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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ärgerte sich über die Richtung, die seine Gedanken nahmen -, wie weit der junge Chedan bei ihr gekommen sein mochte. Nein , entschied er, die große Liebe scheint es nicht zu sein . Deoris sah nicht so aus wie ein Mädchen, das erwachende Leidenschaft in Verwirrung gestürzt hat. Auch wäre sie sich dann ihres Geschlechts mehr bewusst gewesen. Doch hatte sie seinen Kuss so unschuldig hingenommen wie ein Kind...
    Riveda ahnte nicht, dass Deoris' Blicke ihm folgten, bis er ganz außer Sicht geriet, und dass ihr Gesicht gerötet und wieder voller Leben war.

3. WILLE UND KARMA
    Die Vollmondnacht legte sich wie weiche, tiefblaue Schwingen über die Türme und Dächer des Tempels, und die alte Stadt am Fuß des Tempelbergs war ganz in Dunkelheit gehüllt. Verschwommene, trübe Lichter erhellten den Himmel kaum, und weit weg, über der noch tieferen Finsternis am Seehafen lag ein flackerndes, phosphoreszierendes Schummerlicht. Der schwache Schein umgab die beiden verhüllten Gestalten, die auf der Dachplattform der großen Pyramide standen, mit einem gespenstischen Dunst.
    Deoris erschauerte ein bisschen in der kühlen Brise und hielt mit beiden Händen ihre Kapuze fest. Der Wind zerrte daran, und schließlich warf sie sie zurück und ließ die kurzen, schweren Locken ihres Haars flattern. Das Mädchen fürchtete sich ein wenig und kam sich klein und hilflos vor.
    Riveda grübelte vor sich hin. Sein Gesicht wirkte streng in dem bleichen Licht und zeigte eine entrückte, beinahe übermenschliche Ruhe. Seit sie auf das Dach hinausgetreten waren, hatte er kein einziges Wort gesprochen, und Deoris' schüchterne Versuche, ein Gespräch mit ihm anzuknüpfen, waren von dem Ausdruck seiner Augen im Keim erstickt worden. Nun machte Riveda eine abrupte Bewegung, und Deoris fuhr erschrocken zusammen.
    Er stützte sich mit einer Hand auf das Dachgeländer und sagte in forschem Ton: »Sag mir, was dich beunruhigt, Deoris.«
    »Ich weiß es nicht«, murmelte sie. »Es geschieht soviel Neues auf einmal -« Ihre Stimme wurde hart und angespannt. »Meine Schwester Domaris bekommt ihr zweites Kind!«
    Riveda musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Das ist mir bekannt. Hattest du etwas anderes erwartet?
    »Oh, ich weiß nicht...« Das Mädchen zuckte die Schultern. »Mit Micon war das irgendwie anders. Er war -«
    »Er war ein Sohn der Sonne«, fiel Riveda ein, und es lag kein Spott in seiner Stimme.
    Deoris sah fast verzweifelt zu ihm hoch. »Ja. Aber Arvath ist anders - und es ging alles so schnell, wie bei Tieren. Riveda, warum?«
    »Wer kann das sagen?« gab Riveda zurück und senkte vertraulich die Stimme. Traurig meinte er: »Es ist ein Jammer. Domaris hätte es weit bringen können...«
    In Deoris' Blick lag eine stumme Frage.
    Der Adept lächelte kurz und sah über ihren Kopf hinweg. »Der Geist einer Frau ist etwas Seltsames, Deoris. Du bist wohlbehütet aufgewachsen und verstehst noch nicht, wie stark der Verstand einer Frau ihrem Körper unterworfen ist. Ich sage nicht, das sei verkehrt, ich sage nur, es ist schade.« Er hielt inne, und seine Stimme wurde grimmig. »Also hat Domaris nun doch diesen Weg gewählt. Ich hatte damit gerechnet, und doch -« Er blickte auf Deoris nieder. »Du hast mich gefragt, warum . Es hat denselben Grund, aus dem so viele Mädchen, die in den Grauen Tempel eintreten, saji sind und sich mit Magie befassen, ohne ihre tiefere Bedeutung zu erkennen. Eigentlich hätten wir Magier es lieber, wenn unsere Frauen frei wären, wenn wir sie zu sakti sidhana machen könnten. Weißt du, was das ist?«
    Deoris schüttelte verneinend den Kopf.
    »Eine Frau, die ihre Kräfte benutzen kann, um die Kraft eines Mannes zu leiten und zu vervollständigen. Domaris hatte dies Talent, sie hätte die Fähigkeiten dazu gehabt -« Riveda machte eine bedeutungsvolle Pause »- früher einmal.«
    »Jetzt nicht mehr?«
    Riveda antwortete ihr nicht direkt, sondern fuhr versonnen fort: »Frauen haben nur selten das Bedürfnis danach oder den Mut dazu. Für die meisten ist Lernen ein Spiel, Weisheit ein Spielzeug, Wissen nur eine Gefühlswahrnehmung.«
    Schüchtern fragte Deoris: »Gibt es denn einen anderen Weg für eine Frau?«
    »Für eine Frau deiner Kaste?« Der Adept zuckte die Schultern. »Das gibt es schon. Ich habe allerdings kein Recht, dir einen Rat zu erteilen - und doch, Deoris...«
    Riveda zögerte einen Augenblick. Da plötzlich gellte durch die Stille der Nacht der Schreckensschrei einer Frau. Schnell wie eine

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