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Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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habe doch gar keinen Meißel dabei.« Er merkte, dass es nicht der richtige Moment für Scherze war. »Lass uns zum Boot zurückschwimmen. Du zuerst, ich komme gleich nach.«
    Sie tauchte an ihm vorbei ins dunkle Wasser. Als er sich umdrehte, um ihr nachzusehen, schwappte eine Welle in die Höhle und spülte sie zurück. Prustend schnappte sie hektisch nach Luft. Er hatte in den Sommerferien lange genug als Rettungsschwimmer gearbeitet, um die Anzeichen einer beginnenden Panik zu erkennen.
    »Ganz ruhig, Jen«, sagte er. »Schwimm mit derselben Welle hinaus, die gerade hereingekommen ist.«
    Es war ihm nicht entgangen, dass die Höhlenöffnung bereits merklich kleiner und das Licht von draußen weniger geworden war. War ein plötzlicher Sturm im Anzug?
    »Lass dich vom Wasser hinaustragen«, sagte er, so ruhig er konnte. Sie senkte den Kopf und machte Schwimmbewegungen mit den Armen. Erneut warf er einen Blick auf den funkelnden Felsen mit den gefangenen Krallen. Oder waren es
Finger
?
    Eine weitere Welle, größer als die erste, rollte herein, und er spürte, wie er das Gleichgewicht verlor. Seine Füße versuchten, auf dem Felsvorsprung Halt zu finden, aber der Stein war zu glitschig. Etwas Loses, Klebriges leckte an seiner Wade. Er kippte vornüber ins Wasser und stieß mit dem Schienbein gegen einen Felsvorsprung.
    Doch Jennifers Kopf, das konnte er erkennen, hatte gerade den Rand der Höhle erreicht. Ihre Füße wirbelten das Wasser auf, als sie in die Bucht zurückpaddelte.
    Gott sei Dank,
dachte Kevin.
Jetzt wird sie sich wieder beruhigen
.
    Als er sicher war, dass sie draußen war, stieß er sich ab und folgte ihr, aber er hatte den falschen Zeitpunkt erwischt und eine weitere Woge, kalt und beißend, schlug ihm ins Gesicht. So viel zu seinem eigenen Ratschlag. Er wischte sich das Wasser aus den Augen, und zu seiner Überraschung traf ihn bereits die nächste Welle. Wie schnell hintereinander kamen die denn? Das Wasser stieg, hob ihn in die Höhe, und er spürte, wie er mit dem Kopf gegen das raue nasse Dach der Höhle stieß.
    Entspann dich,
sagte er sich.
Entspann dich einfach, und in ein paar Sekunden bist du hier raus
.
    Er holte tief Luft und schwamm auf die Öffnung zu. Von Jennifer war nichts mehr zu sehen, aber das Wasser in der Höhle war jetzt aufgewühlt und schien nur noch aus Strudeln zu bestehen, die ihn zur Seite und zurück zogen. Er strengte sich noch mehr an, aber es war wie bei einem dieser Träume, in denen man versucht zu laufen, aber nie irgendwo ankommt. Er kam kein Stück voran.
Verdammt – warum habe ich Jennifer überhaupt in dieses bescheuerte Drecksloch schwimmen lassen?
    Die Höhlenöffnung war inzwischen nur noch ein schmaler Spalt, und das Wasser stieg weiter an. Er hob eine Hand, um seinen Kopf zu schützen, aber es war bereits zu spät. Das Wasser hob ihn in die Höhe, kräftiger und schneller als zuvor, und sein Kopf schlug heftig auf den zerklüfteten Felsen auf. Selbst in dem kalten dunklen Wasser erkannte er das heraussickernde Blut und wusste, dass er sich die Kopfhaut aufgerissen hatte.
    »Kevin!«
    Hatte er das wirklich gehört?
    »Wo bist du?«
    Ich bin hier
, dachte er benommen.
Ich bin doch hier.
    Erneut versuchte er, hinauszuschwimmen, aber das Wasser drängte immer noch herein, schleuderte seinen Kopf erneut gegen den schartigen Felsen, dass es ihm den Atem raubte.
    Seine Beine gaben nach, und dann hörte er auf zu treten. Auch die Arme bewegten sich nicht mehr im Wasser.
    Lass dich von der Strömung tragen,
dachte er undeutlich.
    Es war, als würde sich plötzlich ein schwarzer, sehr dicker und sehr warmer Samtvorhang über ihn legen. Sein Kopf schmerzte, als hätte ihn jemand mit einem Hammer geschlagen.
    »Kevin!«
    Er antwortete, oder zumindest glaubte er, dass er das tat. Sein Mund füllte sich mit eisigem Wasser. Der Vorhang wickelte sich noch enger um ihn. Er hatte das Gefühl, zu fallen und hinabzusinken, eigentlich eine angenehme Empfindung. Das Letzte, das er vor seinem inneren Auge sah, und es brachte ihn zum Lächeln, war er selbst, in seinem geliehenen Smoking, wie er Jennifer mit einem großen, unhandlichen Stück der weiß-gelben Hochzeitstorte fütterte.

Erster Teil
    »… und die Wächter blickten herab auf
die Töchter der Menschheit.
Gleich dem Drachen, der niemals schläft,
hielten sie Wache … und Abscheu erfüllte
ihre Herzen.«
    Das (verschollene) Buch Henoch, 2 – 3
(übertragen aus dem Aramäischen), 4 QEN f-g

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