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Das letzte Buch

Das letzte Buch

Titel: Das letzte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Zivkovic
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Ungewöhnliches?«
    »Ob beispielsweise jemand zu ihm gegangen ist, ob er mit jemandem geredet hat?«
    Sie dachte nach.
    »Nein, soweit ich mich erinnere. Aber ich sagte Ihnen ja schon, ich habe nicht auf ihn geachtet. Vielleicht ist mir etwas
     entgangen. Warum fragen Sie? Sind irgendwelche Zweifel aufgekommen, was seinen Tod betrifft?«
    »Nein, nein. Es gibt keine Zweifel. Alles ist klar. Das war nur eine Routineüberprüfung.«
    Sie sah mich eine Zeit lang forschend an, sagte aber nichts.
    »Gute Nacht, Fräulein Gavrilović. Ich verspreche, nächstes Mal jedenfalls nicht dienstlich zu kommen.«
    |23| »Es würde mich freuen. Mit Ihnen lässt es sich gut reden. Obwohl – hauptsächlich habe ich ja geredet. Sie verstehen es, Ihren
     Gesprächspartner zum Sprechen zu bringen.«
    »Was wäre ich für ein Polizist, wenn ich das nicht könnte?«
    »Gute Nacht, Herr Kommissar.«

|24| 4.
    Ich hatte beide Hände am Lenkrad. Es ging nur schleppend vorwärts durch den morgendlichen Berufsverkehr, als das Handy klingelte.
     Fünfmal klingelte es, bis ich es endlich hervorgeholt und das Gespräch entgegengenommen hatte.
    »Dejan, hier ist Jovan. Gerade hat Fräulein Vera Gavrilović aus der Buchhandlung ›Papyrus‹ angerufen. Du sollst dich gleich
     bei ihr melden. Dort gibt es offenbar wieder etwas Schlimmes. Sie hat ihre Handynummer hinterlassen. Hast du die schon?«
    »Woher sollte ich sie haben?«
    »Ich frag ja nur … Vielleicht hast du sie dir geben lassen.«
    »Dafür gab es keinen Grund. Ich dachte, die Sache wäre erledigt.«
    »Selbst wenn – aber das ist offenbar nicht so –, ich hätte mir auf jeden Fall die Telefonnummer der Dame mit einer solchen Stimme geben lassen!«
    »Das hätte dir gar nichts genützt. Die Dame mit dieser Stimme steht nicht auf Männer, die sich damit brüsten, dass sie keine
     Bücher lesen.«
    »Seit wann ist es bei solchen Dingen wichtig, ob man Bücher liest?«
    »Schon immer. Du hast es nur nicht bemerkt. Sag mir die Nummer.«
    Nachdem er mir die Nummer durchgegeben hatte, unterbrach ich die Verbindung, nutzte eine Parklücke am Straßenrand |25| und stellte das Auto ab. Ich telefoniere nicht gern während der Fahrt.
    Sie meldete sich gleich nach dem ersten Klingelton.
    »Hallo!«
    »Fräulein Gavrilović? Hier ist Kriminalkommissar Dejan Lukić.«
    »Danke, dass Sie mich so schnell angerufen haben.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich fürchte, wir müssen uns wieder dienstlich sehen. Es gibt einen neuen Todesfall im ›Papyrus‹.«
    Da ich eine Weile nichts erwiderte, fragte sie: »Sind Sie noch dran?«
    »Ja. Entschuldigen Sie. Sagen Sie mir etwas mehr.«
    »Ich weiß nicht viel. Vor einer Viertelstunde rief meine Kollegin an, die heute Morgen Dienst hat. Sie war ganz aufgelöst.
     Sie hat mir nur gesagt, es sei noch einer gestorben, dann musste sie auflegen, weil gerade der Rettungswagen kam, den sie
     zuvor gerufen hatte.«
    »Ich bin in zehn Minuten da. Und Sie?«
    »Ich sitze schon im Auto. Ich brauche etwa genauso lange, falls ich nicht im Stau stecken bleibe.«
    Ich zog das Blaulicht aus der Kassette und befestigte es auf dem Autodach. Im Nu durchnässte der eisige Regen meinen Mantelärmel.
     Ich schaltete das Blaulicht ein, aber nicht die Sirene. Dieser Ton geht mir auf die Nerven.
    Trotz dieses Vorteils traf ich später als Fräulein Gavrilović in der Buchhandlung ein. Sie stieg gerade aus dem Auto, das
     sie neben dem Rettungswagen geparkt hatte. Den Mantelkragen hochschlagend, rannte sie die kurze Strecke zum Eingang und erwartete
     mich dort.
    »Als wäre dieser Tag nicht schon grässlich genug!«, sagte sie mit gequälter Miene.
    Ich öffnete die Tür, ließ sie eintreten und ging auch selbst hinein. Die Sanitäter hoben gerade die Trage auf. Ich ging |26| auf die junge Ärztin zu und zeigte ihr die Dienstmarke. Ich kannte sie nicht. Sie war blond, klein und füllig und für meinen
     Geschmack zu sehr geschminkt.
    »Kriminalkommissar Lukić«, sagte ich. »Was haben Sie festgestellt?«
    »Sie hätten nicht zu kommen brauchen, Kommissar. Ein gewöhnlicher Infarkt. Das ist schon der dritte seit heute Morgen. Ein
     gefährlicher Tag für Herzkranke. Heute wird es viel zu tun geben!«
    »Sind Sie sicher?«
    Ihre Augen blitzten auf. »Haben Sie einen Grund, an meiner Diagnose zu zweifeln?«
    »Keineswegs. Verzeihen Sie.«
    »Im Übrigen werden Sie den offiziellen Befund von der Autopsie erhalten, dann können Sie sich überzeugen.«
    »Grüßen Sie Doktor Dimitrijević

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