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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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versiegelt, obwohl die betroffenen Menschen es oft mit Bestechung, Drohungen oder direktem Widerstand zu verhindern suchten. Die Heiler machten sich vor allem verhasst bei den Reichen und Mächtigen, durch deren Nachlässigkeit oder Schlechtigkeit die Seuche sich überhaupt erst hatte ausbreiten können.
    Riveda selbst arbeitete bis zur völligen Erschöpfung. Er pflegte Kranke, denen sich sonst niemand nähern wollte, verwies feiste Würdenträger, die den Sinn seiner aufopferungsvollen Arbeit nicht einsehen wollten, in ihre Schranken, und manchmal schlief er sogar vor Erschöpfung in Häusern ein, die bereits vom Tod gezeichnet waren. Es war ein Wunder, dass er überhaupt am Leben blieb.
    Deoris, die unter der Patenschaft ihres Verwandten Cadamiri während der Epidemie bei den Heilern ihr Noviziat ableistete, begegnete Riveda eines Abends beim Verlassen eines Hauses, in dem sie zusammen mit einer anderen Priesterin zwei kranke Familien versorgt hatte. Die Frau des Hauses war außer Gefahr, aber vier Kinder waren gestorben, drei weitere schwerkrank, und bei einem vierten zeigten sich erste Symptome.
    Riveda erblickte Deoris und kam über die Straße, um sie zu begrüßen. Sein Gesicht war faltig und müde; trotzdem wirkte er beinahe glücklich. Deoris fragte ihn, warum.
    »Weil ich glaube, dass das Schlimmste vorüber ist. Im Nördlichen Viertel hat es heute keine neuen Fälle mehr gegeben, und sogar hier... Wenn es noch drei weitere Tage nicht regnet, haben wir gewonnen.« Der Adept blickte auf Deoris herab. Durch die Anstrengungen wirkte ihr Gesicht um Jahre älter und ihre Schönheit war von Müdigkeit getrübt. Ihr Anblick erbarmte Riveda, und er sagte mit gütigem Lächeln: »Ich glaube, du musst in den Tempel zurückgeschickt werden, mein Kind. Sonst bringst du dich noch um.«
    Deoris schüttelte den Kopf und kämpfte gegen die Versuchung an. Es wäre der Himmel, hier endlich herauszukommen! Aber ihre Antwort klang trotzig: »Ich bleibe, solange ich gebraucht werde.«
    Riveda ergriff ihre Hände. »Ich würde dich selbst in den Tempel bringen, Kind, aber man lässt mich nicht durchs Tor, weil ich mich so oft dort aufhalte, wo die Ansteckungsgefahr am größten ist. Ich kann erst zurückkehren, wenn die Epidemie vorbei ist, aber du -«
    Plötzlich zog er sie an sich und umarmte sie rau. »Deoris, du musst gehen! Ich will nicht, dass du krank wirst, ich will nicht riskieren, dich auch noch zu verlieren!«
    Erschrocken und verwirrt lag Deoris in seinen Armen. Ihr Körper hatte sich zunächst unwillkürlich versteift, doch dann schmiegte sie sich an Riveda und spürte die kratzenden Stoppeln seiner Wange an ihrem Gesicht.
    Ohne sie loszulassen, richtete er sich auf und sah sie an. Sein sonst so streng wirkender Mund war sanft. »Ich dürfte dich gar nicht berühren«, stellte er mit einer leichten Grimasse fest. »Sogar das ist gefährlich. Du wirst jetzt baden und deine Kleidung wechseln müssen... Deoris, warum zitterst du! Du kannst in dieser sengenden Hitze doch nicht frieren!«
    Sie befreite sich aus seinem Griff. »Du tust mir weh«, sagte sie und taumelte plötzlich.
    »Deoris!« rief Riveda aufgeregt.
    Das Mädchen bebte in der schrecklichen Kälte, die auf einmal über sie hinkroch. »Mir - mir geht es gut«, widersprach sie schwach - und dann flüsterte sie: »Ich - ich möchte nach Hause.« Sie brach zusammen und hing als schwaches, zitterndes Bündel in Rivedas Armen.
     
    Deoris litt nicht an der gefürchteten Seuche. Riveda diagnostizierte Sumpffieber, verschlimmert durch Erschöpfung. Nach ein paar Tagen, als man sicher war, dass keine Ansteckungsgefahr bestand, wurde Deoris auf einer Bahre in den Tempel getragen. Dort verbrachte sie einige Wochen, die ihr wie Jahre vorkamen, in fiebriger Benommenheit. Auch als ihre Temperatur schließlich sank, erholte sie sich nur ganz allmählich, und es dauerte sehr lange, bis sie wieder ihre alte Lebensfreude zurückgewann.
    Die Tage vergingen mit Schlafen und Träumen in hellwachem Zustand. Sie beobachtete das Spiel von Licht und Schatten an den Wänden, lauschte auf das Plätschern der Springbrunnen und das melodische Trillern von vier blauen Vögelchen, die in einem Käfig im Sonnenschein zirpten und zwitscherten - Domaris hatte sie ihr geschickt. Domaris sandte fast jeden Tag Botschaften und Geschenke, aber sie selbst kam ihr nicht nahe, obwohl Deoris tagelang in ihrem Delirium nach ihr rief und weinte. Elara, die Deoris Tag und Nacht pflegte, sagte nur,

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