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Das letzte Zeichen (German Edition)

Das letzte Zeichen (German Edition)

Titel: Das letzte Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gemma Malley
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halte es für einen Schrei nach Aufmerksamkeit, weiter nichts. Und ich habe es mir selbst zuzuschreiben. Ich hätte für ihn mehr wie ein Vater sein müssen, anstatt mich ganz dem Wohl der Stadt zu widmen.«
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte der Bruder schnell. »Dir verdankt er es, dass er für die Regierung arbeitet.«
    »Doch, Bruder, es ist meine Schuld«, widersprach Lucas, und seine Züge spannten sich an bei der Erinnerung daran, dass Raphael nur seinetwegen nicht irgendeine einfache Tätigkeit ausübte. Es musste schwierig sein für Lucas, dachte der Bruder bei sich. Mit einem K als Vater. Mit so einer Schande lebte es sich schwer.
    »Warten wir’s ab, Lucas«, sagte der Bruder. »Wenn er nach einer Woche immer noch darauf beharrt, dass jemand anders die Panne ausgelöst hat, und er sich weigert, selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen, dann müssen wir die Entscheidung dem System überlassen. Bist du damit einverstanden, Lucas? Immerhin ist er dein Bruder.«
    »Mein Vater war auch mein Vater«, entgegnete Lucas, und seine Augen leuchteten so blau wie immer. »Und trotzdem habe ich dir Informationen über ihn besorgt. Eine Woche also, Bruder. Überlass es mir.«
    Mit diesen Worten ging er aus dem Raum. Der Bruder wartete, bis die Tür sich geschlossen hatte, dann schlurfte er zum Sofa zurück. Immer wieder gab es solche Probleme, kleine Unannehmlichkeiten, um die man sich kümmern musste. Im Großen und Ganzen aber war die Stadt genau das geworden, was er sich vor so vielen Jahren erträumt hatte. Und Leute wie Lucas sorgten dafür, dass es so blieb.
    Er drückte den Summerknopf an der Sprechanlage seines Sekretärs. »Sam, ich bin jetzt für eine Weile am Nachdenken. Sorge dafür, dass ich nicht gestört werde.« Dann legte er sich auf das Sofa und schloss die Augen.

5
    D as Böse zeigte sich in vielerlei Gestalt. Da war einmal das Böse, das Abweichler im Herzen trugen, vor anderen verbargen, das sie nährten und gedeihen ließen, weil sie zu schwach waren, um es zu bekämpfen, und weil sie sich nicht um die Stadt scherten. Das waren die Leute, vor denen das System die Stadt schützte. Es ermittelte, wo das Böse sich verbarg, auch in Fällen, in denen die betreffende Person noch gar nichts davon wusste und die gefährlichen Gedanken und Gefühle tief in ihrem Gehirn noch gar nicht bemerkt hatte. Das System kannte diese Menschen und stufte sie auf Rang D ein, damit das Böse möglichst wenig Einfluss gewann, und damit die Personen erkannten, dass sie alles daransetzen mussten, um sich von ihren fehlgeleiteten Gedanken zu befreien. Andernfalls wurden sie, im besten Fall, gemieden; im schlimmsten Fall …
    Evie wollte lieber nicht nachdenken über den »schlimmsten Fall«. Das war, wenn selbst Rang D nicht mehr schlecht genug war und Rang K verhängt wurde. K bedeutete unrettbar verloren. Es bedeutete, dass das Böse einmal mehr gesiegt hatte.
    Manchmal fragte sie sich, welchen Rang sie wohl bekommen würde. Dann. Wenn das System ihr auf die Schliche kam. Sie fürchtete, dass es bereits so weit war; wahrscheinlich würde es sie noch eine Weile beobachten, bis es erkannte, wie verderbt sie war. Dann folgte die Entscheidung. D? Oder K? Sie erschauerte bei dem Gedanken und der Hals schnürte sich ihr zu. Nicht K. Bloß nicht K.
    In den Ks wohnte das Böse; sie waren das personifizierte Böse. Ks verschwanden und wurden nie mehr gesehen. Ks waren wie die Bösen außerhalb der Stadt – Menschen, die während der Schreckenszeit Schaden genommen hatten, die vom Bösen aufgezehrt worden waren. Diese Leute waren eine ständige Erinnerung an das, wovor die Stadt sie beschützte. Evie hatte nie einen Bösen zu Gesicht bekommen, aber sie wusste, dass es sie gab, weil sie sie, wie alle anderen Bewohner der Stadt, gehört hatte. Ihr entsetzliches Ächzen und Stöhnen in der Nacht ließ sie unter der Bettdecke frösteln und schwören, die Gesetze der Stadt nie wieder zu übertreten. Sie musste sich endlich befreien vom Bösen, musste gut und rein werden, so wie es sich gehörte.
    Die Bösen wollten die Stadt zerstören. Sie fürchteten einen Ort, an dem kein Platz war für das Böse. In den Bösen war keine Güte mehr, da war keine Spur mehr von den Werten, die innerhalb der Stadt als menschlicher Anstand galten. Der Bruder ermahnte sie immer wieder: Die in der Stadt geltenden Werte der Güte waren nicht allen Menschen eigen. Manche waren eher dafür empfänglich, die Werte des Bösen und des Terrors

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