Das Licht Von Atlantis
jagende Katze fuhr der Adept herum. Deoris wich zurück, die Hände an die Kehle gelegt. Auf den obersten Stufen der langen Treppe erkannte sie zwei weißgekleidete Gestalten und ein graues, geisterhaftes Wesen, das plötzlich vor ihnen aufgetaucht zu sein schien.
Riveda stieß ein paar Worte in einer fremden Sprache hervor. Dann sagte er höflich zu dem weißgekleideten Paar: »Fürchtet euch nicht, der arme Junge ist harmlos. Er hat bloß seinen Verstand nicht beisammen.«
Domaris klammerte sich an Rajastas Arm und stammelte in abgerissenen Worten: »Er erhob sich - aus der Dunkelheit - wie ein Geist -«
Rivedas kräftiges, herzhaftes Lachen klang durch die Nacht. »Ich gebe dir mein Wort, er ist lebendig und harmlos.« Wenigstens letzteres wurde sofort unter Beweis gestellt, denn der graugekleidete Chela war davon geschlurft und im Finstern nicht mehr zu sehen. Mit einer übertriebenen Ehrerbietung, die an Hohn grenzte, sprach Riveda weiter: »Wächter, ich grüße dich; dies ist ein Vergnügen, auf das ich schon lange nicht mehr gehofft hatte!«
Rajasta antwortete scharf: »Du bist zu höflich, Riveda. Wir haben doch hoffentlich nicht deine Meditation gestört?«
»Nein, denn ich war nicht allein«, erklärte Riveda ungerührt und winkte Deoris, näherzutreten. »Du hast deiner Schwester etwas vorenthalten«, wandte er sich vorwurfsvoll an Domaris. »Sie hatte diese Aussicht noch nie gesehen - und das ist etwas, das man sich in einer solchen Nacht nicht entgehen lassen darf.«
Deoris maß die beiden mit mürrischen Blicken wie Eindringlinge. Domaris löste sich von Rajasta und ging zu ihr. »Wenn ich daran gedacht hätte, wäre ich längst schon einmal mit dir hier hinaufgestiegen.« Sie sah Deoris forschend an. In der Sekunde, bevor der Chela aufgesprungen war, um sie zu erschrecken, hatte sie Riveda und Deoris sehr nahe beieinanderstehen sehen, fast als umarmten sie sich. Bei diesem Anblick war es ihr kalt den Rücken heruntergelaufen. Jetzt nahm sie Deoris bei der Hand und zog sie ans Geländer. »Die Aussicht von hier oben ist wirklich schön, du kannst in hellen Nächten den Pfad des Mondes auf dem Meer sehen... Sie senkte die Stimme beinahe zu einem Flüstern. »Deoris, ich mische mich nur ungern ein, aber über was habt ihr geredet?«
Die hohe Gestalt Rivedas ragte neben ihnen auf. »Ich habe mit Deoris über die Mysterien diskutiert, denn ich wollte wissen, ob sie sich entschieden hat, den Weg zu beschreiten, auf dem ihr ihre Schwester mit so großen Ehren vorangegangen ist.« Die Worte des Adepten waren höflich, sogar ehrerbietig, aber es lag etwas in seinem Ton, das Rajasta die Stirn runzeln ließ.
Nur mühsam seinen Zorn beherrschend, ballte der Priester des Lichts die Fäuste und stellte kurz fest: »Deoris hat den ersten Grad einer Priesterin Caratras.«
»Das weiß ich doch«, lächelte Riveda. »Hast du vergessen, dass ich ihr geraten hatte, sich im Tempel der Mutter um Aufnahme zu bewerben?«
Rajasta zwang sich, ruhig zu sprechen. »Damit hast du große Weisheit bewiesen, Riveda. Mögest du immer so klugen Rat erteilen.« Er warf einen Seitenblick auf den Chela, der sich in einiger Entfernung herumdrückte, »Hast du inzwischen einen Schlüssel zu den Geheimnissen in seiner Seele gefunden?«
Riveda schüttelte den Kopf. »Nein, selbst in Atlantis habe ich nichts gefunden, was ihn aufwecken könnte. Trotzdem -« er überlegte kurz »- ich glaube, er weiß sehr viel über Magie. Letzte Nacht war er im Ring der Chelas.«
Rajasta empörte sich: »Mit leerem Geist? Ohne klares Bewusstsein?« Er zeigte sich sehr beunruhigt. »Erlaube mir dies eine Mal, dir einen Rat zu geben, Riveda, nicht als Wächter, sondern wie ein Verwandter oder Freund. Sei vorsichtig - um deiner selbst willen. Er ist - leer und deshalb ein geeignetes Medium für Gefahr schlimmster Art.«
Riveda verbeugte sich - doch Deoris sah, dass sich die Muskeln seines Unterkiefers spannten. Der Graumantel sprach, als beiße er die Worte in kleinen Stücken ab und speie sie Rajasta hin. »Als Adept, Vetter - besitze ich - die richtigen und auch genügend Fähigkeiten - um dieses Medium zu bewachen. Sei so freundlich - und erlaube mir - mich selbst um meine Angelegenheiten zu kümmern - mein Freund!«
Rajasta seufzte und meinte geduldig: »Es könnte geschehen, dass du seinen Geist zerstörst.«
Riveda zuckte die Schultern. »Davon ist ohnehin nicht mehr viel übrig. Und trotzdem besteht immer noch eine geringe Möglichkeit,
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