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Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen

Titel: Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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der Hagsgater sehr stark, aber sie fand nicht heraus, woher das kam.
    »Und jetzt«, sagte Drinn, als das Mahl vorüber war, »jetzt müsst ihr mir erlauben, euch diesen unzivilisierten Empfang zu erklären.«
    »Ach was, das kannst du dir sparen«, lachte Schmendrick; der Wein hatte ihn vergnügt und ungezwungen gemacht und seinen grünen Augen goldene Lichter aufgesetzt. »Was ich jedoch wissen möchte: Wie konnten bloß die Gerüchte entstehen, denen zufolge Hagsgate voller Gespenster und Werwölfe steckt. Das Albernste, was ich je gehört habe!«
    Drinn lächelte. Er war ein knorriger Mann mit dem Kopf einer Schildkröte und eingefallenen Wangen. »Beides hat den gleichen Grund«, sagte er. »Auf Hagsgate lastet ein Fluch.«
    Totenstill war es in dem Raum, in dem bierigen Licht sahen die Gesichter der Hagsgater verhärmt und käsebleich aus. Schmendrick lachte wieder. »Ein Segen, willst du sagen! In König Haggards ratzekahlem Reich seid ihr die einzige Ausnahme, eine Quelle, eine Oase. Ich stimme dir zu, hier gibt es einen Zauber – und ich stoße an auf sein Wohl!«
    Als er sein Glas erhob, gebot ihm Drinn Einhalt. »Nicht diesen Trinkspruch, mein Freund. Willst du wirklich auf ein fünfzig Jahre altes Leid trinken? So lange ist es nämlich her, dass Gram und Kummer über uns gekommen sind: Als König Haggard sein Schloss am Meer erbaute.«
    »Als die Hexe es erbaute!«, sagte Schmendrick mit erhobenem Finger. »Ehre, wem Ehre gebührt.«
    »Ah, du kennst die Geschichte?«, rief Drinn. »Dann musst du auch wissen, dass Haggard sich weigerte, der Hexe ihren Lohn zu geben, nachdem sie ihre Arbeit vollendet hatte.«
    Der Zauberer nickte. »Gewiss, sie hat ihn seiner Habgier wegen verflucht, sie hat vielmehr sein Schloss verflucht. Was hat das aber mit Hagsgate zu tun? Die Stadt hat der Hexe doch kein Leid getan.«
    »Nein«, erwiderte Drinn, »aber auch nichts Gutes. Sie konnte das Schloss nicht aus der Welt schaffen, oder wollte es nicht, denn sie bildete sich ein, eine Künstlerin zu sein, deren Werk ihrer Zeit um viele Jahre voraus sei. Auf jeden Fall kam sie zum Magistrat von Hagsgate und verlangte, er solle Haggard zwingen, ihr den zustehenden Lohn zu zahlen. ›Seht mich an – und ihr seht euch selber‹, krächzte sie. ›Denn für Herrscher und Beherrschte ist dies die wahre Probe. Ein König, der eine hässliche alte Hexe betrügt, wird mit der Zeit auch sein Volk betrügen. Gebietet ihm Einhalt, solange ihr’s noch könnt, bevor ihr euch an ihn gewöhnt!‹« Drinn nippte an seinem Wein und füllte nachdenklich Schmendricks Glas aufs neue.
    »Haggard hat sie nicht bezahlt«, fuhr er dann fort, »und Hagsgate hat ihr leider kein Gehör geschenkt. Sie wurde höflich behandelt und an die zuständigen Stellen verwiesen, was sie aber nur in noch größere Wut versetzte. Sie schrie, vor lauter Angst, uns einen Feind zu machen, hätten wir jetzt derer zwei.« Er machte eine Pause und schloss die Augen. Seine Lider waren so dünn wie die eines Vogels; Molly war sicher, dass er durch sie hindurchsehen konnte. Mit geschlossenen Augen sagte er: »Dann hat sie König Haggards Schloss verflucht und unsere Stadt desgleichen. So hat seine Habgier Verderben über uns alle gebracht.«
    In dem seufzenden Schweigen erklang Mollys Stimme wie Hammerschlag auf Hufeisen; es war, als beschimpfte sie wieder den armen Captain Cully. »Haggard hat weniger Schuld auf sich geladen als ihr!«, höhnte sie. »Er war nur ein Dieb, ihr aber wart viele. Eure Not wurde durch eure eigne Habgier herbeigeführt, nicht durch die eures Königs!«
    Drinn öffnete die Augen und sah sie böse an. » Wir haben gar nichts verschuldet!«, protestierte er. »Es waren unsere Eltern und Großeltern, die die Hexe um Hilfe bat; ich gestehe dir zu, dass man ihnen genauso viel vorwerfen kann wie Haggard. Wir hätten die Sache ganz anders gehandhabt!« Und jedes Gesicht mittleren Alters starrte finster in jedes ältere Gesicht.
    Einer der alten Männer erhob seine kurzatmige, zittrige Stimme: »Ihr hättet genau das Gleiche getan. Die Ernte musste eingebracht, das Vieh versorgt werden – genau wie heute. Und genau so wie heute mussten wir damals mit Haggard auskommen. Wir wissen sehr gut, wie ihr euch verhalten hättet. Ihr seid unsere Kinder!«
    Drinn sah ihn so grimmig an, dass er sich wieder setzte; andere fingen an, gehässige Bemerkungen zu machen. Der Zauberer brachte sie zum Schweigen, indem er fragte: »Wie lautet denn dieser Fluch? Hat er

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