
     Ich werde mich mit Ihnen über solche Themen austauschen, |11| wenn Sie ein andermal wiederkommen. Nicht dienstlich.«
    »Mit Vergnügen.« Noch einmal ließ ich den Blick über die hohen Regale voller Bücher schweifen. »Auf Wiedersehen, Fräulein
     Gavrilović.«
    »Auf Wiedersehen, Herr Kommissar.«

|12| 2.
    Mein Kollege Jovan Petronijević hob den Kopf, als ich das Büro betrat.
    »Vorhin hat dich Doktor Dimitrijević angerufen. Wegen der Autopsie, die er durchgeführt hat. Du sollst dich bitte bei ihm
     melden. Er bezieht sich auf das hier, nicht wahr?« Er reichte mir das Boulevardblatt, das er regelmäßig las. Ich nahm es und
     blickte unten auf die Seite, wohin er zeigte. Die Kurzmitteilung trug die Überschrift »Tod in der Buchhandlung«. Eine Reporterspürnase
     hatte das Ereignis für erwähnenswert befunden! Wahrscheinlich wegen des Ortes, an dem es passiert war. Fräulein Gavrilović
     würde nicht begeistert sein. Aber bis morgen wird man alles vergessen haben …
    »Ja.«
    »Endlich ein Fall, der dir gelegen kommt, was?«, sagte er mit spöttischem Unterton.
    »Literatur und Buchhandlung sind nicht gerade dasselbe. Das müsste auch jemandem klar sein, der nicht unbedingt für Bücher
     schwärmt.« Ich gab ihm die Zeitung zurück. »Außerdem ist das kein Fall. Der alte Mann ist eines natürlichen Todes gestorben.
     Ich hätte überhaupt nicht dorthin gehen müssen.«
    »Das möchte ich nicht sagen, dem Tonfall von Doktor Dimitrijević nach zu urteilen.«
    Ich sah ihn verdutzt an, doch er steckte wortlos den Kopf in die Zeitung.
    |13| Ich rief die Autopsieabteilung an. Eine weibliche Fistelstimme bat mich zu warten. Es vergingen gut drei Minuten, bis sich
     Doktor Dimitrijević meldete.
    »Guten Tag, Kommissar. Entschuldigen Sie, dass Sie warten mussten. Es sieht so aus, als wäre der Fall nicht so einfach, wie
     es mir gestern Abend schien.«
    »Inwiefern?«
    »Der Mann ist nicht an einem Herzschlag gestorben. Nebenbei gesagt, er hieß Predrag Todorović. Ein pensionierter Klavierlehrer.
     Wir konnten niemanden von seinem Tod informieren. Er hat allein gelebt. Abgesehen von drei Katzen. Er hat seine Frau vor einigen
     Jahren verloren. Kinder hatten sie nicht.«
    »Woran ist er denn gestorben?«
    Am anderen Ende blieb es einige Augenblicke stumm.
    »An nichts.«
    Jetzt war es an mir, eine Zeit lang zu schweigen.
    »Bitte?«
    Der Doktor räusperte sich, ehe er fortfuhr.
    »Sehen Sie, es gibt keine medizinische Ursache für den Tod des Herrn Todorović. Er hatte keinen Herzinfarkt, keinen Gehirnschlag
     und keine der gewöhnlichen Attacken, die einen Menschen plötzlich treffen können. Auch war er unerwartet gesund für sein Alter.
     Selbst viel

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