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Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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liegt drüben im St. Vincent’s.«
    Hank hatte den Satz kaum beendet, als Carter sich schon abgewandt und auf den Weg gemacht hatte.
    »Ich weiß nicht, was hier schiefgelaufen ist«, rief Hank ihm nach, »aber die Lampen waren es nicht.«
    Draußen rannte Carter gerade die Treppe der Laderampe hinunter, als eine Limousine am Straßenrand anhielt und eine hochgewachsene schwarze Prostituierte in einer kurzen weißen Kaninchenfelljacke auf der Beifahrerseite ausstieg. Der Wagen fuhr rasch weiter. Erst als Carter an der Hure vorbeiging und diese ihn am Ärmel packte, begriff er, dass es ein Mann in Frauenkleidung war.
    »Arbeiten Sie in diesem Gebäude?«, fragte er.
    Aber Carter hatte den Arm bereits zurückgezogen. »Lassen Sie mich los, ich habe es eilig.«
    »Ich sagte, arbeiten Sie in diesem Gebäude? Wenn ja, dann möchte ich nämlich wissen, was da drin vor sich geht.«
    »Wovon reden Sie?«
    »Ich war letzte Nacht hier, und ich habe gesehen, was da rauskam.«
    Widerwillig blieb Carter stehen. »Was sagen Sie da? Was haben Sie gesehen, was kam da raus?«
    »Das ist es ja, was ich gerne wüsste. Ich sah einen Mann, aber eigentlich war es kein Mann. Er bestand vollkommen aus Licht, und er leuchtete.«
    Der Typ war nicht ganz dicht.
    »Schön für Sie. Aber jetzt muss ich gehen.«
    Doch der Mann folgte ihm und packte ihn erneut am Ärmel. Er war stark genug, um Carter aufzuhalten und ihn halb herumzuwirbeln. »Ich habe dem Mann – dem Mann, der eigentlich keiner war – meinen Mantel gegeben. Meinen besten roten Mantel. Wissen Sie, warum?«
    »Warum?«
    Der Transvestit blickte ihm direkt in die Augen. »Weil er keinen Fetzen Stoff am Leib hatte.«
    Carter riss sich los und wandte sich ab. Er hatte keine Zeit für diesen Quatsch.
    »Und wissen Sie, aus welchem Grund ich es noch tat?«, rief der Transvestit ihm nach. »Weil ich glaube, dass dieser Mann ein Engel ist.«
    An der Ampel musste Carter stehen bleiben und auf Grün warten. Als sie endlich umsprang, eilte er über die Straße.
    »Ich behalte Sie im Auge«, rief der Typ. »O ja! Ich weiß, dass hier etwas nicht stimmt.«
    Dessen war Carter sich sicher. Aber was immer dieser Kerl gesehen haben mochte oder auch nicht, er hatte keine Zeit, es herauszufinden. Er musste so schnell wie möglich ins Krankenhaus. Er blieb nicht einmal stehen, um ein Taxi anzuhalten, weil er das für eine nicht tolerierbare Verzögerung hielt. Er musste in Bewegung bleiben, und das tat er. Er wich anderen Fußgängern aus, rannte über die Straßen, sobald es grün wurde, und hastete die letzten Blocks auf das Krankenhaus zu.
    Solange er sich auf den Weg konzentrierte, musste er nicht darüber nachdenken, was Joe zugestoßen sein mochte. Und in welchem Zustand er ihn im St. Vincent’s finden würde. Lebend oder … sein Verstand konnte es nicht einmal denken. Noch nicht.
    Die Ampel sprang auf Grün, und er rannte über eine weitere Straße.

16 . Kapitel
    Feuer.
    Dann Licht.
    Wie zuvor.
    Vor so langer Zeit.
     
    Und dann, wieder Nacht.
     
    Eine Nacht indes, erfüllt mit Licht, überall.
    Und Klängen. So vielen Klängen.
    Und Stimmen. So vielen Stimmen.
    So vielen … Menschen.
     
    War es das … was daraus entstanden war?
     
    Kälte.
     
    Ein Umhang.
     
    So viele Menschen.
    Überall, und sie redeten.
    Verschiedene Stimmen.
    Ihre Gerüche.
    Jeder von ihnen ein anderer Geruch.
     
    Aber war er … allein?
     
    Die Dunkelheit.
    Die Kälte.
    Ewigkeit.
     
    War er allein?
    War er der Letzte?
    Und war er endlich … frei?

17 . Kapitel
    Selbst an einem so trostlosen Tag wie heute amüsierte Ezra sich über die Inschrift. In die Wand über der geschwungenen Treppe, gegenüber des massiven UNO -Hochhauses selbst, waren die Worte aus Jesaja  2 , 4 eingemeißelt: »Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk gegen das andere ein Schwert aufheben, und werden hinfort nicht mehr kriegen lernen.« Die Ironie war so unübersehbar, dass es keines weiteren Kommentars bedurfte. Seiner Ansicht nach waren sich die Vereinten Nationen nur in einem einzigen Punkt einig: der Einschränkung, Denunziation und letztendlich der Vernichtung Israels. Bis auf diesen einen Punkt war die ganze Organisation nichts als Heuchelei, ein Haufen aufgeblasener, machtloser Delegierter, die sich in New York ein schönes Leben machten, während ihre Völker in Uganda, Ruanda, Kambodscha, Serbien, Tschetschenien, Indien, Pakistan oder wo auch immer

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